Forschung Für mehr Nachhaltigkeit im Lebensmittelhandel
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Ein Forschungsprojekt will durch die Optimierung von Planungsprozessen im Lebensmittelhandel Abfälle reduzieren, die Verfügbarkeit der Produkte verbessern, Produktionsprozesse planbarer machen sowie Transport- und Lagerkosten minimieren.

Nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) geht weltweit rund ein Drittel der für den menschlichen Verbrauch produzierten Lebensmittel verloren. Vergleicht man das mit den geschätzten 925 Mio. Menschen die weltweit Hunger leiden, ergibt sich ein dramatisches Bild. Ein Forschungsprojekt will dabei helfen, das zu ändern, indem es optimierte Absatzprognosen im Lebensmittelhandel ermöglicht, wodurch Lebensmittelabfälle reduziert werden sollen. „In dem Forschungsprojekt entwickeln wir derzeit eine Softwarelösung für verbesserte Absatzprognosen, die sowohl unternehmensinterne als auch externe Gründe für Nachfrageschwankungen miteinbezieht. Intern sind das zum Beispiel Werbeaktionen, Pro- duktähnlichkeiten oder Kannibalisierungseffekte, während extern Wetterschwankungen, Schulferien oder gesellschaftliche Anlässe die Nachfrage nach bestimmten Lebensmitteln beeinflussen können“, erklärt Dr. Peter Kauf, Geschäftsführer von Prognosix. Sein Unternehmen ist gemeinsam mit Inform und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) die treibende Kraft hinter dem Projekt. Dr. Ulrich Dorndorf, CTO bei Inform, ergänzt: „Da für die strategische Ausrichtung eines Unternehmens am Markt eine gute Absatzplanung entscheidend ist, sehen wir diese als einen elementaren Teil der Supply Chain. Absatzplanung muss das Management sowie die Fachabteilungen miteinander vernetzen.“
Auch wirtschaftliche Faktoren zählen
Diese Sichtweise zeigt schon, dass die Ziele der Forschungsarbeit nicht rein humanitär, sondern durchaus auch an den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Handelsunternehmen ausgerichtet sind. Insgesamt ist der Lebensmittelhandel ein besonderer Fall, da außerordentlich viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. In Kombination mit den Erwartungen der Verbraucher führt das zu sehr hohen Anforderungen, wie Kauf betont: „Die Konsumenten erwarten heute die beste Qualität und frische Produkte, die jederzeit lieferbar und im Ladenregal vorzufinden sind. Hier wird dem Handel eine hohe Erwartungshaltung entgegengebracht, was natürlich eine Herausforderung für die gesamte Supply Chain darstellt.“ So konnten die Forscher in einer Fallstudie mit Melonen beispielsweise herausfinden, dass die Berücksichtigung des Faktors Wetter (neben den Faktoren Promotion, Ferien, Saison, Feiertage, Preis, Wochentag und Kalenderwoche) zu einer Verbesserung der Prognoseaussagen von rund 15 % führt – gemessen über ein halbes Jahr bei Vorhersagen auf eine ganze Verkaufssaison. Die Berücksichtigung der Faktoren insgesamt bewirkt eine Verbesserung von rund 40 % gegenüber Prognosen, welche nur Wochentag und Kalenderwoche berücksichtigen (bei gleicher Messdauer).
Die Grundlage zur Weiterentwicklung der Algorithmen bildet die Optimierungssoftware „add*ONE“ von Inform. Neben dem Lebensmittelhandel sollen auch Gastronomie und Hotellerie von den optimierten Prognosetools profitieren, da sie auch in diesen Branchen die Reduzierung von Abfällen sowie eine verbesserte Bestandsplanung ermöglichen. Großes Potenzial für die Ergebnisse des Forschungsprojektes sieht Kauf außerdem im Bereich Gesundheitswesen, da auch hier externe Faktoren eine gewichtige Rolle spielen. So ist zum Beispiel während der Skisaison eine gute, auf Extremsituationen ausgerichtete Personalplanung in den Krankenhäusern essenziell.
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