Treibstoffsparer Flexible Kunststoffsensoren senken Treibstoffverbrauch von Flugzeugen
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Die Luftfahrt könnte dem Ziel der Klimaneutralität jetzt noch ein Stück näher rücken. Denn am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) wurden Sensorstreifen entwickelt, die Flugdaten übermitteln, um Kerosin zu sparen.

Um die Klimaziele zu erreichen, benötigt der Flugverkehr zuverlässige Messmethoden, die Erkenntnisse zum Verhalten der Materialien, aus denen Flugzeuge bestehen, liefern, und die auftretenden Belastungen bis auf den Nanometer genau erfassen, schicken die Forscher voraus. Um das zu erreichen, entwickelt man am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) in Berlin eine Art Sensorhaut, die über die Flügel eines Flugzeugs gespannt wird, verschiedene Werte misst und diese live auswertet. Einmal mehr beweist ein Kunststoff seine Tauglichkeit, die Umwelt zu entlasten: Thermoplastisches Polyurethan – kurz TPU, das robust ist, auch noch leicht verarbeitet werden kann und wieder einschmelzbar ist, um es gegebenenfalls zu recyceln.
Flächendeckende Datenquelle optimiert Flugzeuge
Die Aufgabe der Berliner bestand darin, Teststreifen des TPU-Materials mit integrierten elektronischen Bauelementen wie Sensorsystemen aufzubauen und diese später unter verschiedenen Belastungen zu testen. So ein „fühlender“ Überzug kann dann Informationen zu Temperatur, Luftdruck, Schwingung und Vibration der Tragflächen eines Flugzeugs liefern, wie es weiter heißt. Vorab galt es zu klären, ob die Sensorstreifen gegen Chemikalien, wie zum Beispiel Enteisungsmittel oder Kerosin, resistent sind. Flugzeughersteller gewinnen durch eine dann flächendeckend Daten erfassende Sensorik einen detaillierten Datenpool, aus dem sich Rückschlüsse auf die Abnutzung respektive Langlebigkeit von Materialien ziehen lassen. Auch könnte durch eine Live-Auswertung von Umgebungsparametern und Strömungswiderständen der Kerosinverbrauch während des Fluges optimiert werden.
Auf dem Weg zur idealen Sensorfolie
Obwohl das Fraunhofer-Team seine Expertise auf dem Gebiet der Aufbau- und Verbindungstechniken dehnbarer Elektronik als Grundlage anwenden konnte, sei es nicht trivial gewesen, den Kunststoff mit miniaturisierten Sensoren für die Luftfahrt nutzbar zu machen. Denn das TPU liegt zunächst als schlaffe Folie vor, was seine Bearbeitung kompliziert macht. Das Schwierige dabei ist, weder die sensiblen Bauteile noch das flexible Material während der Verarbeitung zu beschädigen, erklären die Forscher. Auch muss bei der lediglich 200 Mikrometer dicken Folie dennoch die hohe Funktionalität der Sensoren garantiert sein. Wie stark die Folie ist, beeinflusst nicht zuletzt das Gesamtgewicht der damit überzogenen Tragfläche, das so gering wie möglich bleiben muss. Im ersten Schritt wurde der Kunststoff charakterisiert, sodass relevante Parameter wie die temperaturbedingte Ausdehnung oder Elastizität bekannt waren. Diese Erkenntnisse sind dann in weitere Simulationen eingeflossen, die konkrete Schwachstellen aufdeckten sowie Aussagen über die Lebensdauer des TPU unter mechanischer und thermomechanischer Belastung ergaben. Mit den so gewonnenen Daten konnten schließlich die idealen Prozessparameter (Temperatur und Druck) für die Folienlaminierung sowie für das Löten der Bauelemente und andere Komponenten abgeleitet werden.
Flexible Sensorstreifen verlangen effektive Schutz
Das Schaltungsmuster für das dehnbare Sensormodul realisierten die Experten lithografisch und ätztechnisch – alles typisch für die Leiterplattenherstellung, also gut handhabbar. Nachdem die Bauelemente bestückt und gelötet waren, demonstrierte das Team zwei Verfahren, mit denen die Bauelemente vor äußeren Einwirkungen geschützt werden. Das funktioniert entweder durch sogenannte Glob Tops, die ebenfalls aus Polyurethan bestehen und mikroelektronische Bauteile als aushärtende Vergussmasse versiegeln (siehe die tropfenartigen Gebilde). Aber auch die direkte Integration von dünnen Chips in das Substratinnere mittels Flip-Chip-Montage ist ein gangbarer Weg dazu, wie man erfährt. Ein klarer Vorteil der ausgewählten Mittel ist, dass das TPU als Schaltungsträger mit integrierten Sensormodulen lederartig flexibel ist, was wichtig für den Einsatz im Flugverkehr ist, wie das IZM betont. Das biegsame Substrat kann sich so nämlich an die Flügel anschmiegen und gleichzeitig die verbaute Elektronik schützen.
Die nächsten Verbesserungsschritte
Nachdem die entstandenen Teststreifen erfolgreich vom Industriepartner Airbus Central C&T gegen mechanische und chemische Einflüsse getestet wurden, kann man an Folgeprojekte denken. Mit der angewandten Aufbau- und Verbindungstechnik wird beispielsweise angestrebt, die Sensorik nicht nur in Streifen, sondern auch in planare Module zu integrieren, die innerhalb einer Fläche von bis zu 60 Zentimeter × 60 Zentimeter entstehen können. Um von der Flugelektronik einigermaßen unabhängig zu werden, will man auch untersuchen, ob nicht die gesamte Auswerteelektronik in TPU-Sensormatten untergebracht werden könnte. So könnte das Sammeln von Daten unabhängig von Flugzeugressourcen stattfinden und die Kommunikation komplett kabellos per Funk oder Bluetooth erfolgen. (pk)
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