Green Logistics Im E-Commerce-Boom die letzte Meile smart gestalten
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Der E-Commerce wächst immer weiter: 2019 erzielte der deutsche Onlinehandel einen Rekordumsatz von 72,6 Mrd. Euro, so der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh). Kein Wunder, denn in Zeiten von Overnight-Zustellung und kostenlosem (Rück-)Versand ist Onlineshopping so bequem wie nie zuvor. Diese Entwicklungen stellen Logistiker vor immense Herausforderungen.

In Anbetracht der Entwicklungen im E-Commerce ist es nicht verwunderlich, dass an jeder Ecke sogenannte KEP-Fahrzeuge mit eingeschaltetem Warnblinklicht stehen. Sie sind nicht nur ein lästiges Hindernis, das den Verkehrsfluss beeinträchtigt, sondern unter Umständen auch ein Sicherheitsproblem.
Günstige und flexible Lieferkonditionen führen dazu, dass die Komplexität der Zustellung von Onlinebestellungen erheblich steigt. Hinzu kommt, dass gerade für KEP-Dienste die letzte Meile – der Transport der Waren vom Umschlagplatz zum Empfänger – die teuerste ist. Hier könnten Innovationen, wie sie derzeit unter dem Dach von Smart City erforscht und getestet werden, Alternativen bieten.
Flexibel reagierender Verkehrsfluss
Der Begriff Smart City subsumiert unterschiedliche Merkmale einer idealen Zukunftsstadt, wobei zwei wesentliche Faktoren, die Mobilität und der Verkehr, im Mittelpunkt stehen. Mobilität bedeutet heute nicht mehr nur Bewegungsfreiheit in Städten, sondern dass sich Verkehrsflüsse eigenständig aufrechterhalten und flexibel auf Probleme reagieren können. Das Verkehrsnetz stellt dabei die zentrale Lebensader einer Smart City dar. Intelligente Verkehrsplanung, die Förderung des Nahverkehrs, die flächendeckende Einführung von E-Mobilität und Sharing-Angeboten sowie eine bessere Vernetzung aller Verkehrsteilnehmer in einer stadtweiten Kommunikationsinfrastruktur sind hierbei Kennzeichen des erforderlichen Vorausdenkens, um neue Lösungen zielgerichtet voranzubringen.
Für den E-Commerce und die KEP-Dienste sind hierbei autonome Fahrzeuge, welche die letzte Meile zurücklegen, besonders spannend. Ein Beispielkonzept beinhaltet Mikrodepots, die sich am Rand der Smart City oder in einem bestimmten Stadtgebiet befinden. Dort übergeben die KEP-Dienste Waren an autonome Fahrzeuge. Diese kann der Empfänger via App direkt zu sich bestellen, wenn er zu Hause ist. Oder er nutzt eine fest installierte Station als Ablageort, um zu jeder Zeit Pakete zu empfangen und zu versenden, etwa bei Retouren. Das autonome Vehikel transportiert die Waren zurück zum Mikrodepot, von wo aus sie die entsprechenden Transportdienste wieder in die gewohnte Supply Chain aufnehmen.
Ein weiteres Konzept, das die Lieferung auf der letzten Meile verändern könnte, ist die Zustellung per Drohne. Die unbemannten Flugobjekte können automatisch ihr Zielgebiet anfliegen und Waren abladen. Um diese Art der Lieferung massentauglich zu machen, müssen aber erst die notwendigen rechtlichen Bedingungen geschaffen werden. Die meisten Zustelldrohnen, die aktuell schon zu Testzwecken genutzt werden, weisen maximale Nutzlasten von 2 bis 5 kg auf. Es gibt aber auch Unternehmen, die an Schwerlastlösungen mit Transportkapazitäten bis 200 kg arbeiten. Eine Lieferung aus der Luft kann den direkten Weg zum Ziel nehmen und würde den Verkehr auf den Straßen entlasten. Sie könnte vor allem bei zeitkritischen Lieferungen eingesetzt werden.
Sehr kompakte Zustelleinheiten
Eine weitere disruptive Lösung für die letzte Meile ist das Mobile-Hub. Dabei bringt ein größeres Fahrzeug mehrere autonome Liefereinheiten in das Zielgebiet. Dort angekommen werden die einzelnen Fahrzeuge „freigelassen“ und begeben sich zu ihrem individuellen Ziel. Bei diesem Konzept liegt der Vorteil darin, dass auf dem Weg ins Zielgebiet nur ein Fahrzeug im Verkehr unterwegs ist. Die einzelnen Liefereinheiten können, da sie nur eine oder wenige Sendungen zustellen müssen, relativ kompakt gehalten werden. Dadurch wird auch der innerstädtische Verkehr nicht allzu stark belastet.
Disruptive Lösungen wie diese funktionieren nur dann, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Es gilt, den Fokus auf technologische Systeme zu legen, die Daten vernetzen, analysieren und auswerten können. Darauf aufbauend sollen konkrete Lösungen für den Verkehr entwickelt werden. Hier sind die Städte und Kommunen gefragt, eine entsprechende Dateninfrastruktur zu gewährleisten.
Es ist kaum anzunehmen, dass sich die Lieferpolitik des E-Commerce oder die Kundenansprüche in Zukunft entschärfen werden. Folglich ist der Handlungsbedarf in Sachen Smart City besonders akut, um das Verkehrschaos im urbanen Raum aufzulösen. Fakt ist: Eine Blaupause für alle Städte dieser Welt gibt es nicht. Unterschiedliche Ideen und Lösungsansätze sind zu verfolgen, um eigene, individuelle Smart-City-Konzepte im Bereich Mobilität und Verkehr, Güterlogistik und Transport zu entwickeln. ■
* Thomas Anderer ist CEO der efeuCampus Bruchsal GmbH in 76646 Bruchsal, Tel. (01 60) 94 66 83 11, thomas.anderer@efeucampus-bruchsal.de
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