Transportrecht Ladungssicherung im Fokus
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Trotz gesetzlicher Rahmenbedingungen ist es stets eine Frage der gesamten Umstände des Einzelfalls, welche Partei für Güterschäden haftet, die aufgrund einer mangelhaften Qualitätsleistung bei der Lkw-Ladungssicherung entstehen. So liegen die Dinge im folgenden Fall:

Ein Transportkunde beauftragte einen Fixkostenspediteur, elektronische Schaltschränke zu transportieren, um sie dem rechtmäßigen Empfänger in Deutschland zuzustellen. Wiederum vergab der Fixkostenspediteur den Beförderungsauftrag an einen Frachtführer, dessen Fahrer den Transport durchführte. Am Ende des Tages lieferte der Fahrer einen der übernommenen Schaltschränke, der auf einer Palette stand, im beschädigten Zustand ab. Die Parteien stritten darüber, wer die Beschädigung zu vertreten hatte.
Der Transportkunde reichte den Schaden bei seinem Transportversicherer ein, der den Regress gegenüber dem Fixkostenspediteur einleitete, jedoch erfolglos. Letztlich klagte der Transportversicherer beim Landgericht (LG) Stuttgart auf Schadensersatz. Allerdings ohne Erfolg, denn das LG hatte die Klage abgewiesen. Nach der Befragung des Zeugen „P“, Lagermitarbeiter des Absenders, habe der Lkw-Fahrer bei der Verladung mitgewirkt, indem er den „Hubwagen gesucht habe“, um Schaltschränke auf den Lkw zu laden. Der Zeuge „P“ habe gesehen, dass sich der Lkw-Fahrer die erste Palette genommen habe, ohne dass er eingriff. Das LG sei davon überzeugt gewesen, dass die Hoheit über die Verladung beim Absender, das heißt beim Transportkunden gelegen habe. Denn der Zeuge „P“ hätte den Verladeprozess jederzeit „unterbinden“ können.
Lkw-Fahrer als Erfüllungsgehilfe
Darüber hinaus meinte das LG, dass der Fahrer mit dem Absender keine von § 412 Handelsgesetzbuch (HGB), Absatz 1 Satz 1 abweichende Regelung treffen könne. Aussagen weiterer vernommener Zeugen führten ebenso nicht zur Erkenntnis, die auf eine vertragliche Pflicht des Fixkostenspediteurs zur Verladung der Schaltschränke hindeute. Der Absender habe dem Fahrer mitgeteilt, welche Paletten verladen werden sollten. So sei der Ablauf zu 99 Prozent der vorherigen Fälle gewesen. Letztlich sei der Lkw-Fahrer als Erfüllungsgehilfe des Absenders tätig geworden. Eine eigenverantwortliche Ladung durch den Fahrer des Frachtführers liege nicht vor, so das LG.
Der Rechtsstreit ging in die zweite Runde, denn der Transportversicherer legte Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart ein. Das OLG entschied am 25. August 2021, dass die Berufung zulässig, jedoch unbegründet gewesen sei (AZ: 3 U 91/20). Dem Kläger stehe gemäß § 459 Satz 1, 425 Absatz 1, 429, 435 Absatz 1 HGB sowie nach § 398 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der eingeklagte Schadensbetrag in Höhe von 20.530 Euro zuzüglich Gutachterkosten in Höhe von 606,22 Euro nicht zu.
Begründung der Klageabweisung
Das erste Argument, das zur Klageabweisung führte, sei die Tatsache gewesen, dass der Ladungsschaden nicht im Gewahrsam des beklagten Fixkostenspediteurs, das heißt zwischen der Ladungsübernahme beim Absender und der Zustellung beim Empfänger, eingetreten sei, so das Gericht. Als zweites Argument war nach Überzeugung des OLG festzustellen, dass die Beschädigung vor Transportbeginn eingetreten sei. Als drittes Argument führte das OLG an, dass der Absender, jedoch nicht der Fixkostenspediteur, die beförderungssichere Verladung der Schaltschränke schuldete. Darüber hinaus führte das Gericht als vierten Grund für die Klageabweisung an, dass kein Haftungsfall für den Fixkostenspediteur dadurch eintrete, dass der Lkw-Fahrer des Frachtführers als „Hilfsperson“ vor Beendigung der Verladung des Guts, die der Absender nach § 412 Absatz 1 Satz 1 HGB schulde, Unterstützung leiste.
Oberaufsicht alleine beim Absender
Denn aus diesem Umstand folge nicht automatisch, dass der beauftragte Frachtführer die Ladung gemäß § 425 HGB bereits in seine Obhut nehme. Als fünften Grund meinte das OLG, dass die Gestellung eines Lkw, der mit einer Ladebordwand ausgestattet sei und in dem sich ein Flurförderzeug zur Verladung von Gütern des transportausführenden Frachtführers befinde, eine Verpflichtung zur beförderungssicheren Verladung zulasten des Fixkostenspediteurs nicht bewiesen sei. Die Frachtparteien haben nicht vereinbart, dass für die Verladung ein Hebebühnenfahrzeug zur Verfügung zu stellen sei. Am Ende des Tages habe die Oberaufsicht der Verladung allein beim Absender gelegen, so das OLG in seiner weiteren Entscheidungsbegründung.
Kein Übergang der Verantwortung
Fazit: Ein Lkw-Fahrer, der dem Absender bei der Verladung helfend unter die Arme greift, bewirkt nicht, dass die Verantwortung für die beförderungssichere Beladung auf den Vertragspartner des Absenders übergeht. Wenn der Ladungsschaden außerhalb des Gewahrsams des Frachtführers eintritt, so wie im vorliegenden Fall geschehen, so haftet weder der transportausführende Frachtführer gegenüber seinem Vertragspartner, hier dem Fixkostenspediteur, noch der Letztere gegenüber seinem Vertragspartner, hier dem Transportkunden/Absender des Gutes. (bm)
* Eckhard Boecker ist freier Autor in 25451 Quickborn
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