Porträt 110 Jahre für eine sauberere Welt

Autor / Redakteur: Alexander Völkert / M. A. Benedikt Hofmann

1906 wurde Nilfisk von Peder Andersen Fisker in Kopenhagen (Dänemark) gegründet. Das Unternehmen eroberte zunächst die Haushalte Europas mit Staubsaugern und die Straßen mit Motorrädern. Heute ist Nilfisk einer der weltweit größten Hersteller von Reinigungsgeräten und auch aus vielen Lagern nicht mehr wegzudenken.

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1932 bringt Nilfisk einen geräuscharmen Staubsauger auf den Markt.
1932 bringt Nilfisk einen geräuscharmen Staubsauger auf den Markt.
(Bild: Nilfisk)

Natürlich war es ein wenig verrückt, eine Fabrik für Elektromotoren mit nur 2000 Kronen Kapital, einer alten Drehbank und einem Bohrer zu starten. Aber ich brachte ein Schild an mit der Aufschrift ‚P. A. Fisker, Elektrofabrik‘, kaufte einige Bretter, um eine Ecke meiner Werkstatt als mein Schlafzimmer abzuteilen und baute das Holzmodell eines 1-PS-Motors, der meine Geräte antreiben sollte. Es war ein Anfang.“

Mit diesen Worten erinnert sich Peder Andersen Fisker später an die Gründung seines Unternehmens. Er geht eine Partnerschaft mit seinem ehemaligen Kollegen ein, und somit entsteht 1906 die Firma „Fisker & Nielsen“ – zu lang für eine Telegrammadresse – also wird der Namenszug „Nilfisk“ gewählt. Und wenngleich Nielsen bereits fünf Jahre später wieder aussteigt, bleibt der Name bis heute. Bekannt ist das dänische Unternehmen mit seinen Reinigungsgeräten. Wenngleich die Geburtsstunde der Handstaubsauger 1916 durch den Hoover aus den USA schlägt, so haben die Dänen doch seit 1910 mit ihrem Staubsauger „C1“ einen sicheren Platz in der Geschichte. Denn es ist nicht nur der erste elektrische in Europa, sondern auch der erste mobile Staubsauger. 17,5 kg wiegt die damalige Sensation und kann von einer Person bedient werden. Und das ist neu, denn vor über 100 Jahren sind Staubsauger riesige Maschinen, die auf einem Pferdefuhrwerk transportiert werden. Vier Personen braucht es, um die langen Schläuche in die Häuser zu legen und den Staub abzusaugen – ein aufwendiges und teures Unterfangen. Der Prototyp des Staubsaugers ist in der Oberschicht schnell nicht nur ein Nutzwerkzeug, sondern mutiert zum britischen Hipster-Phänomen um die vorletzte Jahrhundertwende. Die Booth-Maschine sorgt dort nämlich auf Teepartys für Heiterkeit. Wohlbetuchte Gentlemen bewundern die neueste Technik bei einer warmen Tasse Earl Grey und Zigarren, während weiß bekleidete Männer das Interieur absaugen.

1910 also dann der Durchbruch der Dänen mit dem Staubsauger „C1“. Und der wird zum Flaggschiff von Nilfisk und sorgt für ein stetiges Wachstum der Kopenhagener. Das zeigt spätestens das Jahr 1954, als das Unternehmen die Million an verkauften Staubsaugern überschreitet. Doch was passiert bei den Dänen zwischen 1910 und 1954? Eine ganze Menge.

Motorräder namens „Ofenrohr“ und „Hummel“ aus Kopenhagen

Ein Eintrag in Wikipedia spricht für sich, in dem es heißt: „Nimbus ist eine ehemalige dänische Motorradmarke von Fisker & Nielsen in Kopenhagen, die auch als Hersteller industrieller Reinigungsmaschinen und Staubsauger (,Nilfisk‘) bekannt sind.“ Motorräder können sie demnach auch. Und es scheint eine Zeit gegeben zu haben, als sie damit vielleicht bekannter waren als mit ihren Reinigungsgeräten. Vater Peder Andersen Fisker und sein Sohn, der Ingenieur Anders Fisker entwickeln nach dem ersten Weltkrieg das Nimbus-Motorrad. Mit den Spitznamen „Ofenrohr“ und „Hummel“ bleiben der Nachwelt zwei Modelle fest in Erinnerung. Der im Rahmen integrierte Tank erinnert in seinem Durchmesser und der Form an ein Ofenrohr und gibt dem 1924 erscheinenden Motorrad den Namen. 1933 folgt das zweite Modell, die „Hummel“, die ihren Namen dem Motorengeräusch verdanken soll. Mehr als 12.000 „Hummeln“ werden bis 1960 gebaut. Und etwa 4000 davon sollen noch immer bereit zum Summen sein. Die königlich dänische Post nutzte lange diese Liefermotorräder zur Briefkastenleerung. Erst am 20. September 1976 wird die letzte Fahrt mit einem gelben Post-Nimbus-Motorrad in Kopenhagen durchgeführt. Marktveränderungen, das Auto als Konkurrenz und hohe Kosten für Importmaterialien führen zu Absatzrückgängen und letztlich zur Einstellung der Nimbus-Produktion. Das Unternehmen beschließt 1959, sich ausschließlich auf Reinigungsgeräte zu konzentrieren.

Heute Braut, morgen Sklavin, wenn sie keinen Nilfisk bekommt

Und damit zurück zur Sauberkeit, denn auch hier wird Geschichte geschrieben: 1928 produziert Nilfisk einen der ersten Zeichentrickwerbefilme mit Musik und Sprache. „Heute Braut, morgen Sklavin, wenn sie keinen Nilfisk bekommt“, wird progressiv prophezeit. 1932 erblickt ein Staubsauger das Licht der Welt, der bald „der leise Däne“ genannt wird. Sein Geräuschpegel kann für damalige Verhältnisse beachtlich gesenkt werden. Seine heutigen Nachfahren sind übrigens nach Aussagen des Herstellers so leise, dass im Büro zeitgleich getippt und gesaugt werden kann. Doch bereits 1954 geht etwas zeitgleich: Scheuern und Saugen – mit der weltweit ersten Scheuersaugmaschine. Damit erobern die Dänen den gewerblichen Großflächenreinigungsmarkt.

Außerdem in den 1950er-Jahren zu finden: ein Leitfaden für Verkäufer von Staubsaugern der dänischen Marke. Empfohlen wird ein Kodex, der glatt heute geschrieben sein könnte: „Seien Sie höflich, kennen Sie Ihre Produkte, seien Sie zuverlässig, nicht arrogant, merken Sie sich Namen und Gesichter, drücken Sie sich klar und deutlich aus, sagen Sie die Wahrheit, glauben Sie an ein positives Ergebnis und seien Sie stets pünktlich.“ Seit den 1980ern nutzt sogar die NASA Staubsauger aus Kopenhagen und entfernt damit Staub von Raumfähren.

2016 – 110 Jahre nach der Gründung ist Nilfisk einer der weltweit größten Hersteller von Reinigungsgeräten. Maßgebend dafür sind unter anderem Zusammenschlüsse internationaler Marken der Reinigungsindustrie. Etwa 5500 Mitarbeiter sind in 45 Ländern für Nilfisk tätig. Seit den 1980er-Jahren ist das Unternehmen durch eine Reihe von Fusionen gewachsen. Und damit hat dies der Gründervater selbst tatsächlich fast noch erlebt: Peder Andersen Fisker stirbt im biblischen Alter von 100 Jahren am 8. Dezember 1975.

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