Interview Hochleistungsdämmung tut der Logistik gut
Die Verteilung temperaturempfindlicher Covid-19-Impfstoffe hat es wieder deutlich gezeigt: Zuverlässige Transport- und Lagerlogistik ohne aktive und oder passive Kühlung ist schlicht nicht möglich. Wir sprachen mit Dr. Joachim Kuhn, CEO der Würzburger Va-Q-Tec AG, über seine energieeffizienten, platzsparenden und zugleich umweltfreundlichen Vakuumisolationspaneele (VIPs) und ihren Einsatz in logistischen Anwendungen.
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Dass Vakuum isolierend wirkt, kriegen schon Kinder anhand des Prinzips einer doppelwandigen Thermosflasche beigebracht – Luft isoliert eben gut. Problem dabei: Wenn die Flasche runterfällt, ist das innen liegende, evakuierte Glasgefäß zersprungen, die Isolationswirkung dahin. Anders bei den Vakuumisolationspaneelen von Va-Q-Tec: Sie sind nicht stoßempfindlich und dämmen etwa zehnmal besser als vergleichbare konventionelle Faser- und Schaumdämmstoffe. Durch ihre effiziente Technologie sparen sie wertvolle Energie in Technik und Industrie, Kühl- und Gefriergeräten oder etwa beim Transport von Pharmaprodukten wie dem Covid-19-Impfstoff.
Herr Dr. Kuhn, würden Sie sich als einen der Gewinner der Covid-19-Pandemie bezeichnen? Ihr Va-Q-Case und auch die Va-Q-Tainer sind ja genau das, was Hersteller temperatursensibler Impfstoffe wie Biontech benötigen …
Dr. Joachim Kuhn: Ich glaube, Gewinner ist nicht das richtige Wort. Auf jeden Fall konnten wir bei der Impfstoffverteilung sehr viel helfen – und das Helfen stand im Vordergrund. Die Covid-19-Pandemie hat uns sicherlich viel Aufmerksamkeit gebracht, das stimmt. Und natürlich sind wir auch stolz, einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung dieser globalen Krise zu leisten. Viele unserer Kunden haben erst durch die Covidpandemie gemerkt, welche entscheidenden Vorteile unsere Produkte für sie bieten. Der Umsatzanteil des Covid-19-Geschäfts am Gesamtumsatz macht allerdings im ersten Halbjahr 2021 nur 13 Prozent aus. Das heißt, für uns gibt es auch noch eine Menge anderer Themenfelder neben Covid-19.
Ihr akademischer Background ist an der Würzburger Julius-Maximilians-Universität zu verorten. Entstand die Idee zu Ihren erfolgreichen Vakuumisolationspaneelen (VIP) während Ihrer universitären Laufbahn oder ist sie Ausfluss späterer Forschungsarbeiten?
Kuhn: Die Idee zu unseren VIPs entstand bereits an der Universität. Mein Mitgründer Roland Caps und ich haben uns schon während des Studiums intensiv mit dem Vakuum als grundlegender Technologie für Hochleistungsdämmung beschäftigt. Aus dem ZAE (Zentrum für angewandte Energieforschung) heraus haben wir dann im Jahr 2001 Va-Q-Tec gegründet und feiern daher in diesem Jahr auch unser 20-jähriges Jubiläum.
Würden Sie die Bezeichnung „Hidden Champion“ für Va-Q-Tec gelten lassen? Als Start-up kann man Sie ja nicht mehr bezeichnen …
Kuhn: Ja, wir sind sicherlich ein Hidden Champion, der während Corona aber auch in der öffentlichen Wahrnehmung aus dem Versteck herausgekommen ist. Unsere Nische, in der wir tätig sind, hat gerade während der Impfstoffverteilung sehr große und auch internationale Aufmerksamkeit bekommen.
Klassisches Styropor kennt jeder – und auch die, sagen wir, problematische Entsorgungssituation. Was macht Ihre VIPs so viel besser?
Kuhn: Zunächst mal haben unsere Vakuumpaneele ein etwa zehnmal geringeres Volumen als Styropor. Das sehr wertvolle Kernmaterial lässt sich dabei zu 100 Prozent recyceln. Jedes unserer VIPs enthält auch einen signifikanten Anteil an Recyclingmaterial. Das Recyceln ist für uns zu einer guten Übung geworden. Vakuumpaneele dämmen zehnmal besser als herkömmliche Materialien und sparen dadurch einfach auch besonders an Engstellen sehr viel Energie ein, die man vorher gar nicht einsparen konnte. So haben wir beispielsweise auch den Grand Tower in Frankfurt partiell mit unseren VIPs isoliert. Dadurch konnte nicht nur direkt Energie durch Dämmung eingespart, sondern auch mehr Wohnfläche geschaffen werden. Das schont Ressourcen.
Herr Dr. Kuhn, Sie fertigen ja nicht nur Paneele, sondern mit den Containern und Boxen auch gleich das passende Endprodukt dazu. Aus welchen Branchen ist die Nachfrage derzeit am größten?
