Lagertechnik Automatische Kleinteilelager bleiben gefragt
Die Nachfrage nach automatischen Kleinteilelagern ist ungebrochen, wobei derzeit stärkere Nachfragen aus dem Groß- und Einzelhandel und der Lebensmittelbranche kommen. So jedenfalls der Trend, der sich bei führenden Herstellern solcher Systeme abzeichnet. Dabei können sich bereits automatische Kleinteilelager ab 1000 Stellplätzen lohnen.
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Nach wie vor bestehe eine große Anfrageaktivität im Bereich der automatischen Kleinteilelager (AKL), betont Jürgen Kalkenbrenner, Geschäftsführer der Stöcklin Logistik GmbH, Netphen. Allerdings habe zwischenzeitlich eine Verschiebung stattgefunden: „Waren noch vor einiger Zeit die Autoindustrie, deren Zulieferer und der Maschinenbau am häufigsten vertreten, sind es nun der Groß- und Einzelhandel und die Nahrungsmittelindustrie, die Impulse setzen.“
Neue Branchen fragen automatische Kleinteilelager nach
Ähnliches beobachtet auch Frank Apel, Geschäftsführer der Viastore Systems GmbH in Stuttgart: „Zwar sind Unternehmen aus dem Automotive- und Maschinenbaubereich derzeit vorsichtiger, aber bei vielen zeichnet sich gerade jetzt das Bedürfnis ab, durch eine effiziente Intralogistik die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.“
Generell, so Apel, bediene Viastore mit seinen Produkten und Systemen ganz unterschiedliche Branchen. Daher kämen die Anfragen auch aus ganz unterschiedlichen Bereichen, denn viele Unternehmen sähen selbst in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten das Rationalisierungspotenzial der Intralogistik. Und das wollten sie auch nutzen.
Laut Volker Knuff, Geschäftsführer der TGW Transportgeräte GmbH, Siegen, liegt der Schwerpunkt für den Einsatz von automatischen Kleinteilelagern in den Branchen mit hohen Anforderungen an das Kommissionieren relativ kleiner Waren; das sind vor allem der Handel, insbesondere der Lebensmittel- und Drogeriehandel, sowie der Textilbereich. Der Textil- und Lebensmittelhandel ist auch bei SSI Schäfer-Noell, Giebelstadt, führend bei den Anfragen nach automatischen Kleinteilelager-Systemen, ebenso aber die Betreiber von Ersatzteillagern, so die Erfahrung des Bereichsleiters Retail, Ernst Baumberger.
Die beste Lösung für Betreiber ergibt sich aus der Datenlage
Der derzeitige Anfrageschwerpunkt für automatische Kleinteilelager-Systeme konzentriert sich bei Westfalia Storage Systems, Borgholzhausen, auf Läger für den Produktions- und Versandbereich, wie Frank Wüstenfeld, Gebietsleiter Nord, erläutert. „Einen gewissen Fokus bilden kompakte, temperaturgeführte Anlagen für die Lebensmittelindustrie, die direkt in Produktionsbereiche integriert werden sollen.“
Ab welchen Vorhaltemengen, welchen Umschlag- und Durchsatzvolumina und welchem Aufgabenspektrum sind nun AKL wirtschaftlich und organisatorisch sinnvoll? Die Antwort darauf macht die Mehrzahl der befragten Experten vom Einzelfall abhängig. Für Ernst Baumberger hängt dies von Faktoren wie Artikelanzahl, Volumen, Lieferscheinzyklen und Volumen pro Lieferscheinzeile ab: „Unser Ansatz ist es, anhand von statischen und dynamischen Daten die für den Betreiber beste Lösung zu wählen.“
Auch kleine automatische Kleinteilelager ab 1000 Plätzen können sich rechnen
Volker Knuff macht den wirtschaftlichen und organisatorischen Nutzen am konkreten Einzelfall fest: „Wichtige Parameter sind die nutzbare Fläche, Artikelstruktur und -mengen, Personalkosten und Ergonomieanforderungen, Daten und Warensicherheit sowie die Schnelligkeit des Warenzugriffs. Je höher die Anforderungen in einem oder mehreren dieser Punkte sind, desto sinnvoller ist der Einsatz eines automatischen Kleinteilelagers.“
Die Vorhaltemenge ist insofern relevant, als zumindest eine Lagergasse mit rund 3000 bis 5000 Stellplätzen ausgenutzt werden sollte: Schon ab dieser Minimalgröße kann ein automatisches Kleinteilelager absolut sinnvoll und wirtschaftlich eingesetzt werden.
