Expertenbeitrag

lic.rer.publ. Ariane Rüdiger

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Freie Journalistin, Redaktionsbüro Rüdiger

Internet of Things IoT-Anwendungen im Kommen

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Ulrike Ostler

Internet of Things (ioT) ist mehr als Kühlschränke, die auf eigene Faust Waren bestellen. Auch für Industrie und Logistik sind eine Fülle von sehr unterschiedlichen Anwendungen machbar, wie zum Beispiel Knapp und Pro Glove zeigen.

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Die IoT-Anwendungen kommen - eventuell aus einem Intel-Labor.
Die IoT-Anwendungen kommen - eventuell aus einem Intel-Labor.
(Bild: TUNINGFOTOJOURNAL/ Fotolia.com)

Das Internet of Things gilt als einer der großen IT-Wachstumstreiber der nächsten Jahre. Allerdings fehlt eine „Killer-App“ wie die Kommunikation mit dem Smartphone, die die Technologie auf einen Schlag unentbehrlich machen könnte. Vielmehr entwickeln sich sehr spezifische Anwendungen auf unterschiedlichen Feldern. Allen ist jedoch gemeinsam, dass sie Schnittstellen und Standards oder zumindest eine Middleware als Kitt zwischen den einzelnen Komponenten, seien es nun Endgeräte oder Services, brauchen. Zweite unumgängliche Zutat ist eine tüchtige Portion Innovationsgeist, um aus den Startlöchern zu kommen.

Letzteren zeigt Intel, das großes Interesse an dem neu entstehenden Marktsegment entwickelt, durch die Errichtung von insgesamt acht „IoT-Ignition-Labs“ an verschiedenen Standorten in Europa sowie in Haifa (Israel) und Dubai. In diesen Brutstätten der Innovation wird gemeinsam mit Partnern an neuen Anwendungen und Ideen für das IoT-Zeitalter getüftelt.

Partner-Innovationen aus dem Intel-Labor

Die können sowohl von neuen Playern als auch von bereits etablierten Unternehmen kommen. „Hier zeigen wir, was mit der Expertise von Intel und seinen Partnern möglich ist“, sagt Louise Summerton, die Leiterin der acht Intel-Labs zum Thema IoT.

So suchte der Logistikspezialist Knapp nach Möglichkeiten, den Service für die eigenen Kunden und gleichzeitig die Kosten für die Service-Dienstleistung zu verringern. Heraus kam dabei eine Datenbrille mit angeschlossenem tragbaren Mini-PC, die damit ausgerüstete Mitarbeiter dank austauschbarer Batterie-Packs einen ganzen Arbeitstag am Stück tragen können.
Die Brille wird auf zwei Feldern eingesetzt: Picker im Lager finden mit ihrer Hilfe schneller die gesuchten Güter, Servicetechniker erhalten die gerade nötigen Informationen für ihre Aufgabe beim Kunden direkt vors Auge und können dadurch schneller und präziser arbeiten. Die Fehlerrate verringert sich dadurch, so Nicolas Tsirigotis, Vertriebsleiter des Vision-Bereichs bei Knapp, um 15 bis 25 Prozent.

Ein anderes Beispiel für einen etablierten Anbieter, der im B2B-Segment in den IoT-Markt einsteigt, ist der Embedded-Spezialist Kontron. Der Hersteller hat mit dem IoT-Gateway „KBox A-201/A202“ gerade sein erstes reinrassiges IoT-Produkt auf den Markt gebracht.
Bei einem Kunden aus der Textilbranche konnte der Ausschuss aufgrund von Maschinenfehlern, durch die Hemdenstoffe nicht gesäumt werden, beträchtlich verringert werden: Arbeitet die Maschine fehlerhaft, meldet dies das Gateway sofort an eine Salesforce-Plattform, die wiederum den räumlich nächsten Servicespezialisten benachrichtigt. Der behebt den Fehler so schnell wie möglich. „Das ist unser erster Schritt zur Predictive Maintenance“, sagt Amanda Holdau-Sinisi, Global Marketing Manager bei Kontron.

Der multifunktionale Datenhandschuh von Pro Glove ersetzt den Barcodes-Sanner am Montageband.
Der multifunktionale Datenhandschuh von Pro Glove ersetzt den Barcodes-Sanner am Montageband.
(Bild: Rüdiger)

Der Startup Pro Glove hat einen Datenhandschuh entwickelt, der Sensoren, Bildschirm, akustische Ein- und Ausgabe, Barcode-Scanner und noch zahlreiche andere Features hat. Das Team des jungen Unternehmens, das zu den Finalisten des IoT-Startup-Wettbewerbs „Challenge Up“ gehört, hat enge Verbindungen zu BMW.
Dort erspart der Handschuh den Mitarbeitern das zeitraubende und umständliche Hantieren mit einem separaten Barcode-Scanner, was jeden Montageschritt um einige Sekunden beschleunigt – einzeln betrachtet ist das wenig, hochgerechnet auf den gesamten Montageprozess jedoch ein beträchtliches Zeit- und damit Geldvolumen.

Azeti hat mit „Sonarplex“ eine Technologie entwickelt, die auch im Rechenzentrum eingesetzt wird. Der Softwaremonitor überwacht alle mit Ethernet angebundenen Systeme, die möglichst nicht ausfallen dürfen. Die Management-Konsole lässt sich auf PCs, Laptops und Smartphones anzeigen.
Daten werden regelbasiert und in festgelegten Zeiträumen abgefragt. Regeln lassen sich zu Szenarien bündeln und definierte Ereignisse werden regelgesteuert ohne weiteren Eingriff ausgelöst, sobald die Bedingungen der Regel erfüllt sind. Deshalb benötigt das Bedienpersonal weniger Qualifikation als bisher. Das bestehende System muss für die Installation der Monitoring-Lösung nicht verändert werden.

