Grundlagen Just-in-time-Beschaffung & -Produktion: Verfahren, Vorteile, Beispiele
Mit einer Just-in-time-Beschaffung können Betriebe ihre Produktionskosten senken. Hier lesen Sie, welche Voraussetzungen die Logistik dafür erfüllen muss!
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Pünktlichkeit ist in der Herstellung und der Produktion komplexer und vielteiliger Produkte außerordentlich wichtig. Um Lagerkosten zu sparen und gleichzeitig die Fertigung aufrechtzuerhalten, muss jedes Bauteil just in time am Montageort sein. Damit das klappt, braucht es die Zusammenarbeit aller Lieferanten und Supply-Chain-Verantwortlichen. Sie stellen auf kurzfristigen Abruf die benötigten Bauteile zur Verfügung.
Das Just-in-time-Vefahren an einem Beispiel erklärt
Wie die Just-in-time-Beschaffung funktioniert, lässt sich an einem Beispiel erklären: Stellen Sie sich vor, sie produzieren einfache Kisten. Sie bieten sie in mehreren Farben, Materialien und mit verschiedenen Verschlüssen an. Sobald Ihre Kunden bestellt haben, erfassen Sie die georderten Varianten und wissen...
...wie viele Bauteile welche Farbe besitzen,
...wie viele Bauteile aus welchem Material bestehen,
...welche Anzahl an Verschlüssen Sie benötigen
Dementsprechend planen Sie Monteure zur Fertigung der Waren ein. Wenn Sie und Ihre Lieferanten in puncto Just-in-time-Beschaffung nun alles richtig gemacht haben, stehen Ihren Arbeiter(innen) die Bauteile exakt dann zur Verfügung, wenn sie gebraucht werden. Ihre Monteure müssen nur noch zugreifen. Sie sparen also dreifach Kosten:
Einerseits entstehen keine Lagerkosten. Andererseits entfällt der Zeitaufwand für innerbetriebliche Wege, um sich die Teile erst aus den Lagern besorgen zu müssen. Außerdem kommt es durch das perfekte Timing nicht zu Stillstand in Ihrer Fertigung.
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Vor- und Nachteile des Just-in-time-Verfahrens
Herausragendstes Merkmal des Produktionsprinzips just in time ist die Verminderung des logistischen Aufwands. Vorteile der Just-in-time Beschaffung sind:
- Einsparungen in der Lagerhaltung (Platz und Organisation)
- Bedarfsorientierte Bauteilversorgung ohne Kapitalbindung
- Beschleunigung des Herstellungsprozesses
- Selbsterklärende Montage am Montageort
- Vermeidung von „Ladenhütern“ durch Abrufabhängigkeit
- Minderung der Arbeitskosten durch geringeren Zeitaufwand bei der Beschaffung
Bei der Entscheidung, ob Ihre Produktion just in time oder auf andere Art organisiert wird, sind jedoch auch die Nachteile des Verfahrens zu beachten:
- Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Lieferanten
- Risikoreicher Einfluss äußerer Faktoren wie Stau, Streik und Witterung
- Worst Case: Stillstehende Produktion wegen fehlender Bauteile
- Just-in-time-Beschaffung ist von fehlerfreier und lückenloser Kommunikation abhängig
Das Just-in-time-Verfahren kann seine Vorteile letztlich nur ausspielen, wenn jedes Rädchen dauerhaft und ständig ins andere greift. In der betrieblichen Kalkulation ist neben den Einkaufspreisen die Nachschubsicherheit der entscheidende Parameter. Just-in-time-Beschaffung und -Produktion optimieren den Materialfluss und reduzieren die Prozessdurchlaufzeiten von der Bestellung bis zur Auslieferung.
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Bedingungen und Voraussetzungen für just in time
Nicht in allen Fällen ist just in time das effektivste logistische Verfahren. Es setzt einige Rahmenbedingungen voraus, ohne die es seine betriebswirtschaftlichen Vorteile nicht entfaltet. Um zu prüfen, ob just in time für Ihre Branche, Ihr Produkt und Ihren Herstellungsprozess geeignet ist, helfen folgende Fragestellungen:
- Wie groß ist die Bandbreite Ihrer Produkte und die Streuung der benötigten Bauteile?
- Wie hoch ist Ihr Produktausstoß in nachgefragter Menge?
- Existiert eine kontinuierliche Nachfrage oder sind starke Saisonschwankungen üblich?
- Wie teuer sind (Lager-)flächen an Ihrem Produktionsstandort?
- Wie aufwendig oder einfach ist die Umrüstung im Montageprozess?
- Stehen ausreichende und zuverlässige Lieferanten zur Verfügung?
- Sind Qualitätsmängel bei der Just-in-time-Beschaffung ohne Prozessunterbrechung behebbar?
