Flurförderzeuge Intelligente Logistik für Playmobil
Geobra Brandstätter in Zirndorf hat in seinem neuen Playmobil-Logistikzentrum in Herrieden ein intelligentes Logistikkonzept realisiert, in dessen Mittelpunkt Linde-Flurförderzeuge stehen. Teilautomatisierte Schmalgang-Kommissionierer erzielen in Kombination mit spezieller Fördertechnik eine hohe Flexibilität und Verfügbarkeit.
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Jeder kennt sie, die nur 7,5 cm großen und inzwischen 40 Jahre alten Playmobil-Figuren. Insgesamt 2,7 Mrd. der kleinen Figuren fanden bislang weltweit ihren Weg in die Kinderzimmer. Erstmals vorgestellt wurden die lustigen Spielkameraden im Februar 1974 auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg. Damals erkannte nur ein holländischer Großhändler ihr Potenzial und erteilte einen Großauftrag über 1 Mio. D-Mark.
Investition in die Zukunft
Das fränkische Unternehmen Geobra Brandstätter Stiftung & Co. KG mit Sitz in Zirndorf stellt die beliebten Spielfiguren her. Bei der Markteinführung Anfang der 70er-Jahre gab es nur drei Charaktere mit der gleichen Zackenfrisur – Ritter, Indianer und Bauarbeiter. Heute gibt es 374 Frisurenvarianten, 839 verschiedene Gesichter, 68 unterschiedliche Bärte und somit mehr als 21 Mio. Kombinationsmöglichkeiten. Seit dem Marktstart 1974 wurden 3995 einzelne Playmobil-Figuren kreiert. Heute umfasst das Sortiment mehr als 30 verschiedene Spielwelten. Allein im Jubiläumsjahr 2014 präsentierte der Spielzeugspezialist einen Rekord von 147 Neuheiten. Mit Werken in Deutschland (Dietenhofen und Selb), Malta, Tschechien und Spanien sucht Geobra Brandstätter die Nähe zu den Hauptabsatzmärkten in Europa. Um Playmobil wettbewerbsfähig zu produzieren, werden seit 1976 alle Figuren auf Malta gefertigt.
Die größte Playmobil-Fertigungsstätte mit mehr als 1500 Mitarbeitern liegt im mittelfränkischen Dietenhofen. Hier werden zum Beispiel das Piratenschiff, die Ritterburg oder die Kita gefertigt. Das Hauptwerk produziert täglich durchschnittlich 10 Mio. Spritzteile, bedruckt 250.000 Einzelteile und packt 65.000 blaue Packungen. Da man im Jahr 2013 mit der Produktion und dem Versand von mehr als 60 Mio. Playmobil-Packungen an die Kapazitätsgrenzen gelangte, entschied sich der fränkische Unternehmer für den Bau eines neuen Logistikzentrums in Herrieden im Landkreis Ansbach.
Rund 80 Mio. Euro investierte Deutschlands größter Spielwarenhersteller in den Neubau, der auf einem 18 ha großen Gelände nach knapp einem Jahr Bauzeit im Sommer 2014 in Betrieb genommen wurde. Das Logistikzentrum besteht aus acht Hallen und 100 Lkw-Ladetoren für den Warenein- und -ausgang mit einer Fläche von 90.000 m². Der Standort ist für die Lagerung, Kommissionierung, Konfektionierung und den weltweiten Versand von Playmobil-Spielzeug verantwortlich.
Dreischichtbetrien in Spitzenzeiten
Das Logistikzentrum gliedert sich in die Hallen 1 bis 3, in denen sich das Vorratslager befindet. Daran angeschlossen sind in Halle 4 und 5 das Kommissionierlager und das Versandlager. Insgesamt verfügen die Hallen 1 bis 5 über 80.000 Palettenstellplätze. Die Warenträgerproduktion in Halle 6 wird inzwischen in Halle 8 implementiert, sodass in den weiteren Hallen 39.000 Palettenstellplätze zur Verfügung stehen. Das Onlinegeschäft wird in Halle 7 abgewickelt. Insgesamt 250 Mitarbeiter sorgen im Zweischichtbetrieb, in Saisonspitzen sogar dreischichtig dafür, dass das Playmobil-Spielzeug schnell seinen Bestimmungsort erreicht. Um dies zu bewerkstelligen, benötigt das Unternehmen neben motivierten und zuverlässigen Mitarbeitern auch eine reibungslos funktionierende Logistik.
