WIRTSCHAFTSMACHT CHINA Götterdämmerung: Deutschlands Position als Exportweltmeister wackelt
Köln (js) – In diesen Jahr wird es wohl noch einmal klappen, im kommenden Jahr jedoch dürfte Deutschland endgültig vom Exportweltmeister-Thron gestoßen werden. Bewahrheiten sich die
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Köln (js) – In diesen Jahr wird es wohl noch einmal klappen, im kommenden Jahr jedoch dürfte Deutschland endgültig vom Exportweltmeister-Thron gestoßen werden. Bewahrheiten sich die Prognosen, die Dr. Gerd Herx, Direktor der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai), am 5. Februar der Presse vorstellte, muss Deutschland den Staffelstab 2008 der Volksrepublik übergeben. Das Reich der Mitte erwirftschaftet dann ein Exportvolumen von 1,4 Billionen Dollar.
„China schaffte es damit innerhalb kürzester Zeit, sich von einem Nobody zu einem Weltwirtschaftsgiganten zu mausern“, so bfai-Direktor Herx. Und dabei keineswegs mehr allein billig Trumpf. Viele chinesische Erzeugnisse seien, wie Corinne Abele, bfai-Korrespondentin in Bejing, berichtete, durchaus „solide Standardware“.
Allerdings ist das “Exportglück“ nicht allen Branchen Chinas gleichermaßen hold. Während sich das Land im Elektronikbereich mit Ausfuhren von knapp 300 Mrd. Dollar im Jahr 2006 unangefochten an der Spitze der Weltrangliste setzte, lasse sich chinesische Pkw wegen ihrer (sicherheits-)technischen Defizite in den westlichen Autoländern bis dato kaum an den Fahrer bringen.
Anders die Elektronik: Hier stellt China mittlerweile knapp 20% des Weltexports und PCs, Notebooks und Mobiltelefone „made in China“ gehören keineswegs erst seit der spektakulären Übernahme der IBM-Computersparte durch die chinesische Lenovo-Gruppe zu den Rennern am Markt,
Zweitgrößter Ausfuhrposten Chinas sind erwartungsgemäß Textilien und Bekleidung. Bereits ab 1990 zog die Volksrepublik am Modeland Italien vorbei. Chinas Textilausfuhren beliefen sich 2006 auf rund 140 Mrd. Dollar, was in etwa einem Viertel an der Weltausfuhr in dieser Produktgruppe entspricht.
Der dritte große Industriesektor ist die klassische Elektrotechnik – allen voran die weiße Ware und Elektrokleingeräte. China erhöhte seine Ausfuhren in diesem Segment im vergangenen Jahr um über 40% auf 78 Mrd. Dollar und verwies den bisherigen Marktführer Deutschland (64 Mrd. Dollar) auf Platz 2.
Auch im Maschinenbau kann China durchaus Erfolge aufweisen wie der kräftige Exportzuwachs im vergangenen Jahr um fast 40% auf knapp 60 Mrd. Dollar beweist. Großbritannien und Frankreich wurden damit locker überrundet. Weltweit liegt China hinter Deutschland, den USA, Japan und Italien weltweit auf dem fünften Platz. Allerdings ist, wie Herx betonte, „der Abstand zur Weltspitze noch groß“.
So lieferte Deutschland 2006 drei mal so viel Maschinen ins Ausland wie die Volksrepublik, und die deutschen Branchenexporte nach China verzehnfachten sich in den vergangenen 15 Jahren auf mehr als 12 Mrd. Dollar. Andererseits gebe der Blick auf den japanischen Markt durchaus Anlass zur Besorgnis: Denn schon 2005 stellten dort Chinas Maschinenbauer rund 20% der Bezüge aus dem Ausland – doppelt so viel wie die deutschen.
„China“, konststiert bfai-Chef Herx, „ist in erster Linie in den Bereichen Elektronik, Textilien und Bekleidung sowie Elektrotechnik international erfolgreich, während im Maschinenbau noch ein weiter Weg zurückzulegen ist“.
Dabei ist das chinesische Wirtschafts- und Exportwunder nur zum Teil „hausgemacht“. Seit Beginn der Öffnungspolitik hat das Land insgesamt etwa 700 Mrd. Dollar an ausländischen Direktinvestitionen erhalten. In der Regel waren dies Produktionsverlagerungen der großen Industrienationen, die China als verlängerte Werkbank entdeckten. Heute stellen diese auslandsfundierten Unternehmen rund 60% der chinesischen Ausfuhren.
Markenartikler wie der Computerkonzern Lenovo oder der Hausgeräteproduzent Heier, die über internationale Vertriebsstrukturen und einen gewissen Bekanntheitsgrad verfügen, sind nach wie vor die Ausnahme. Einen Grund dafür sieht bfai-Korrespondentin Corinne Abele in den unzureichende F+E-Anstrengungen vieler chinesischer Unternehmen, deren F+E-Quote im Durchschnitt weniger als 1% des Umsatzes ausmacht. Ein kürzlich aufgelegtes Regierungsprogramm soll dieses Umstand beseitigen helfen und Forschung und Entwicklung in der privaten Wirtschaft nachhaltig fördern – zum Beispiel durch einen verbesserten Technologietransfer zwischen Hochschulen und Unternehmen.
Ungebrochen ist in China jedoch die Tendenz „zum kreativen Umgang mit importierter Technologie“ (Abele), sprich zum Raubkopieren und zur Markenpiraterie. Auch eine Verschärfung der Gesetze konnte daran nichts Grundsätzliches ändern, weil das Unrechtsbewusstsein im Lande kaum vorhanden ist. Zudem sind die inzwischen weitgehend WTO-konformen Gesetze in der Praxis häufig nur schwer durchsetzbar.
Eine weitere „Dopingspritze“ für die chinesischen Ausfuhren sieht Bejing-Korerespondentin Abele in der fehlenden Konvertibilität der Landeswährung. Finanzexperten gehen von einer bis zu 40%igen Unterbewertung der Währung aus.
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