In Digitalisierung investieren Leasing oder Kredit? Das müssen Sie wissen
Jährlich gibt ein KMU knapp 145.000 Euro für Industrie 4.0 aus. Dabei kommt es auf die richtige Finanzierungsform an. Wann Sie ein Leasing und wann Sie eine Kreditfinanzierung in Betracht ziehen sollten.
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Ein metallisches Pfeifen, schon saust das Regalbediengerät los. Mit 6 m/s geht es durch die Regalschluchten und vorbei an Zehntausenden Behältern. Dann bremst es abrupt ab – hier ist es richtig. Blitzschnell fährt es seinen Arm in die Höhe und zieht eine Kiste mit Kabeln, Sensoren und weiteren Elektronikbauteilen hervor. Schon ein paar Sekunden später hat es alles vorne am Kommissionierbereich abgesetzt.
Tausende solcher Fahrten macht das Regalbediengerät jeden Tag. Es ist eines von insgesamt acht im neuen automatischen Kleinteilelager von BLG Logistics. Hier, in Meerane bei Chemnitz, lagert der Kontraktlogistiker Materialien zur Produktion von Kabelbäumen für Elektrofahrzeuge. Die Anlage ist vernetzt mit den Automobilproduzenten der Region und stellt Waren genau dann bereit, wenn sie dort in der Fertigung gebraucht werden. Möglich machen es eine intelligente Software und Sensorik.
Gekostet hat BLG die Anlage knapp 10 Mio. Euro – damit ist das Unternehmen eines von zehntausenden in Deutschland, die ihre Produktion beziehungsweise Logistik mit Investitionen in digitale Technologien fit für die Zukunft machen. Experten von Siemens Financial Services schätzen, dass Betriebe weltweit bis 2024 mehr als 330 Mrd. Euro für intelligente Fabriken ausgeben werden. Schon heute investiert ein durchschnittlicher Mittelständler dafür jedes Jahr knapp 145.000 Euro. Fast 90 Prozent der Ausgaben kommen dabei aus internen Mitteln.
Leasing nach dem „Pay-as-you-earn-Prinzip“
„Eigenkapital ist allerdings der teuerste Weg, in Industrie 4.0 zu investieren“, weiß Ingo Prüsch, Leiter Treasury bei BLG. „Es ist knapper und deutlich risikoreicher als Fremdkapital.“ Als interner BLG-Bänker sucht Prüsch deshalb nach den besten Finanzierungsmöglichkeiten und handelt Konditionen mit Banken und Leasing-Dienstleistern aus. Ein Teil der Investitionen wird über Eigenkapital finanziert, der Rest kommt von extern.
Beim AKL in Meerane entschied sich BLG für ein Angebot der Deutschen Leasing, der bundesweit größten hersteller-unabhängigen Leasing-Gesellschaft. Es funktioniert nach dem Pay-as-you-earn-Prinzip. Die Leasingraten stehen dabei in Abhängigkeit zu den Einnahmen, die das Investitionsobjekt planmäßig erwirtschaftet. Das Unternehmen zahlt zudem erst ab Beginn der Nutzung. Das Kleinteilelager soll sich damit von selbst finanzieren. „Dieses Modell schont unsere Liquidität und gibt uns finanzielle Handlungsspielräume für andere Digitalisierungsvorhaben“, erklärt Prüsch.
Neben Pay-as-you-earn gibt es noch weitere Leasing-Konzepte am Markt. Besonders beliebt ist Pay-per-use. Dabei zahlt der mietende Industriebetrieb für jeden einzelnen Einsatz der Maschine. Wird viel produziert, fallen auch höhere Kosten an.
Unabhängig vom Prinzip gilt aber: Die Aufwände durch Leasingraten sind in der Regel höher als die klassische Abschreibung und der Zinsaufwand aus Kreditfinanzierungen. Deshalb lohnt sich Leasing vor allem für Betriebe, die die Ausgaben Steuer-reduzierend ansetzen wollen. Die Vertragsdauer beträgt dabei in der Regel zwischen 40 und 90 Prozent der gewöhnlichen Abschreibungsdauer. Unternehmen mit hoher Liquidität können diese in Richtung der 40 Prozent verschieben, sich also für höhere Raten entscheiden, und die Beträge auf ihr Jahresergebnis anrechnen lassen. Aber Achtung: Leasing-fähig sind nur solche Maschinen und Anlagen, die am Ende ihre Nutzungszeit auch wieder ausgebaut werden können. Sie dürfen kein fester Teil des Gebäudes werden.
Wann sich eine Kreditfinanzierung rentiert
Für solche Investitionen eignet sich stattdessen der klassische Kredit. Doch diese Finanzierungsform hat noch weitere Vorteile:
- Anders als beim Leasing gibt es bei Krediten die Möglichkeit für Sondertilgungen. Betriebe mit starker Liquidität können so Ihre Verbindlichkeiten mit einem jährlichen Zusatzbetrag schneller begleichen.
- Kredite sind nicht an Laufzeitregeln gebunden. Dagegen muss die Leasingdauer 40 bis 90 Prozent der Abschreibungsdauer der Maschine oder Anlage betragen.
- In der Regel ist ein Kredit günstiger als ein Leasing, vor allem dann, wenn ein Betrieb über eine gute Bonität verfügt.
- Beim Leasing ist der Eigenmitteleinsatz oftmals begrenzt auf 20 bis 30 Prozent, nicht so beim Kredit.
Den „klassischen Kredit“ gibt es allerdings nicht, weiß Markus Baumann, Bereichsleiter Firmenkunden bei der Raiffeisenbank Main-Spessart. „Es kommt immer auf die Laufzeit, die Bonität, den Eigenmitteleinsatz sowie auf die Besicherung des einzelnen Betriebs an.“ Für Unternehmen mit guter Bonität und Absicherung sind folgende Vertragsdaten derzeit marktfähig und können als Orientierung dienen:
- Investitionsgut: Maschine oder Software
- Investitionssumme: Mindestens 100.000 Euro
- Laufzeit: 5 Jahre
- Kreditzinssatz: 2 %
Je höher Bonität, Besicherung und Eigenmitteleinsatz, desto niedriger fällt in der Regel der Zinssatz aus.
Expertentipp: Staatliche Förderungen prüfen
Zusätzlich sollten sich KMU bei Investitionen in Industrie 4.0 immer auch nach öffentlichen Förderprogrammen erkundigen, rät Manuel Reutter, Firmenkundenberater bei der Sparkasse Mainfranken. „Diese sind oft mit Tilgungszuschüssen von 2 bis 6 Prozent ausgestattet, die nicht mehr zurückgezahlt werden müssen.“ So könne bereits die Einführung einer neuen Software in einem kleinen Handwerksbetrieb förderfähig sein. Je nach Investitionsvorhaben seien sogar Zuschüsse von bis zu 20 Prozent möglich. „Aber Achtung: Die meisten Förderungen enthalten Vorbeginnklauseln“, warnt Reutter. „Sie müssen sie also schon vor dem Kauf einer Anlage stellen. Gehen Sie deshalb schon in einem frühen Planungsstadium auf Ihren Finanzierungsberater zu!“
* Sebastian Hofmann ist Fachredakteur „Job & Karriere“ bei der Vogel Communications Group.
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