Im Gegensatz zum Werk in Dietenhofen, in dem Geobra Brandstätter auf automatische Lagerkonzepte mit Regalbediengeräten setzt, geht das Unternehmen im Playmobil-Logistikzentrum einen anderen Weg, der für höhere Flexibilität sorgen soll. Eine Schlüsselfunktion nehmen dabei Flurförderzeuge ein. Als es um die Anschaffung der Fahrzeuge ging, stellten namhafte Anbieter ihre Geräte und Konzepte vor. Bei der Entscheidung stand neben einer zuverlässigen und robusten Technik, hoher Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und Ergonomie auch das Servicekonzept der Anbieter im Fokus.
Dass Linde den Zuschlag erhielt, hatte mehrere Gründe: „Uns haben die technischen Eigenschaften der Linde-Fahrzeuge überzeugt. Sie decken sich perfekt mit unseren Anforderungen. Zudem haben wir in Dietenhofen mit Linde-Fahrzeugen sowie mit der Beratung und dem Service des Linde-Vertragspartners Müller Fördertechnik schon gute Erfahrungen gemacht“, sagt Robert Benker, Stiftungsvorstand bei Playmobil. „Wir müssen uns auf einen schnellen und kompetenten Service verlassen können, da wir uns Ausfälle nicht leisten können.“
Intelligentes Batteriewechselkonzept
Insgesamt hat Geobra Brandstätter 250 Linde-Fahrzeuge im Einsatz, die alle mit einem Servicevertrag gekauft wurden. Im Logistikzentrum in Herrieden bewältigen 120 Linde-Fahrzeuge den Materialfluss, darunter 29 modulare Schmalgang-Kombifahrzeuge K mit einer Tragfähigkeit von 1,5 t, sechs Schubstapler R14X mit einer Tragfähigkeit von 1,4 t, 32 Hochhubwagen L12 LSP mit Triplexhubmast, 30 Niederhub-Kommissionierer N20, fünf Niederhubwagen T20 SP, zwei Schlepper P50, je ein Elektrostapler E20 und E25 sowie ein Dieselstapler H35. Für den Service der Fahrzeuge sind zwei Linde-Servicetechniker verantwortlich, die an festen Tagen in der Woche für die Wartung oder anfallende UVV vor Ort stationiert sind. Klaus-Dieter Hampl, Logistikleiter bei Playmobil: „Die Firma Müller ist 24 Stunden für uns verfügbar, sodass Stillstandszeiten so kurz wie möglich sind.“
Gut beraten fühlen sich Benker und Hampl auch mit dem intelligenten Batteriewechselkonzept der Müller Fördertechnik. Im Logistikzentrum wurden zwei Batteriewechselstationen eingerichtet, die dafür sorgen, dass immer diejenige Batterie entnommen wird, die als erste den vollen Ladezustand erreicht hat. „Ein grüner Leuchtschalter zeigt dem Mitarbeiter an, welche Batterie er als erstes zu verwenden hat“, erklärt Harald Rippel, Fachberater bei Müller Fördertechnik. „Dies schont die Batterien, da es verhindert, dass Batterien entnommen werden, die noch nicht voll aufgeladen sind.“
Reibungsloser Materialfluss
Der Wareneingang befindet sich im Vorratslager. Hier werden alle Playmobil-Artikel aus den verschiedenen Werken sowie Zulieferteile, wie zum Beispiel Kartonagen, per Lkw angeliefert und über Verladetore entladen. Kartonagen für den Warenträgerbau werden, nachdem sie ins Lagerverwaltungssystem (LVS) eingebucht worden sind, von den Linde-Hochhubwagen L12 LSP direkt in die Halle 8 gebracht. Bei diesen Fahrzeugen steht der Fahrer schräg zur Fahrtrichtung und hat sowohl die Fahrstrecke als auch die Last immer sicher im Blick.
Alle Paletten, die für das Vorratslager bestimmt sind, werden auf eine Fördertechnik aufgesetzt. Bei Waren aus Dietenhofen, die 30 Mal am Tag per Lkw kommen, erfolgt die Lkw-Entladung auf die Fördertechnik automatisch. Die konventionelle Lkw-Entladung übernehmen Niederhubwagen T20 SP, die dazu mit extra langen Gabeln für die Aufnahme von zwei Paletten hintereinander ausgestattet sind. Auch hier steht der Fahrer schräg zur Fahrtrichtung. Auf der Fördertechnik werden die Paletten per Barcode identifiziert; dann wird ihnen ein Lagerort im Hochregallager (HRL) zugeteilt, das in Schmalgang-Bauweise ausgelegt ist.
Die Fördertechnik, die insgesamt 600 m lang ist und sich über die Hallen 1 bis 8 erstreckt, verbringt alle Paletten zu zwei Vertikalförderern, die diese auf eine in 7,5 m Höhe liegende Stahlbaubühne befördern, die mit dem HRL verbunden ist. In luftiger Höhe teilt sich die Fördertechnik in einen Ein- und einen Auslagerbereich (jeweils rechts und links von der jeweiligen Regalgasse). An den Übergabestationen zum Schmalganglager empfangen die modularen Schmalgang-Kombifahrzeuge Linde K die Paletten. Der Clou dabei: Die Ein- und Auslagerung der Paletten ins Regal erfolgt automatisch, denn die Fahrzeuge wurden mit der Linde-Lagernavigation teilautomatisiert.
