Portrait 100 Jahre Bundesverband der Deutschen Industrie

Autor / Redakteur: Alexander Völkert / Dipl.-Betriebswirt (FH) Bernd Maienschein

Am 12. April 1919, noch als Reichsverband der Deutschen Industrie, gegründet, entwickelte sich der BDI über die Jahre zu einer der Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft.

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Im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin sind seit 1999 die drei Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft BDI, BDA und DIHK unter einem Dach vereint.
Im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin sind seit 1999 die drei Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft BDI, BDA und DIHK unter einem Dach vereint.
(Bild: Völkert)

Er ist neben der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag e. V. (DIHK) eine der großen Spitzenorganisationen der Deutschen Wirtschaft – der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI). Seit 20 Jahren haben alle drei ihren Sitz in der deutschen Hauptstadt unweit des Roten Rathauses im Haus der Deutschen Wirtschaft. „Hinter dem Erfolg der deutschen Volkswirtschaft stehen tief gestaffelte industrielle Wertschöpfungsketten mit mehr als 100.000 großen, mittleren und kleineren Unternehmen aus allen Sparten des verarbeitenden Gewerbes, die zusammen mehr als 8 Mio. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen“, steht auf der Internetseite des BDI.

Erst eine intensive Vernetzung dieser Unternehmen in leistungsfähigen Wertschöpfungsverbünden erzeuge die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit, die die herausragende Position des Industrielandes Deutschland in der internationalen Arbeitsteilung ausmache und sichere, heißt es dort weiter. Wettbewerbsvorteile müssten stets aufs Neue an den Märkten erobert werden, Wettbewerbsnachteile ebenso stetig verringert werden – eine Daueraufgabe für Politik und Wirtschaft. Der Globalisierungswettbewerb gewähre keine Ruhepausen.

In Berlin gegründet

Ordnen wir die Zeit zunächst historisch ein: Zeitgleich verhandeln Diplomaten und Minister seit drei Monaten in Paris im Schloss von Versailles über die Bedingungen für einen Frieden nach vier Jahren Krieg auf der ganzen Welt. Der deutsche Kaiser hat abgedankt, die Monarchie ist Geschichte. Das Deutsche Reich wählt auf Beschluss des Reichsrätekongresses am 19. Januar eine deutsche Nationalversammlung. Diese wählt den Sozialdemokraten Friedrich Ebert am 11. Februar zum Reichspräsidenten. Sechs Monate später – im August – tritt die Weimarer Reichsverfassung in Kraft. Und nicht nur der deutsche Staat, sondern auch die deutsche Industrie muss sich in dieser Zeit neu finden. Daher wird im Februar 1919 in Jena beschlossen, einen Dachverband der deutschen Industrie zu gründen.

Am 12. April 1919 wird der Reichsverband der Deutschen Industrie (RDI) im großen Saal des Hotels Esplanade am Potsdamer Platz in Berlin feierlich gegründet. Gleichwohl berichtet die Presse darüber wenig, denn zeitgleich tagt in Berlin der Rätekongress. In München wird eine Räterepublik ausgerufen und es toben blutige Straßenkämpfe. Die ersten Jahre dieses Dachverbandes sind schwer. Erst mit den Goldenen Zwanzigern setzt eine politische und wirtschaftliche Stabilität ein, in der sich auch der RDI zur Verfassung der Weimarer Republik bekennt. Eine Kritik an der Finanz- und Sozialpolitik betreibt er dennoch.

Bisher 15 Präsidenten an der Verbandsspitze

Wer intensiver in die Geschichte des RDI und des BDI einsteigen möchte, dem sei das Buch „Industrie, Politik, Gesellschaft – der BDI und seine Vorgänger“ empfohlen. Im Rahmen des 100-jährigen Jubiläums gab der Verband eine umfassende Recherche in Auftrag. Die Wirtschaftshistoriker Prof. Dr. Johannes Bähr und Prof. Dr. Christopher Kopper legen damit eine umfassende Arbeit vor. Bähr stellt im ersten Teil neben den Jahren der Weimarer Republik seine Antworten auf die Frage dar, inwiefern der Verband in der Zeit des Nationalsozialismus eine Mitverantwortung für Verbrechen hatte. Christopher Kopper beschreibt im zweiten Teil die Ära Adenauer mit dem ersten Präsidenten des BDI, Fritz Berg (1949 bis 1971), aber auch die Zeiten während der Kanzlerschaft von Brandt, Schmidt und Kohl.

Mit dem aktuellen Präsidenten des BDI standen bisher 15 Präsidenten an der Spitze des Verbandes. Angefangen vom einflussreichen Mitglied des Adenauer-„Küchenkabinetts“ Fritz Berg über den Vorstandsvorsitzenden von Thyssen, Hans-Günther Sohl, bis zu zwölf weiteren Vorstandsmitgliedern, Gesellschaftern oder Verbandspräsidenten waren die Präsidenten in der Regel Industrielle, die zuvor einem Unternehmen oder Verband vorstanden. Der aktuelle allerdings scheint ein wenig aus der Reihe zu fallen. Er stammt nicht aus einer Industriellenfamilie, hat keine Autos bauen und keinen Stahl gießen lassen. Stattdessen führte er ein Vierteljahrhundert lang eine Genossenschaft, die Steuerberater mit Software versorgt, und war bis 2015 vier Jahre lang Präsident des Digitalverbandes Bitkom. Prof. Dr. Dieter Kempf steht seit dem 1. Januar 2017 dem Bundesverband der Deutschen Industrie vor.

Am 29. März 2019 zeigte er im ZDF-Morgenmagazin, wie man bei McDonald´s Bouletten brät, und erinnert damit an seine Schüler- und Studentenzeit. Der leidenschaftliche Oldtimer-Fan gesteht: „Ich mag ein Auto gerne riechen.“ Sein Lieblingslied: Hotel California von den Eagles. Und dann greift er selber zur Gitarre und singt „I shot the sheriff“. Damit ist er als Präsident sicher anders als seine 14 Vorgänger. Es bleibt mit Spannung zu erwarten, wer der 16. Präsident des BDI wird, vielleicht wird es ja eine Präsidentin.

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