Njoin bietet mit seiner Lösung Fabriken eine Möglichkeit, die in Massen anfallenden Daten aus den Sensoren und anderen Datenquellen in der Fabrik intelligent auszuwerten. Ziel sei es nicht etwa, das Fabriksteuerungspersonal zu ersetzen, betont Haim Piratinskiy, Gründer und CEO, sondern es wirksam beim Umgang mit der unübersichtlichen Datenflut zu unterstützen. Dafür sind keine Modifikationen an der Fabrik-Infrastruktur nötig.

An den Ports des Auswerte-Servers, wo die Daten in die zentrale Fabriksteuerung fließen, wird jeweils eine Art Agent angebracht, der alle Daten sammelt und in Echtzeit an das lernende Analysesystem weitergibt. Die Daten mehrerer Fabriken können in der Cloud verarbeitet und so beispielsweise verglichen werden. Das System liefert unterschiedliche Sichten für die Fachleute, die die Produktion steuern, Fabrik- und Firmenleitung.

Wider den Protokollwirrwarr

Dem großen Problem fehlender Standards und Protokolle widmen sich ebenfalls eine ganze Reihe von Unternehmen.

„Daten- und Kundenhoheit bleiben wo sie sind, wir machen den Rest“, sagt Dr. Dirk Schlesinger, CEO Mozaiq Operations GmbH.
„Daten- und Kundenhoheit bleiben wo sie sind, wir machen den Rest“, sagt Dr. Dirk Schlesinger, CEO Mozaiq Operations GmbH.
(Bild: Rüdiger)

Ein Beispiel ist der Startup Mozaiq. Anteilseigner sind Cisco, ABB und Bosch. Mozaiq möchte den Anbietern von IoT-Services eine Rundum-Glücklich-Plattform für ihre Dienste bereitstellen.
Dazu gehört nicht nur Middleware, die beliebige Geräte mit beiliebigen Services der unterschiedlichen Provider verbindet, sondern auch der Betrieb entsprechender Serviceumgebungen. „Die Serviceprovider behalten ihre Kunden- und Datenhoheit, um alles andere kümmern wir uns“, beschreibt Dr. Dirk Schlesinger, CEO von Mozaiq Operations, das Geschäftsmodell des Unternehmens.
Es sieht sich als eine Art Clearinghouse für IoT-Services, zuständig für alles vom Betrieb der Umgebung bis zur Abrechnung. Eine Minimalvariante der Lösung ist bereits erhältlich, in vollständigem Funktionsumfang gibt es Mozaiq ab dem ersten Quartal 2016. Zudem wird das Unternehmen einen zweiten, als eingetragenen Verein strukturierten Bereich haben, wo Mozaiq zusammen mit beliebigen Partnern gleichberechtigt neuartige Technologien und Applikationen entwickeln will.

Auch das polnische Unternehmen Oort hat sich mehr Vereinheitlichung zum Ziel gesetzt und ermöglicht es mit seiner Software, beliebige Geräte IoT-ready zu machen, ohne dass der Hersteller dafür das Design ändern muss. Das könnte vielen Produzenten zukünftig intelligenter Geräte viel Arbeit ersparen.

Die Architektur des Nomos-Systems trennt die Endkundensphäre sicher von der Third-Party-Service-Anbieter und vereinheitlicht gleichzeitig den Protokollwirrwarr.
Die Architektur des Nomos-Systems trennt die Endkundensphäre sicher von der Third-Party-Service-Anbieter und vereinheitlicht gleichzeitig den Protokollwirrwarr.
(Bild: Nomos)

Als Dritter im Bunde der Middleware-Anbieter sei noch die Schweizer Firma Nomos genannt. Sie beschäftigt sich damit, über ihr System nOS Geräte, die auf Basis der unterschiedlichsten Protokollstapel arbeiten, in eine einheitliche IoT-Umgebung zu integrieren. „Wir haben derzeit über 25.000 Protokoll-Stacks im Angebot“, sagt Mitgründer Bernhard Hüssy.
Die Daten aus den Endgeräten werden dabei über die „Nomos IoT Engine“, eine Applikation auf Linux oder OSX, über ein spezielles Messaging-Protokoll an die Benutzerschnittstelle, das Administrationsportal der Geräte und einen Cloud-Server geleitet. Nur über diesen Cloud-Server sind die Daten für externe Serviceprovider zugänglich, die auf ihrer Basis Dienstleistungen anbieten können.
Direkte Zugriffe der Serviceprovider auf Daten und Endgeräte von Kunden sind nicht vorgesehen. Der Clou der Lösung ist eine für den Anwender unsichtbare Protokoll-Engine, die unterschiedliche Protokolle in ein systemweit einheitliches Protokoll umsetzt.

IoT in der Öffentlichen Hand

Auch der öffentliche Sektor kann von IoT profitieren, wie der israelische Startup Hipark beweist. Er will den Parksuchverkehr minimieren, der einen großen Teil des innerstädtischen Verkehrsaufkommens ausmacht. Die Idee: Einige hundert Taxifahrer pro Ort werden mit einem speziellen Kamera-Smartphone ausgerüstet oder verwenden ihre eigene Smartphone-Kamera samt Hipark-App, um gewissermaßen automatisch im Vorüberfahren jeglichen freien Parkplatz zu lokalisieren.

Alle freien Parkplätze werden in einer über die Cloud zugänglichen Karte der jeweiligen Gegend in Echtzeit gespeichert und können von den Teilnehmern des Service sofort angesteuert werden. Gründer Amanda Holdan: „Parkplätze sind erst der Anfang, wir können uns für diese Lösung noch viele andere Anwendungsfelder vorstellen.“

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