Logistikjahr 2012 E-Commerce, Entlassungen und Euros – eine logistische Rückschau

Redakteur: Robert Weber

Amazon, Apple, Audi, Bank of America, BMW, Gildemeister, Neckermann, Rossmann, Schlecker,Volkswagen und Zalando – diese Unternehmen prägten die Logistik 2012 mit und sorgten für Höhepunkte in einem ereignisreichen Jahr. Wir blicken, auch mit einem Augenzwinkern, zurück.

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(Bild: Petra Bork / pixelio.de)

Wir sind die Ersten in diesem Jahr. Jauch, Lanz und Co. lassen wir mit unserer Rückschau der Logistik hinter uns. Wir sparen uns aber auch tränenreiche Geschichten, obwohl manches Thema dem Logistiker das Wasser in die Augen treiben wird. Auch spielen bei uns keine Stratosphärenspringer, Traumschiffrevoluzzer, Olympiaheldinnen oder Terroristen eine Rolle – zum Glück. Doch an mehreren Stellen werden Sie Überschneidungen mit den TV-Kollegen feststellen können, denn auch die Logistik kommt an Megatrends und Wirtschaftshypes nicht vorbei.

Am Anfang des Jahres war es die IG Metall, die die Schlagzeilen in der Logistikwirtschaft dominierte und so manchem Manager den Rutsch ins neue Jahr vermieste. Ende 2011 kam die Information auf den Tisch, dass die Arbeitnehmervertreter in die Zulieferlogistik der Automobilindustrie und deren Dienstleister tarifrechtlich eindringen wollen.

Nach dem Silvesterpunsch kamen die Gewerkschaften

Über die Weihnachtsfeiertage hatte so mancher das Thema bei Gans und Rotkohl wohl vergessen können, doch im Januar und Februar schlugen die Arbeitgeberverbände lautstark und zu spät Alarm (Für Vergessliche). Rund 300 bis 400 Euro brutto mehr in der Tasche, mehr Urlaub und weniger Wochenstunden, versprach die IG Metall den Logistikern. Bei Rudolph Automotive Logistik, einem BMW-Zulieferer, hat es die IG Metall geschafft. Ein Tarifvertrag ist unter Dach und Fach (Die Rahmenbedigungen).

Zu unserem Alltag gehört es mittlerweile auch, dass wir regelmäßig im Internet unsere Produkte ordern. Amazon und Co. wachsen unaufhaltsam und mit ihnen auch die Logistik. Amazon investierte in 2012 in mehrere neue Logistikzentren und wir durften in Rheinberg bei Duisburg einen Blick auf die Prozesse werfen. Nicht alle Fragen konnten beantwortet werden, aber man bemühte sich (Mehr hier). Zum Jahresende könnte allerdings ein Arbeitskampf bei Amazon anstehen. Zu Retouren wolte man sich schon gar nicht äußern. Kein Wunder, das Thema belastet die Bilanzen der Onlinehändler von A wie Amazon bis Z wie Zalando. In Frankreich bei Vente Privee will man mit Kommunikation gegen die Rücksender angehen. Aber die Franzosen setzen auch auf moderne Technik für schnellere Prozesse im Logistikzentrum. Experten sind sich mittlerweile sicher: Noch setzen zwar die Autobauer die logistischen Maßstäbe, aber der E-Commerce forciert Entwicklungen in der Intralogistik immer stärker. Prominentestes Beispiel: die Lagerroboter von Kiva Systems. Heute gehört das Unternehmen Amazon, ein Trend, den wir 2012 öfter feststellen konnten, Unternehmen kaufen sich ihre Logistilieferanten oder beteiligen sich. Nike und die Rakuten sind die jüngsten Beispiele (Zum Nachlesen). Über 700 Mio. US-Dollar legte der Amazon für Kiva 2012 auf den Tisch. Expansion kostet.

„Wir hätten es billiger gemacht“, scherzte Prof. Dr. Michael ten Hompel vom Fraunhofer-IML zum Kiva-Deal gegenüber diesem Magazin. Für den Dortmunder Wissenschaftler lief das Jahr wie geschmiert. Sogar in die Hall of Fame der Logistik wurde er aufgenommen. Ob er bei der Preisverleihung seinen Inbin, den Behälter, der sprechen kann, dabei hatte, ist nicht überliefert (Die Technik im Detail). Der neue Behälter ist weder verwandt noch verschwägert mit einem Roboter, trotzdem hat er das Potenzial, die Logistikwelt zu revolutionieren. Er spricht mit dem Menschen und könnte vielleicht sogar die Fördertechnik steuern, sind die Forscher überzeugt. Auf der Logimat wollten ihn zahlreiche Besucher berühren – wow!

