Resilienz Bedeutet gestiegene Lagerfläche auch ein höheres Feuerrisiko?
Im Lockdown wichen viele Kunden auf Onlineangebote aus, was diesem Segment Rekordumsätze brachte. Für den Handel ist das aber kein uneingeschränkter Grund zur Freude: Mit dem Volumen stiegen auch die Herausforderungen in der Logistik. Dabei kommt dem Brandschutz für Lagergebäude und die darin befindlichen Personen und Waren eine besondere Bedeutung zu.
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Neben der Auslieferung und Bewältigung von Retouren sind vor allem auch Lagerflächen und deren Organisation ein neuralgischer Punkt für Onlinehändler. Wo mehr bestellt und versendet wird, muss schließlich auch mehr gelagert werden. Nicht selten mussten Unternehmen des Versandhandels improvisieren und schnell neue Flächen bereitstellen, um den zusätzlichen Ansturm zu bewältigen. Damit sind allerdings auch neue Gefahren verbunden.
Die größten Risiken für Lagerbetreiber
Eine der größten Gefahren für Lagerbetreiber sind Brände. Aus Daten des Industriesachversicherers FM Global geht hervor, dass Feuer zwischen 2016 und 2020 die vierthäufigste Schadenursache im Lagerbereich war, aber bei der Schadenhöhe an zweiter Stelle rangierte. Insgesamt fielen in diesem Zeitraum 440 Millionen US-Dollar bei 271 Vorfällen an. Die Ursachen können vielfältig (Fahrlässigkeit von Mitarbeitern, fehlerhafte Elektrik oder sogar Brandstiftung) und die Auswirkungen immens sein.
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Risikomanagement
Orientierungshilfe für Entscheider
Im Herbst 2020 kam es beispielsweise zu einem Großbrand in einer Lagerhalle in Groß-Gerau. Das Feuer erreichte solche Ausmaße, dass nahezu 200 Einsatzkräfte Stunden brauchten, um es unter Kontrolle zu bringen.
Gerade im Bereich des Versandhandels werden mit Kartonagen und anderen Verpackungsmaterialien auch leicht entflammbare Stoffe eingelagert. Um dies zu simulieren, haben Ingenieure von FM Global im hauseigenen Research Campus einen standardisierten Versuchsaufbau entwickelt. Dafür werden Plastikbecher in Kartons verpackt, die wiederum übereinander in ein Regal gestapelt werden. In dieser Umgebung kann sich Feuer extrem schnell ausbreiten, sofern keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
Aktive Schutzanlagen
Um die Risiken durch Brände zu mindern, sollten Unternehmen darauf achten, dass sich Melde- und Schutzanlagen stets in einem einwandfreien Zustand befinden. Das beginnt bei der regelmäßigen Funktionsprüfung von Rauch- und Brandmeldern. Sofern diese automatisch zu einer ständig besetzten Brandmeldezentrale durchgeschaltet werden, sollte auch hier die Funktionsfähigkeit sichergestellt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Brandschutzes stellt der Faktor Mensch dar. Unternehmen und Lagerhausbetreiber sollten darauf achten, die Wahrscheinlichkeit zu minimieren, dass Mitarbeiter und Auftragnehmer vor Ort versehentlich Brände verursachen. Wirksame Maßnahmen sind hier beispielsweise ein Rauchverbot in und um Lagerhäuser, die regelmäßige Überprüfung von Brandschutzeinrichtungen und Sprinklerkontrollventilen und nach Möglichkeit die Vermeidung von Heißarbeiten.
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Versicherungen
FM Global baut einzigartiges Schulungszentrum
In Deutschland wird beim Brandschutz immer noch vorwiegend auf passive Maßnahmen gesetzt, wie die Abtrennung von unterschiedlichen Gebäudeteilen. Brandschutzwände und -türen sollen die Ausbreitung von Bränden verhindern, bis die Feuerwehr am Ort des Geschehens eintrifft. Die Feuerwehrverordnung regelt in Deutschland, dass Einsatzkräfte spätestens binnen acht Minuten nach Alarmierung wirksame Hilfe leisten sollen – zu jeder Zeit und an jedem Ort. Man muss aber auch bedenken, dass unter Umständen bereits einige Zeit vergeht, bis ein Brand entdeckt und die Feuerwehr alarmiert wird. So verstreichen wertvolle Minuten, in denen sich ein Feuer ausbreiten kann. Aus diesem Grund sollten Unternehmen auch auf aktive Maßnahmen setzen.
Sprinkler bieten wirksamen Schutz
Sprinkler sind in Deutschland nur für einige Gebäudearten vorgeschrieben, was sich auch je nach Bundesland unterscheidet. Doch die Installation ist auch abseits von Vorschriften eine sinnvolle Investition. Ein großer Vorteil der Anlagen ist ihre punktuelle, hitzeabhängige Auslösung. Sobald also ein bestimmter Temperaturgrenzwert überschritten wird, öffnet der entsprechende hitzeexponierte, einzelne Sprinkler und das Feuer wird direkt bekämpft. Damit nehmen Sprinkler auch eine zusätzliche Warnfunktion wahr. Die Tests im Research Campus von FM Global zeigen, welchen Unterschied es macht, ob ein Feuer direkt mit Sprinklern bekämpft wird oder nicht.
