Indien Ein Subkontinent ist hungrig nach Maschinen

Autor / Redakteur: Thomas Kiefer / Ulrike Gloger

Für deutsche Maschinenbauer ist Indien in mehrfacher Hinsicht spannend: hungrig nach hochwertiger Technik und zugleich eine günstige Bezugsquelle sowie ein in-teressanter Produktionsstandort. Mit diesem Beitrag startet eine dreiteilige MM-Serie über den Subkontinent.

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Indiens Industrieproduktion steigt steil an und die Qualitätsanforderungen nehmen schnell zu. Mit der Öffnungspolitik muss die boomende Industrie des Landes ihre Produktionsprozesse umfassend modernisieren, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Alle Bereiche der Industrieautomation sind gefragt, die von indischen Anbietern kaum bedient werden können. Die Deutsche Messe AG führt daher vom 4. bis 7. Dezember 2007 erstmals die „Industrial Automation India – International Trade Fair for Process and Production Automation and Industrial Building Automation“ durch.

Mit der Industrial Automation India hat die Deutsche Messe AG ein optimales Instrument, diese Geschäftsfelder der Zukunft zu erschließen. Zusammen mit indischen Branchenverbänden bringt der Hannoveraner Messeveranstalter sein Erfolgskonzept der Industriemessen nach Bangalore. Sepp D. Heckmann, Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Messe AG, nennt die strategischen Ziele dieser Zusammenarbeit: „Die vereinbarten Kooperationen und der intensive Ausbau der bestehenden Messen geben der Deutschen Messe AG neue Perspektiven und Wachstumschancen, eröffnen aber auch neue nationale und internationale Potenziale. Die Deutsche Messe AG versteht sich als Partner und Gestalter einer an den Aussteller- und Besucherwünschen orientierten, global ausgerichteten Messepolitik.“ Zeitgleich finden in Bangalore die Cemat India – International Trade Fair for Intralogistics und die MDA India – International Trade Fair for Motion, Drive and Automation statt. Drei Zukunftsmessen an einem Ort sollen optimale Möglichkeiten für branchenübergreifende Geschäfte erschließen.

Indiens Sprung in die Moderne

Die seit etwa sieben Jahren in Indien laufenden Wirtschaftsreformen und die Öffnungspolitik zeigen jetzt im breiteren Maße Erfolge. Die Wirtschaft des Subkontinents boomt und die Industriebetriebe modernisieren sich schnell. Noch hat das Land einen gewaltigen Nachholbedarf, angefangen von alltäglichen Konsumgütern für das Milliardenvolk bis hin zu leistungsfähigen Infrastruktureinrichtungen.

Mit über 8 % Wirtschaftswachstum gehört Indien neben Russland und China zu den drei am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Das Bruttoinlandsprodukt liegt bei 730 Mrd. US-Dollar. Nach den Prognosen der asiatischen Entwicklungsbank ist auch dieses Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von voraussichtlich etwa 8 % und 2008 von 8,3 % zu rechnen. Ein besonders hohes Wachstum wird in den Sektoren Industrie und Bauwesen erwartet.

Mit der Öffnungspolitik steigt der Außenhandel des Subkontinents steil an. Nach indischen Statistiken stiegen die Warenexporte Indiens im Februar 2007 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 7,9% auf 9,7 Mrd. US-Dollar. In den ersten acht Monaten des Ende März 2007 ausgelaufenen indischen Geschäftsjahres stellte sich ein durchschnittlicher Zuwachs von 24 % ein. Die Importe zogen im Februar um 25% auf 14,4 Mrd. US-Dollar an. Die Exporte erhöhten sich in den Monaten Dezember und Januar um 7 und 5,5%. Der Bedarf an moderner Produktionstechnik und an leistungsfähigen Infrastruktursystemen ist angesichts dieser dynamischen Entwicklung gewaltig und kann oft nicht von heimischen Anbietern gedeckt werden. Die Zukunftsgeschäfte in Indien werden jetzt verteilt. „Die Wachstumsdynamik am Absatzmarkt Indien setzte sich mit einem Zuwachs von 35% fort; Indien stieg damit erstmals in die Top 10 der Verbrauchsländer auf“, erklärt Dr. Rüdiger Kapitza, Vorsitzender des Vorstandes der Gildemeister AG.