Fest steht: Apple kann auch Logistik, und das richtig gut

Ob bewusst oder unbewusst, mit seinem weißen, minimalistischen Design erinnert ten Hompels Inbin stark an die Kultprodukte von Apple. Das zurückliegende Jahr war für die US-Hightechschmiede ein Auf und Ab. Nach dem Tod von Steve Jobs, dem kreativen Kopf an der Spitze von Apple, waren die Analysten und Fans gespannt auf die Antwort der kalifornischen Firma. Und? Weniger Innovation, dafür mehr Logistikkompetenz (So geht Logistik made by Apple). Im Herbst feierten die Amerikaner eine Produktoffensive ab und die Welt fragt sich seitdem: Hat Apple die beste Supply Chain? Genug Cash haben die Entwickler auf jeden Fall und können Luftfrachtkapazitäten am Markt wohl beliebig aufkaufen.

Geld hätte sich 2012 so manches deutsche Traditionsunternehmen gerne von Apple geliehen. Auch wohl die Damen und Herren von Neckermann. Die Ikone des Versandhandels musste Insolvenz anmelden und auch für die Logistik des Unternehmens gab es keine Rettung. Anfang 2011 war ich noch zu Besuch am Hauptsitz und die verantwortlichen Logistiker schmiedeten ehrgeizige Pläne – tragisch. Glück im Unglück hatten da die Schlecker-Frauen. Viele von ihnen kamen beim ehemaligen Wettbewerber Rossmann unter. Auch im Lagerbereich hatten die Niedersachsen noch Vakanzen (Das Jobangebot).

Mit dem Koffer voller Geld in den Zug nach Athen

Vielleicht hätten die auch Spanier, Griechen oder Portugiesen besetzen können, doch das Anwerben von Fachkräften aus EU-Krisenstaaten ist bisher noch nicht sehr erfolgreich. Nach Informationen des Industriemagazins MM Maschinenmarkt tut sich vor allem der deutsche Maschinenbau schwer (Cristina aus Spanien). Das ergab eine Stichprobe des Magazins. Einen interessanten Ansatz lieferte der BME. Junge portugiesische Studenten sollten den Weg in deutsche Logistikabteilungen finden. Vielleicht klappt es ja. Uns und den Südeuropäern wäre es zu wünschen, denn die Banken spielen schon Horrorszenarien durch. In den Vereinigten Staaten bereiten sich Unternehmen deshalb bereits auf den Fall der Fälle vor und Logistiker spielen in den Planungen der Konzerne eine sehr wichtige Rolle. Zahlreiche Unternehmensberatungen arbeiten eifrig an Exit-Strategien, berichten US-Medien (Das Szenario). Für Merrill Lynch ist es sogar vorstellbar, Lkw mit Bargeld zu beladen und nach Griechenland zu schicken, damit die Gelder lokaler Kunden und Angestellten gesichert sind. Manche Firmen planen, einen Mitarbeiter mit 50.000 Euro Bargeld im Zug Richtung Athen zu schicken. Das Computersystem von Ford ist mittlerweile auf die Rückkehr zur Drachme oder einer anderen Währung vorbereitet. Vielleicht brauchen die Griechen diese Lösungen aber auch gar nicht, denn HP hat den Logistikstandort Griechenland für sich entdeckt (Wie soll das gehen?).

Ob man in Wolfsburg auch Drachmen akzeptieren würde? Wahrscheinlich auch das. Volkswagen geht es momentan im Gegensatz zur zahlreichen Mitbewerbern wirtschaftlich gut. Neue Modelle und neue Absatzmärkte spülen Geld in die Kassen. Wichtig für die Manager: Damit das so bleibt, muss der Golf VII ein Erfolg werden. Deshalb haben die Ingenieure auch an der Produktionslogistik gefeilt. Um einen VW-Logistiker glücklich zu sehen, muss man jetzt den MQB kennen (Das Auto und die Logistik). Der modulare Querbaukasten soll die Entwicklung und Produktion von neuen Fahrzeugen erleichtern. Bei Audi kennen die Logistiker den MQB schon länger und die Verantwortlichen konnten ihre Logistikprozesse geschickt umstellen.

Gildemeister funkt gute Stimmung und investiert in Logistikstrukturen

Gleiches gilt für Gildemeister. Die Ostwestfalen funken Zuversicht und investieren mehrere Millionen Euro in die Produktion und Logistik am Standort Seebach. Mit der Nestmontage will man weiter wachsen. Das Beispiel belegt eine Studie: Der Maschinenbau entdeckt die Logistik wieder. Das macht Hoffnung.

Auch die Messemacher der Cemat blicken optimistisch in die Zukunft. Die Messe arbeitet mit den Münchener Kollegen zukünftig enger zusammen und wechselt in einen neuen Turnus (Was die Niedersachsen planen). Wir sind gespannt und fiebern 2013 entgegen. Also: Auf ein Neues!

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