Durch die direkte Wasserzuleitung werden zudem Rauch- und Hitzeentwicklung im betroffenen Gebäude verlangsamt. Laut Erhebungen der Business Sprinkler Alliance werden 96 Prozent der Brände in gesprinklerten Gebäuden durch die Sprinkleranlagen entweder gelöscht oder kontrolliert. Sie sind demnach auch in der Lage, den durchschnittlichen Schaden um 50 bis 75 Prozent zu reduzieren. Der finanzielle Schaden beläuft sich im Mittel nur auf ein Sechstel im Vergleich zu Gebäuden ohne Sprinkleranlagen. Diesem Nutzen stehen verhältnismäßig moderate Installationskosten von 30 bis 40 Euro pro Quadratmeter gegenüber. Der Wartungsaufwand hält sich ebenfalls in Grenzen: In der Regel genügt eine halbjährliche Inspektion durch die Fachfirma.
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Logistics IT
Richtige Standortplanung mit innovativen Tools
Leider gibt es aber immer noch weitverbreitete Einwände gegen Sprinkler, die auf der falschen Annahme basieren, durch das Wasser würden großflächige Zerstörungen auftreten. Doch dahinter steckt ein Mythos, der sicherlich zu einem großen Teil durch Hollywood-Filme inspiriert ist. Die Vorstellung, dass durch Sprinkler ganze Gebäude geflutet werden, ist schlicht falsch. Der punktuelle Auslösemechanismus sorgt dafür, dass nur dort Wasser austritt, wo auch Hitzeentwicklung stattfindet. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Sprinkler versehentlich ausgelöst wird, ist sehr gering: Schätzungen zufolge wird nur einer von 16 Millionen Sprinklern fälschlicherweise ausgelöst.
Ohne Sauerstoff kein Feuer
Ein weiteres aktives Brandschutzverfahren, das sich für abgeschlossene Bereiche eignet, stellt die Absenkung des Sauerstoffgehalts der Luft dar. Normalerweise enthält Luft etwas mehr als 20 Volumenprozent Sauerstoff. Senkt man diesen Anteil durch die Zuführung von Stickstoff nur geringfügig ab, hat das bereits Auswirkungen auf die Entflammbarkeit von Materialien.
FM Global untersuchte unter Laborbedingungen die Auswirkungen verschiedener Sauerstoffkonzentrationen auf Karton- und Plastikmaterialien. Ungeschäumte Kunststoffe brennen bereits ab einer Konzentration von 13 Prozent nicht mehr selbstständig. Senkt man die Sauerstoffkonzentration weiter auf 11,1 Prozent ab, brennt selbst die Kombination kartonierter geschäumter Kunststoffe unter externer Wärmezufuhr nicht mehr.
Eingesetzt werden können solche Anlagen in geschlossenen Räumlichkeiten ohne Publikumsverkehr, um die Dichtheit zu gewährleisten und Menschen keiner Gefahr auszusetzen. Daher können diese besonderen Risikokonzepte in bestimmten Umgebungen wie kleineren Anlagen eine wirksame Ergänzung zu Sprinkleranlagen sein.
Bei einer konstanten, geringfügigen Absenkung des Sauerstoffniveaus kann die Umgebung von Mitarbeitern dennoch gefahrlos betreten werden. Im Brandfall würde dann aus einem Reservoir weiterer Stickstoff eingeleitet werden, um ein sicheres Niveau für den Brandschutz zu erreichen. Forscher des FM Global Research Campus führen derzeit weitere Untersuchungen zu Sauerstoff-Reduktionssystemen durch.
Fazit
Mit vergleichsweise geringen Investitionskosten stellen Sprinkler einen wirksamen Brandschutz für Gebäude und darin befindliche Waren und Anlagen dar. Ihre wichtigste Aufgabe liegt darin, die Ausbreitung von Feuer so lange zu verzögern und einzudämmen, bis die Feuerwehr am Ort des Geschehens eintrifft. Durch ihre selbsttätige, hitzesensitive Auslösung nehmen Sprinkler gleichzeitig auch eine Alarmfunktion wahr. Somit haben Sprinkleranlagen einen doppelten Wirkmechanismus im Kampf gegen Lagerbrände und sind zudem in vielen Fällen leichter anzuwenden als das Löschen durch Sauerstoffentzug. ■
* Alexander Lubbadeh ist Operations Engineering Manager und Vice President bei FM Global Deutschland in 60322 Frankfurt am Main, Tel. +49 69 154060, information.frankfurt@fmglobal.com
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