Kuhn: Unsere Boxen und Container können unsere Kunden kaufen oder mieten, je nachdem, was sie bevorzugen. Den größten Anteil der Nachfrage macht mit 74 Prozent der Tempchain-Sektor aus. Darunter verstehen wir alle Transporte, die eine Temperaturkontrolle erfordern – so beispielsweise auch der Transport der Covid-19-Impfstoffe, aber auch anderer temperatursensibler Medikamente.
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Impfstoff-Logistik
Thermo-King-Kühlsysteme sichern Verteilung von Corona-Impfstoffen
Ohne Betriebsgeheimnisse zu verraten: Wie schaffen Sie es, das Format Ihrer Paneele genau an die geometrischen Bedürfnisse Ihrer Kunden anzupassen? Das stelle ich mir bei einer industriellen Fließfertigung extrem aufwendig vor, insbesondere, was die Qualitätssicherung betrifft.
Kuhn: Bei uns bestellt jeder Kunde seine spezielle Paneelgröße. Wir haben uns auch in einer industriellen Fertigung darauf eingestellt, sehr effizient unterschiedliche Größen zu produzieren. Die Qualitätssicherung erfolgt bei uns bei jedem Paneel nach einem selbst entwickelten Spezialverfahren. Wir sind der zweit- oder drittgrößte VIP-Produzent weltweit und stellen jährlich zwischen zwei und drei Millionen Paneele her, auf größtenteils vollautomatisierten Anlagen.
Welchen Stellenwert genießt das Thema „Forschung & Entwicklung“ in Ihrem Unternehmen? Und was kann aus Ihrer Ideenschmiede noch alles kommen?
Kuhn: Das Thema Forschung und Entwicklung liegt mir besonders am Herzen, schließlich bin auch ich Wissenschaftler. Darum investieren wir einerseits einen nicht unerheblichen Anteil in unsere Forschungsabteilung, andererseits aber auch in die technische Beratung unserer Kunden.
Was genau steckt hinter Ihrem Angebot der Kombination aus smarten Thermoboxen mit Themen wie Blockchain und Big Data?
Kuhn: Über unsere Tempchain-Service-Software, die wir Va-Q-Nection nennen, können unsere Kunden ganz intuitiv und schnell online Bestellvorgänge für unsere Boxen und Container „ready to lead & go“ abwickeln. Durch diese zentrale Steuerung des gesamten Lieferkettenprozesses wird die gesamte Tempchain sicherer und transparenter, da man Fehler frühzeitig erkennen und vermeiden kann. Durch eine Verbindung zu dem von uns patentierten Va-Q-Check-Verfahren, also unserer hauseigenen Qualitätsprüfung, können wir zu 100 Prozent die Qualität unserer Produkte und Verfahren sicherstellen. Die erfassten Auftragsdaten werden durch die Blockchain-Technologie verschlüsselt und fälschungssicher gespeichert.
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Corona-Auftrag
Spezielle Fördertechnik für Va-Q-Tec
Wie schlagen sich Ihre Va-Q-Med-Transportbehälter insbesondere in der Last-Mile-Logistik? Wer sind da Ihre Hauptkunden?
Kuhn: Gerade für die Letzte Meile sind unsere Va-Q-Med-Boxen von großem Wert. Unsere Boxen und Container arbeiten passiv – das heißt, dass sie ohne externe Energiezufuhr beim Transport betrieben werden. Das hat entscheidende Vorteile. Gerade Regionen wie Afrika oder Teile Asiens, die schwer zugänglich sind, können mithilfe unserer Boxen problemlos mit Medikamenten versorgt werden. Auf den Transport in großen Kühltransportern kann dank unserer Technologie verzichtet werden. Deshalb versorgen wir mit Va-Q-Med viele Länder, darunter eben auch etwa 60 Prozent der deutschen Bevölkerung, mit Impfstoffen. Darüber hinaus wird Va-Q auch von großen Pharmahändlern genutzt, die damit ihre Medikamente sicher in die einzelne Apotheke bringen.
Jüngst haben Sie mit Ihrer Innovation Va-Q-Steel auf sich aufmerksam gemacht. Was macht diese Paneele so einzigartig?
Kuhn: Unser neues VIP Va-Q-Steel ermöglicht bislang unerreichte Dämmwerte bei Tief- und Hochtemperaturen bis 400 Grad Celsius. Zusätzlich verwenden wir für diese VIPs ausschließlich nicht brennbare Materialien und können so herausragende Brandschutzeigenschaften gewährleisten. Neben diesen Vorteilen wird durch unser Va-Q-Steel-VIP auch die Dämmleistung gegenüber bisherigen „Best-in-Class“-Lösungen um über 200 Prozent gesteigert.
Herr Dr. Kuhn, haben Sie herzlichen Dank für diese Einblicke in das Vakuumisolationsgeschäft!
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