Für Frank Wüstenfeld sind oft schon kleine Lösungen mit 1000 Plätzen oder weniger wirtschaftlich sinnvoll, wenn sie in vorhandene Räume integriert werden. Bei Neubauprojekten rechneten sich automatisches Kleinteilelager hingegen meist erst ab einer höheren Behälterzahl, so der Experte von Westfalia.
Trend in der Lagertechnik geht zur Automatisierung
Analysiert und kalkuliert wird immer das individuelle Projekt mit allen Rahmenbedingungen wie Durchsatz, zur Verfügung stehender Raum, Artikelgröße und -anzahl. Dabei gehe der Trend tendenziell zur Automatisierung, auch bei kleineren Lösungen ab 1000 Stellpätzen.
Für kleine und mittlere Unternehmen, die sich für ein automatisches Kleinteilelager interessieren, bietet Viastore ein spezielles Logistik-Konzept an, das die schnelle, flexible und kostengünstige Konfiguration eines automatischen Lagers aus einem Baukasten ermöglicht, betont Frank Apel. Er ist davon überzeugt, dass sich ein automatisches Kleinteilelager bereits bei geringen Umschlagsvolumina lohne.
Der Baukasten umfasst Regaltechnik, Regalbediengerät (RBG) und Fördersysteme sowie mit „Viadat One“ ein vorkonfiguriertes Softwarepaket mit integrierter Lagerverwaltung, Materialfluss-Steuerung und Anlagenvisualisierung. Apel: „Sowohl die Lager- und Fördertechnik wie auch die Software sind offen für spätere Erweiterungen und bieten so ein hohes Maß an Zukunftssicherheit und Investitionsschutz.“
Ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass sich auch für kleinere Unternehmen ein automatisches Kleinteilelager rechnet, ist Werda im sauerländischen Finnentrop, mit rund 35 Mitarbeitern einer der größten Lagerhalter Europas für Augen- und Hammerschrauben. Die Stärke des Unternehmens liegt darin, schnell und flexibel liefern zu können, wobei auch Schrauben ab Losgröße 1 gefertigt werden, wie die Geschäftsführer Jörg und Uwe Werda betonen. Das Lieferspektrum umfasst derzeit rund 25000 Artikel, von denen rund 6000 ständig bevorratet werden.
Ein wichtiges Argument ist die Verbesserung der Lieferqualität
Um die mittlerweile in fünf verschiedenen Hallen gelagerten Halbteile und fertigen Artikel zu konsolidieren, die Wege und Reaktionszeiten zu verkürzen sowie die Flexibilität zu erhöhen, entschieden sich die Geschäftsführer für ein eingassiges Tablarlager mit knapp 6000 Stellplätzen von Viastore.
Die rund 64 m lange und 10 m hohe Anlage wurde im Oktober 2008 in Betrieb genommen. Uwe Werda, dem auch sehr wichtig war, die Standard-Software für automatische Kleinteilelager an das vorhandene ERP anbinden zu können: „Man bekommt viel Lager fürs Geld, und wir können mit der neuen Anlage die Lieferqualität verbessern und unsere Waren deutlich schneller und flexibler versenden.“
Ebenfalls auf ein automatisches Tablar-Kleinteilelager setzt die Schiffswerft Fr. Lürssen Werft GmbH in Bremen-Vegesack, bekannt unter anderem durch die Herstellung von zivilen Mega-Luxusjachten, so etwa für den Oracle-Chef Larry Ellison. Da aber auch der Servicebereich mit seinem Bedarf an Kleinteilen und Verbrauchsmaterial eine wichtige Rolle spielt, hat Lürssen im April 2007 ein neues vollautomatisches Tablarlager in Betrieb genommen.
