Fahrerlose Transportsysteme Autonome Navigation ganz ohne Einschränkungen

Autor / Redakteur: Tobias Lindeholz / Dipl.-Betriebswirt (FH) Bernd Maienschein

Wie durch eine unsichtbare Hand gesteuert, bewegen sich die Transportroboter am Zentrum für Telematik (ZfT) zielstrebig durch die Beispielproduktionsumgebung. Basis bildet ein neuartiges Navigationskonzept, welches zusammen mit WFT entwickelt wurde und die FTS von den Einschränkungen fester Spuren befreien soll.

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Die Transportroboter am ZfT orientieren sich dort anhand ihres Laserdistanzsensors und einer hinterlegten Karte.
Die Transportroboter am ZfT orientieren sich dort anhand ihres Laserdistanzsensors und einer hinterlegten Karte.
(Bild: ZfT)

Nach einer kurzen Teach-in-Fahrt, bei der die Umgebung präzise vermessen wird, sind moderne Fahrzeuge durch genauere Sensoren und bessere Algorithmen in der Lage, sich präzise und robust in einer Umgebung zu lokalisieren. Hierzu werden die aktuellen Messungen des Laserdistanzsensors mit einer zuvor hinterlegten Karte verglichen. Für eine automatisierte Fahrt ist es heutzutage jedoch trotzdem nötig, manuell Spuren oder Fahrtrouten in der Umgebung zu hinterlegen. Das System ist nicht selbstständig in der Lage, auf dynamische Umgebungsänderungen, wie beispielsweise vorübergehend belegte Fahrwege oder grundsätzliche Veränderungen des Layouts, zu reagieren.

Flexibilität als Konzept

Die Wissenschaftler am Zentrum für Telematik arbeiten daher gemeinsam mit dem Fahrzeughersteller WFT an einer komplett freien Navigation, bei welcher sich das jeweilige Fahrzeug anhand der Umgebungsstruktur seinen Weg durch die Fabrik sucht. Das Fahrzeug bekommt hierfür neben einer aktuellen Karte der Umgebung lediglich das Transportziel von einem Leitrechner übergeben und die Information, welche Ausrichtung für die Materialübergabe eingenommen werden muss. Anschließend wird eine auf die Fahrzeuggeometrie und weitere Faktoren, wie Zeit und Energie, optimierte Trajektorie berechnet. Hierbei werden automatisch Beschränkungen des Fahrzeugaufbaus, wie Wenderadien, mit berücksichtigt. Die Berechnung findet dabei direkt auf dem Fahrzeug statt und eine Kommunikation mit dem Leitrechner muss nur bei den jeweiligen Endpunkten zur Vorgabe eines neuen Ziels stattfinden. Neben einem geringeren Funkaufwand ist es so möglich, auch durch Gebiete zu fahren, welche eine schlechte WLAN-Ausleuchtung aufweisen.

Um praktische Unwägbarkeiten von Beginn an mit zu berücksichtigen, ist auch das mittelständische Unternehmen Wellhöfer Treppen im Projekt involviert. Hier können die entwickelten Konzepte in einer realen Umgebung, welche mit einem Produktionsanteil von 40 % individualisierter Produkte bereits heute nach Industrie-4.0-Konzepten produziert, in der Praxis untersucht werden.

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Zur Überwachung und Steuerung der Fahrzeuge wurde am ZfT ein Leit- und Steuerungssystem entwickelt. Durch die Anwendung moderner Browsertechnologien und nutzerzentrierter Ansichten ist ein flexibler Einsatz möglich. So kann ein menschlicher Operator neben seiner Arbeit an einer zentralen Station auch auf seinem Weg durch die Fabrik jederzeit den aktuellen Status einzelner Fahrzeuge plattformübergreifend auf einem Smartphone oder Tablet überwachen.

Gleichzeitig dient dieses System der Vernetzung mit den Produktionsanlagen. Diese können über eine definierte Schnittstelle einen Transportbedarf anmelden, woraufhin sich ein Fahrzeug in Bewegung setzt, welches diesen erfüllen kann.

Daneben nimmt das Leit- und Steuerungssystem auch die Aufgabe der Synchronisation der Umgebungsinformationen der einzelnen Fahrzeuge wahr. Das bedeutet, es können während der Fahrt der Fahrzeuge bei der Lokalisierung auch Abweichungen zur ursprünglich aufgezeichneten Karte detektiert werden, welche auf dynamische Hindernisse hindeuten.

Der beste Weg zum Ziel

Diese Informationen werden am Leit- und Steuerungssystem kombiniert und in regelmäßigen Abständen an die Fahrzeuge zurückgemeldet. Diese berücksichtigen die neuen Informationen automatisch in ihrer Wegberechnung, sodass blockierte Wege, wie zum Beispiel durch ein defektes Rolltor oder falsch abgestellte Paletten, automatisch vermieden werden. Sobald das Hindernis beseitigt wurde, wird ohne menschliches Zutun wieder der beste Weg zum Ziel genutzt. Hierdurch entsteht vor allem für größere Fahrzeugflotten ein großer Mehrwert.

Ein Gemeinschaftsprojekt des Roboterherstellers Stäubli und des Fahrzeugherstellers WFT wird in der Satellitenproduktion eingesetzt.
Ein Gemeinschaftsprojekt des Roboterherstellers Stäubli und des Fahrzeugherstellers WFT wird in der Satellitenproduktion eingesetzt.
(Bild: WFT)

Bei dem Entwurf des Systems wurde besonderes Augenmerk auf eine einfache Integration der Konzepte in bestehende Systeme gelegt. So ist eine Nachrüstung älterer Systeme mit dem neuen Navigationssystem einfach möglich, da keine zusätzlichen Sensoren angebracht werden müssen. Für die Umgebungserfassung und Lokalisierung werden die Messungen des Sicherheitslasers verwendet. Dieser ist bereits heute aufgrund gesetzlicher Bestimmungen in zahlreichen Fahrzeugen verbaut, um eine sichere Kooperation der Fahrzeuge mit Menschen zu gewährleisten.

Einfache Integration in bestehende Systeme

Um die Integration zukünftig noch weiter zur vereinfachen und Hürden abzubauen, ist neben diesem Konzept der freien Navigation auch die Realisierung eines Mischbetriebs vorgesehen, bei welchem für bestimmte Abschnitte auch feste Strecken im System hinterlegt werden können. Hierdurch kann eine einfachere Integration in bestehende Anlagen beziehungsweise eine verbesserte Vorhersagbarkeit in Gebieten mit vielen Menschen erzielt werden. ■

* Tobias Lindeholz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Telematik e. V. (ZfT) in 97074 Würzburg, Tel. (09 31) 61 56 33-61, tobias.lindeholz@telematik-zentrum.de

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