Qualitätszirkel, japanische Produktionskonzepte und kontinuierliche Verbesserungsprozesse – Indiens Fertigungsindustrie wagt den Sprung in die Zukunft, um am Weltmarkt bestehen zu können. Die Produktionsmenge steigt nicht nur steil an; auch die technischen Anforderungen an die Produktionsanlagen nehmen schnell zu. Zudem erfordert der Ausbau der Infrastruktur leistungsfähige Maschinen. Nach Zahlen des Department of Heavy Industries stieg der Umsatz der indischen Investitionsgüterindustrie im Finanzjahr 2005/2006 (1. 4. bis 31. 3.) um 16%. Für die weitere Modernisierung ist mit ähnlich hohen Wachstumsraten zu rechnen.

Ausländische Lösungen sind gefragt

Für deutsche Lieferanten bestehen gute Absatzchancen. Vor allem der Automobilbau wird in Indien umfassend ausgebaut und zügig modernisiert. Die heimischen Hersteller können die hohen Normen in absehbarer Zeit kaum erfüllen. Ausländische Werkzeugmaschinen decken vor allem den Bedarf mit hohen Ansprüchen an Leistung und Präzision. Abnehmer sind internationale Konzerne, die in Indien produzieren, aber auch verstärkt indische Unternehmen, welche für den Export fertigen.

Auch für Baumaterialien ist nach den Schätzungen der Cement Manufacturers‘ Association (CMA) eine hohe Nachfrage an Spezialmaschinen zu erwarten. Für Maschinen und Anlagen für die gesamte Prozesskette besteht ein hoher Bedarf. Insbesondere für Hersteller und Lieferanten von Absackmaschinen, Mahl-, Trocknungs- und Förderanlagen sowie von Zementsilos und Brennöfen bieten sich zukünftig gute Absatzchancen auf dem indischen Markt, prognostiziert die Bundesagentur für Außenwirtschaft (Bfai).

Der umfassende Ausbau der Infrastruktur sorgt auch für einen Nachfrageschub nach Baumaschinen. Der Bausektor dürfte in den nächsten Jahren um durchschnittlich 15 % jährlich wachsen, meldet die indische Planning Commission. Vor allem der Straßen-, Flughafen- und Hafenbau sowie die Verbesserung der Strom- und Trinkwasserversorgung des Landes erfordern moderne Maschinen. Der Wohnungsbau weitet sich schnell aus.

Ein hoher Bedarf besteht weiterhin an Textilmaschinen. Auch dort verschiebt sich die Nachfrage in immer höherwertige Segmente. Die Bereiche Energieerzeugung und Petrochemie bieten ebenfalls gute Geschäftschancen für ausländische Unternehmen. Der Bau von Kraftwerken oder kraftwerksnaher Infrastruktur, der Absatz von Turbinen, Schaltanlagen und sonstiger Ausrüstung zeigt hohe Zuwachsraten. Bei der Energieerzeugung soll die Effizienz schnell erhöht werden. Die Regierung fördert auch umfassend den Absatz alternativer Energien mit kostengünstigen Krediten, niedrigen Importzöllen, investitionsfreundlichen Abschreibungsmodalitäten und anderen steuerlichen Anreizen.

Bei den meisten Maschinensparten und besonders bei höherwertigen Maschinen ist das Land auf Importe angewiesen. Im Finanzjahr 2004/2005 lag der Wert der Importe von Werkzeugmaschinen bei 21,6 Mrd. Indische Rupien (iR; 1 Euro = 57,5 iR), im Vergleich zur Vorjahresperiode eine Steigerung von 34%. Nach den Statistiken für 2005/2006 setzte sich der Zuwachs in gleicher Größenordnung fort. Die Importe kommen vor allem aus Deutschland, Japan, den USA, Italien und der Schweiz. Die gesamten Importe des Subkontinents legten zwischen April und Dezember 2006 um 36% auf 131,2 Mrd. US-Dollar zu.

