Schiffbaukatastrophe Gestrandet! Lloyd- und MV-Werften melden Insolvenz
Jetzt wurde bekannt, dass die MV-Werften in Mecklenburg-Vorpommern und die Lloyd-Werft in Bremerhaven am Ende sind. Hier mehr Details.

Die MV-Werften in Mecklenburg-Vorpommern und die Bremerhavener Lloyd-Werft haben gestern Insolvenz angemeldet. Beide Unternehmen gehören zum Hongkonger Mischkonzern Genting, der ebenfalls schon in Schwierigkeiten steckt. Denn Gentings Kreuzfahrtsparte ist wegen der Corona-Pandemie ins Schlingern geraten. Der Handel mit Aktien an der Börse in Hongkong ist seit Freitag ausgesetzt. Der Genting-Konzern hatte die Werften 2016 übernommen, um dort für eigene Reedereien Kreuzfahrtschiffe bauen zu lassen. Diese Pläne sind gescheitert.
Über 2.000 Beschäftigten droht der Jobverlust
Bei den MV-Werften sind 1.900 Beschäftigte betroffen. Beim Bremerhavener Schiffbaubetrieb müssen etwa 300 Angestellte um ihren Job bangen. Das Ausfallrisiko des Landes Mecklenburg-Vorpommern bei den MV-Werften beläuft sich nach Angaben aus der Landesregierung auf maximal 379 Millionen Euro. Die Summe setzt sich aus einer Kreditbürgschaft mit 301 Millionen Euro und einem zugesagten Kredit von über 78 Millionen Euro für den Mutterkonzern zusammen, dessen Auszahlung das Land aber verhindern will. Die oppositionelle AfD im Landtag plädiere auf einen Untersuchungsausschuss.
Der Kredit sei am Montag, nach dem Insolvenzantrag für die MV-Werften, gekündigt worden, hieß es aus Regierungskreisen. Das Land sehe keinen Grund mehr, den Mutterkonzern zu unterstützen. Heute wird am Landgericht Schwerin über den Kredit verhandelt, auf dessen sofortige Auszahlung Genting besteht, wie es weiter heißt.
„Genickbruch“ durch gescheiterten Kreuzfahrtschiffbau
Für die Lloyd-Werft wurde als vorläufiger Insolvenzverwalter der Hamburger Rechtsanwalt Per Hendrik Heerma eingesetzt. Für die MV-Werften gibt es laut Aussage des Amtsgerichts Schwerin noch keinen Insolvenzverwalter.
Den MV-Werften war es nicht gelungen, die Finanzierung des zu 75 Prozent fertigen und rund 1,5 Milliarden Euro teuren Neubaus des Kreuzfahrtschiffes „Global Dream“ für bis zu 10.000 Passagiere zu sichern. Verhandlungen von Genting und der Werft mit Bund und Land scheiterten nämlich. Die Schuld sehen die Landes- und Bundespolitiker aber bei Genting. Denn die Chinesen seien nicht bereit gewesen, einen Anteil von 60 Millionen Euro am Rettungspaket zu tragen. Der Bund war folglich schon bereit, 600 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu geben. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schwört, dass die Bundesregierung alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um die Insolvenz der MV-Werften abzuwenden. Doch die Eigentümer wollten von dem Angebot nichts wissen.
Schwarzer Tag für den deutschen Schiffbau
Die IG Metall sieht das Ganze mit Entsetzen, als „schwarzen Tag“ für den Schiffbau in Deutschland. Dass die Verhandlungen im Sande verliefen, sei ernüchternd. Keiner traue mehr dem Mutterkonzern.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hofft auf die schnelle Benennung eines Insolvenzverwalters. Zunächst soll aber das Kreuzfahrtschiff in Wismar vollendet werden, um die Arbeit zu sichern. Danach müssten Perspektiven für die Standorte Wismar, Rostock und Stralsund entwickelt werden. Die Politikerin kündigte eine Sondersitzung des Landtags bezüglich der Schieflage der MV-Werften an. Auch sei es wichtig, schnell auf mögliche Investoren zuzugehen, damit die Werften neu ausgerichtet werden könnten. Es bestehe Hoffnung, denn sowohl mit Blick auf Bremerhaven als auch Stralsund habe es bereits vor der Insolvenz Interessenten gegeben.
Turbulente Umwälzungen als Überlebenschance
Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik hält nun den Erhalt der vier Standorte an der Ostsee und in Bremerhaven im Rahmen eines Eigentümerwechsels für wichtig. Denn einen weiteren Substanzverlust in dieser Größenordnung könne sich die deutsche Schiffbauindustrie nicht leisten. Die maritime Industrie stehe außerdem vor einem Umbruch, denn die gesamte Flotte muss in die Klimaneutralität gesegelt werden. Ferner müssten die Offshore-Industrie und die Infrastruktur für nachhaltige Kraftstoffe stark ausgebaut werden, fordert der Verband. Vor diesem Hintergrund könne sich die Insolvenz auch als Chance erweisen.
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