Hohe Flexibilität und Skalierbarkeit
Das Schmalganglager verfügt über insgesamt 112.000 Palettenstellplätze, die sich auf 96 Gassen mit jeweils sechs Ebenen verteilen. Obwohl die Regalanlage konventionell betrieben wird, weist sie einen hohen Automatisierungsgrad auf, beginnend mit der Zubringung der Paletten über eine Fördertechnik bis hin zur teilautomatisierten Ein- und Auslagerung der Paletten mithilfe der Linde-Schmalgangfahrzeuge. „Wir wollten an unserem neuen Logistikstandort eine möglichst hohe Verfügbarkeit und Flexibilität erreichen. Diese hätte uns eine Lösung mit Regalbediengeräten (RBG) nicht bieten können“, erläutert Klaus-Dieter Hampl das Lagerkonzept.
„Fällt beispielsweise ein RBG wartungs- oder reparaturbedingt aus, steht die gesamte Gasse still. Ein Schmalgangfahrzeug kann dagegen durch ein anderes Fahrzeug ersetzt werden und der Betrieb in der Gasse läuft weiter.“ Zudem hat Playmobil vorgesorgt: Sollte man zukünftig eine vollständige Automatisierung wünschen, sind die Schmalgangfahrzeuge heute bereits für den automatischen Einsatz vorbereitet.
Die Navigationssoftware der induktiv geführten Schmalganggeräte ist über eine Schnittstelle mit dem LVS verbunden. Nachdem der Fahrer vom System den Fahrbefehl erhalten hat, Paletten ein- oder auszulagern, fährt er das Fahrzeug in die betreffende Gasse. Dort übernimmt das Gerät die Navigation und steuert den Lagerort – also die vorgegebene Längs- und Höhenposition – zentimetergenau an. Das Fahrzeug lagert automatisch ein beziehungsweise aus. Der Fahrer muss den Vorgang nur noch im System verbuchen, indem er den Befehl bestätigt. Lediglich den Gassenwechsel steuert der Fahrer eigenhändig. „Dank der Teilautomatisierung wird eine fehlerhafte Ein- oder Auslagerung ausgeschlossen, da alle Befehle vorgegeben werden“, sagt Jozo Dramac, Leiter System- und Regaltechnik bei Müller Fördertechnik. Bei der Auftragsvergabe sorgt das LVS für eine wegeoptimierte Ein- und Auslagerung. Die tägliche Umschlagleistung im Schmalganglager beträgt zwischen 2000 und 2500 Paletten.
Arbeitstiere mit Wohlfühlfaktor
Die Schmalgangfahrzeuge der K-Baureihe glänzen neben ihrer hohen Leistungsstärke auch in Sachen Ergonomie und Sicherheit. Ein Faktor, der bei Playmobil eine wichtige Rolle spielt. Alle Geräte sind optional mit einem geteilten Bedienpult (rechts und links des Fahrers) ausgestattet. Dieses erleichtert beim Kommissionieren den Zugriff nach vorn auf die Palette. „Bei Playmobil, wo die Fahrer nicht kommissionieren, ermöglicht es ihnen, das Gerät rückenschonend sowohl im Stehen als auch im Sitzen zu bedienen“, so Dramac. „Im Sitzen braucht der Fahrer nicht nach vorne zu greifen, sondern er kann bequem und ergonomisch die Bedienhebel, die rechts und links in den Armlehnen integriert sind, nutzen.“
Mithilfe des Schwenkschubs, der innerhalb der Gasse gedreht werden kann, erreicht das Hubgerüst sicher die oberste Regalebene auf einer Höhe von 10,2 m. Außerhalb der Regalgänge sind die Geräte abgeriegelt. Das heißt, aus Sicherheitsgründen kann der Fahrer das Hubgerüst während eines Gangwechsels nicht ausfahren. Es lässt sich erst wieder bedienen, wenn das Fahrzeug den Gang erreicht hat.
Nach der Auslagerung aus dem Vorratslager werden die Paletten per Fördertechnik in die Halle 3 gebracht. Hier wird über das weitere Palettenhandling entschieden: Bei Aufträgen, die aus Vollpaletten und kommissionierter Ware bestehen, werden die Vollpaletten zwischengelagert, bis die kommissionierte Ware bereitsteht. Paletten, die für das französische Tochterunternehmen vorgelagert werden, palettiert man hier vor dem Versand um, da Frankreich keine Europaletten tauscht. Paletten mit Kommissionierware kommen direkt ins Kommissionierlager in Halle 4.