Schnell wachsende Exporte

Die indische Maschinenbauindustrie exportiert jedoch auch immer mehr ins Ausland. Der Wert der Exporte betrug 2004 etwa 10 Mrd. US-Dollar, ein Zuwachs von fast 30% im Vergleich zum Vorjahr. Etwa 14% aller Exporte aus Indien sind bereits Maschinen und Anlagen. Das Engineering Exports Promotion Council (EEPC) schätzt, dass der Wert der Maschinenausfuhren im Finanzjahr 2008/2009 auf etwa 30 Mrd. US-Dollar steigen wird.

Und schließlich ist Indien auch ein interessanter Produktionsstandort, an dem viele gut qualifizierte technische Fachkräfte ausgebildet werden. Jedes Jahr machen 2,3 Mio. Inder einen Bachelor-Abschluss, darunter über 30000 Ingenieure – Tendenz steigend. „Waren die Indian Institutes of Technology vor zehn Jahren noch Forschungs- und Bildungsstätten, die im internationalen Vergleich bestenfalls mittelmäßig abschnitten, brauchen viele Institute heute den Vergleich mit den großen Ingenieursschmieden der Welt nicht mehr zu scheuen,“ erklärt Anandi Iyer, die für das International Technology Cooperation Network deutsche Unternehmen bei Technologiekooperationen mit indischen Firmen und Organisationen berät.

Doch es gibt auch tiefgreifende Probleme, die den Einstieg erschweren, wie überbordende Bürokratie und Korruption oder Infrastrukturmängel. Allerdings treten die Regionen zunehmend in Wettbewerb zueinander und versuchen sich, mit guten Wirtschaftsbedingungen zu überbieten.

Premiere im Dezember: Industrial Automation India

Vom 4. bis 7. Dezember 2007 veranstaltet die Deutsche Messe erstmals die Industrial Automation India – International Trade Fair for Process and Production Automation and Industrial Building Automation im Bangalore International Exhibition Center (BIEC), das als Indiens modernster Veranstaltungsort gilt.

150 Aussteller nutzen die Veranstaltung, um auf dem Wachstumsmarkt Indien vom Start weg dabei zu sein. Auf 2000 m² Netto-Fläche sind Namen wie Siemens, Lapp, ABB oder Rittal vertreten. 60% der Aussteller kommen aus dem Ausland. Am häufigsten vertreten sind Indien, Deutschland, die Schweiz, die USA, Japan, Großbritannien und Spanien. Es wird außerdem einen deutschen und einen spanischen Gemeinschaftsstand sowie einen internationalen Pavillon geben. Einen großen Bereich der Messe nehmen die elektrotechnischen Komponenten für die Automatisierung ein. Ein Schwerpunkt sind Komponenten für den Maschinen- und Anlagenbau.

Der größte Aussteller ist mit 120 m² die Lapp-Gruppe aus Stuttgart. „Indien ist ein hochattraktiver Markt, auf dem wir bereits seit vielen Jahren vertreten sind. Wir produzieren in Indien für den indischen Markt. Der Messeauftritt ist für uns nicht nur eine hervorragende Plattform, um unsere Lösungen zu präsentieren. Wir pflegen in Bangalore auch die Kontakte zu unseren Geschäftspartnern“, sagt Vorstandssprecher Andreas Lapp, der seit 2001 Honorarkonsul von Indien ist. Die Lapp-Gruppe gehört zu den weltweit führenden Herstellern im Bereich industrielle Kabel und Steckverbinder.

Dr. Thomas Kiefer ist Fachjournalist in 21521 Aumühle

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