Westfalia errichtet automatisches Kleinteilelager als Generalunternehmer
Generalunternehmer für die Anlage mit insgesamt 4669 Ladeeinheiten ist Westfalia. Das Einzelplatzlager mit den Maßen 37,5 m × 9,2 m × 8,2 m (L×B×H) besteht aus vier Lagerblöcken, von denen jeweils zwei von einem Regalbediengerät bedient werden. Auf den Tablaren mit geschlossener Lauffläche (1306 mm × 616 mm) werden Kisten mit unterschiedlichen Höhen und einem Maximalgewicht von 300 kg untergebracht.
Harald Netta, Leiter Materialwesen bei Lürssen, über die Anlage: „Wir sind sehr zufrieden mit dieser Logistiklösung. Sie hilft uns, die Mitarbeiter bei der Fertigung unserer Schiffe effektiv zu unterstützen und Ersatzteile schneller bereitzustellen.“ So können die Mitarbeiter von den drei Kommissionierplätzen über PC gleichzeitig auf Tablare mit Teilebehältern aus allen Gassen zugreifen. Netta: „Sie sparen Wegzeiten und wir erhöhen den Durchsatz an Teilen.“
Die Verfügbarkeit genießt allerhöchste Priorität
Ein beeindruckendes Beispiel für den Einsatz sehr umfangreicher automatischer Kleinteilelager bietet der Fachgroßhändler für Sanitär-, Heizungs- und Klimabedarf (SHK) Elmer in Bottrop, der durch die permanente Lagerhaltung von rund 100000 unterschiedlichen Artikeln eine überdurchschnittliche Lieferbereitschaft bietet.
Das neue, 54 m lange, 16 m breite und 8 m hohe viergassige automatische Kleinteilelager bietet mehr als 41000 Behälterstellplätze, aus denen im Zweischichtbetrieb die Kommissionierung versorgt wird. Dass die Realisierung eines automatischen Kleinteilelagers auch Vertrauenssache ist, spiegelt die seit 1970 bestehende Kooperation des Unternehmens mit SSI Schäfer wider.
Automatisches Kleinteilelager muss Lieferfähigkeit sicherstellen
Was die von den Kunden nachgefragten Eigenschaften eines automatischen Kleinteilelagers betrifft, rangiert eine an vorderster Stelle: „Absolute Priorität hat die Verfügbarkeit, denn davon hängt die Lieferfähigkeit des Anlagenbetreibers ab“, so Viastore-Geschäftsführer Fank Apel. Als weitere wichtige Faktoren nennt Apel eine hohe Kommissionierqualität, absolute Liefertreue, Transparenz und einfach zu bedienende Software.
Auch Jürgen Kalkenbrenner, Geschäftsführer von Stöcklin Logistik, sieht die maximale Verfügbarkeit als oberste Kundenpriorität, begleitet von einer hohen Leistung bei optimaler Raumnutzung und niedrigen Betriebskosten. Und auch Volker Knuff von TGW kennt die Kundenerwartungen an Wirtschaftlichkeit, Leistung und Verfügbarkeit.
Einen etwas anderen Tenor führt Ernst Baumberger von SSI Schäfer Noell an. Für ihn spielen Durchsatz und Lagervolumen bei möglichst kleinem Flächenbedarf die maßgebliche Rolle. Die platzsparende Integration des AKL in vorhandene Produktions- und Versandräume ist auch den Westfalia-Kunden von großer Wichtigkeit. Allerdings, so Frank Wüstenfeld, sei Wirtschaftlichkeit bei allen Projekten das Thema Nummer eins. Zudem müssten sich die automatischen Kleinteilelager unbedingt und flexibel in die bereits vorhandene und künftig geplante Infrastruktur integrieren lassen.
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