Flotte Kommissionierung mit Linde-Niederhub-Kommissionierern
Das Kommissionierlager in Halle 4 ist als Breitganglager ausgelegt und besteht aus zwölf Regalgängen mit je drei aktiven Ebenen. Alle Waren, die hier lagern und papierlos kommissioniert werden, sind für den Fachhandel bestimmt. Für die Kommissionierung sind die Linde-Niederhub-Kommissionierer N20 verantwortlich. Diese flitzen geschäftig und wendig durch die Regalgänge, um die kommissionierten Artikel zu den 24 Packplätzen zu transportieren. Das 4 mm dicke Stahlchassis des Geräts sorgt dabei für hohe Sicherheit und die vollgefederte Plattform mit rutschfester Gummiauflage bietet dem Fahrer einen hohen Komfort beim Kommissionieren.
Die für den Versand kommissionierte Ware für den Fachhandel wird kartonweise über eine Fördertechnik zu zwei Verladetoren verbracht. Hier packt ein Mitarbeiter die Pakete per Hand in den Lkw. Alle anderen Verladetore der Halle 4 sind für Terminware bestimmt, deren Auslieferung ein Dienstleister übernimmt. Für die Lkw-Beladung sind die Hochhubwagen L12 LSP verantwortlich, die auch für den Doppelstockeinsatz genutzt werden können.
Dreistufige Lagerung im Versand
Im Versandlager wird der gesamte Warenausgang für das Ausland abgewickelt. Es gliedert sich in Schmalgang-, Breitgang- und Durchlaufregallager. Das Breitganglager dient als Vorratslager für den Versand, das heißt, alles, was heute plus zwei Tage nicht abfließt, wird hier gelagert. Es besteht aus insgesamt 18 Gassen mit jeweils vier Ebenen.
Das Breitganglager ist Wirkungsstätte der sechs Linde-Schubstapler der X-Range. Mit dem Schubstapler hat Linde ein neuartiges Fahrzeugkonzept im Programm, bei dem sich die Batterie unter dem Arbeitsplatz befindet. Der Fahrer profitiert so von einem besonders großzügigen Platzangebot. Im Unterschied zum Schubmaststapler, bei dem sich der Mast beim Ein- und Auslagern der Paletten entlang der Radarme bewegt, steht der Mast beim Schubstapler fest an der Kabine. Hierdurch ist das Fahrzeug sehr kompakt und verfügt über eine hohe Resttragfähigkeit. Da nicht mehr der Mast, sondern nur noch der Gabelträger bewegt wird, entstehen kurze, schnelle Schubbewegungen, die den Ein- und Auslagervorgang beschleunigen und den Energieverbrauch reduzieren. Die Mastprofile liegen weit auseinander und bieten eine hervorragende Sicht auf Fahrbahn und Last.
60 % des Umsatzes in der Weihnachtszeit
„Mit den Schubstaplern kann doppelt so schnell ein- und ausgelagert werden wie mit einem konventionellen Schubmaststapler, da sie direkt ans Regal heranfahren können“, so Klaus-Dieter Hampl. Im Schmalganglager werden neben Waren für das Auslandsgeschäft auch Bestellungen von Großkunden, wie zum Beispiel Amazon, für die Auslieferung vorbereitet. Das Lager verfügt über 9000 Palettenstellplätze und wird ebenfalls mit Schmalgang-Kombifahrzeugen bedient. Die Fahrzeuge lagern die Waren über eine Bereitstellungsfläche vor dem Regal ein beziehungsweise aus. Die Andienung erfolgt mit Linde-Hochhubwagen, die auch den Transport ins Durchlaufregal übernehmen. Das Durchlauflager wird für die Lagerung von Waren genutzt, die heute plus zwei Tage verschickt werden. Es verfügt über 1420 Stellplätze, was einer Ladung von circa 42 Lkw entspricht.
„Mit dem maßgeschneiderten Logistikkonzept in unserem neuen Playmobil-Logistikzentrum sind wir für die Zukunft sehr gut gerüstet“, bilanziert Robert Benker. „Gerade im Weihnachtsgeschäft erwirtschaftet die Spielwarenbranche 60 % ihres Umsatzes. Dann braucht man viel Platz, um die Ware für die Saison vorzuhalten. Wir haben nun die nötigen Kapazitäten sowie reibungslose Prozesse geschaffen, um auch Saisonspitzen oder weiteres Wachstum problemlos abwickeln zu können.“ ■
* Patrick Ebert ist Leiter Produktmarketing & Linde Akademie bei der Linde Material Handling GmbH in 63743 Aschaffenburg, Tel. (0 60 21) 99-12 77, heike.oder@linde-mh.de
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