- Verfügen Sie über eine leistungsfähige und sichere Kommunikationsinfrastruktur?
Just-in-time-Verfahren sind eigentlich auf eine Produktion ohne Lagerbestände angelegt. Um unvorhergesehene Produktionsausfälle zu verhindern, braucht es aber immer auch Pufferkapazitäten im Logistiklager. Deren Umfang ist stark abhängig von den jeweiligen Bauteilen. Schrauben und Muttern lassen sich auch in hohen Mengen auf kleinem Raum verstauen. Anders sieht da natürlich bei Maschinengehäusen und weiteren umfangreicheren Elementen aus.
Abgrenzung zu just in sequence
Just in time ist ein fließendes Konzept, mit dem der Produktionsaufwand in Summe verringert wird. Statt der reinen Abruflieferung können Lagerbestände im Just-in-time-Verfahren exakt gesteuert werden. Als Weiterentwicklung wird eine Sequenzierung der Bauteillieferungen vorgenommen. Das heißt: In Just-in-sequence-Systemen erfolgt zusätzlich eine Vorsortierung, die der Reihenfolge bei der Montage entspricht.
Für jedes zu montierende Produkt liegen die für diesen einzelnen Auftrag benötigten Bauteile zum Montagezeitpunkt bereit. Der Monteur greift also nicht mehr in Paletten mit vielen Teilen und kombiniert sie, sondern ihm steht bei jeder Montage der vorsortierte Satz an Bauteilen zur Verfügung. Diese Vorsortierung reduziert den Montageaufwand zwar zusätzlich, führt aber bei Fehlern und Qualitätsmängeln sofort zur kompletten Blockade der Produktion.
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Beispiele für den Einsatz von Just-in-time-Beschaffung
Just-in-time-Verfahren werden in erster Linie in der Fahr- und Flugzeugproduktion angewendet. DieFließbandfertigung von Autos, erfunden von Henry Ford, hatte zuerst nur das Ziel, in möglichst geringer Zeit möglichst viele Endprodukte zu montieren. Mit der zunehmenden Diversifizierung der Ausstattungen und Modelle stieß das einfache Lagerhaltungssystem schnell an seine Grenzen. Der Produktionsleiter Taiichi Ohno entwickelte deshalb für den japanischen Autobauer Toyota das Just-in-time-Verfahren sowie das Kanban-System. In der Automobilindustrie wird heute etwa ein Drittel aller Bauteile just in time geliefert. Schnell adaptierten Hersteller von Computern und Unterhaltungselektronik das Verfahren.
Effektive Materialwirtschaft durch die ABC-Methode
Bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Just-in-time-Verfahren ist die ABC-Analyse (auch Pareto-Analyse) hilfreich. Dabei werden die Bauteile und das Zubehör in drei Gruppen klassifiziert. Zur Güterklasse A zählen teure und hochwertige Bauteile, die Klasse B besteht aus Waren mit mittlerem Wert. In der Klasse C sind Massenbauteile mit geringem Wert eingruppiert.
Beispiel: Vormontierte Platinen und Steuerteile gehören der Gruppe A an, Gehäuse und Verkleidungselemente in den meisten Fällen B und Schrauben zur Klasse C.
Just in time lohnt sich fast ausnahmslos bei Gütern der Klasse A. Der Klasse B zugerechnete Bauteile müssen einzeln geprüft und A oder C zugeordnet werden. Klasse C ist für just in time nicht geeignet.
Bedeutung der Ver- und Umlagerung von Gütern
Die in der herkömmlichen Lagerwirtschaft am Produktionsort eingelagerten Bauteile sind bei just in time zu einem größeren oder kleineren Teil in Bewegung. Je nach Lieferdistanz und Frequenz entstehen „rollende Lagerkapazitäten“. Um Risiken möglichst gering zu halten, werden die Wege für die Just-in-time-Beschaffung von vielen Unternehmen verkürzt. Zulieferer siedeln sich rund um das Zielunternehmen an und in idealen Fällen sind sie direkte Nachbarn.
Supranationale Risiko- und Wirtschaftsfaktoren
Je internationaler das Just-in-time-Netzwerk aufgestellt wird, desto stärker wachsen die potenziellen Störfaktoren. Während im mitteleuropäischen Binnenverkehr vor allem verkehrstechnische Eventualitäten berücksichtigt werden müssen, kommen im Welthandel politische Verwerfungen und Umweltkatastrophen hinzu. Im Schatten der öffentlichen Berichterstattung über das japanische Erdbeben 2011 beispielsweise, das in Fukushima eine nukleare Katastrophe auslöste, rissen für viele international vernetzte Unternehmen die Just-in-time-Lieferketten.
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