Porträt „Made in ...” – Negative Schlagzeilen brachten Deutsche an die Spitze
Qualität, Sicherheit, fortschrittliche Technik oder Statussymbol sind Werte, die weltweit mit dem Markenzeichen „Made in Germany“ verbunden werden. Dabei gehen seine Ursprünge auf das Gegenteil zurück.
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Deutschland führt die Beliebtheitsskala in puncto Produktherkunftsland an, dicht gefolgt von der Schweiz und der EU. Das wurde von 43.034 Konsumenten aus 52 Ländern entschieden, die von dem Statistikportal Statista und Dalia Research zu den Markenzeichen „Made in …“ befragt wurden. Unterstützt wird das Ergebnis durch statistische Werte: So stieg der Export im Jahr 2016 um 1,2 %, meldete das Statistische Bundesamt und laut Statista betrug der Wert der deutschen Exporte 1.339,65 Mrd. US-Dollar. Mehr Exporteinnahmen hatten nur China und die USA. Unsere wichtigste Handelsware: Kraftwagen, gefolgt von Maschinen. „Made in Germany“ zieht also. Doch das war nicht immer so.
1876: Weltausstellung in Philadelphia
Als „billig und schlecht“ gingen die deutschen Beiträge der Weltausstellung in Philadelphia 1876 in die Geschichte ein. Geäußert wurden diese Worte von Franz Reuleaux. Der Ingenieur war nicht nur mehrfach Jurymitglied in Weltausstellungen, sondern berichtete als Gutachter der technischen Deputation auch an das Reichskanzleramt. Er war selbst Deutscher. Woher kam sein harsches, gar vernichtendes Urteil?
Laut einer Abhandlung von Hans-Joachim Braun in der Zeitschrift „Kultur und Technik“ war es vornehmlich die Präsentation der Exponate, die das Urteil verdiente. Denn „die wenigen ausgestellten Produkte des Kraftmaschinenbaus werden als den amerikanischen überlegen bezeichnet“, schreibt Braun. Allerdings stand auch das amerikanische Handwerk nicht besonders gut da, doch waren Spezialisierung, Massenproduktion und austauschbare Teile erwähnenswert und den europäischen Techniken anscheinend voraus. Doch die Kritik Reuleauxs hatte einen weiteren Grund: Deutsche Industrielle und Wissenschaftler kämpften um eine politische Neuorientierung, unter anderem um eine bessere Grundlage für den Maschinenbau zu bereiten. Es war die politisch brisante Zeit Bismarcks in der Reuleaux mit mischte.
1887: „Made in …“ oder „Buy British“
Auch wenn sich die Lage mit den Jahren verbesserte, technische Ausbildungen initialisiert, Patent- und Plagiatsgesetze etabliert und Einfuhrzölle erhoben wurden, haben die Deutschen trotz aller politischer Anstrengungen das erfolgreiche Markenzeichen „Made in Germany“ nicht erfunden. Die Briten waren es. Das Mutterland der Industrialisierung sah nämlich seinen Fortschritt schwinden, als auch auf dem Kontinent industrielle Produktionsweisen zum Standard wurden. Also führte die britische Regierung im „Merchandise Marks Act” (Handelsmarkengesetz) 1887 die Pflicht zur Kennzeichnung des Herkunftslandes auf Waren ein. Gerechtfertigt wurde dieses Vorgehen mit dem Hinweis auf mindere Qualität und Nachahmerprodukte aus anderen Ländern. Auch spätere Generationen von Briten, versuchten ihre Wirtschaft mit ähnlichen Aktionen voranzutreiben. Aber die „Buy British!“-Kampagnen von 1931 und 1968 kamen nicht gegen das Kennzeichen „Made in …“ an.
1891: Madrider Herkunftsabkommen
Die von der britischen Insel aus geächteten kontinentalen Industrien hingegen zogen Gewinn daraus. Zuerst führte man 1891 das MHA, das Madrider Herkunftsabkommen, ein, das in erweiterter Form immer noch existiert. Der Gesetzesbeschluss regelte den grenzüberschreitenden Verkehr und die geographischen Herkunftsangaben, wie „Lübecker Marzipan“. Falsch oder irreführend gekennzeichnete Waren wurden vom Zoll beschlagnahmt. Im Zuge der Globalisierung und grenzüberschreitenden Fertigung musste eine differenziertere Regelung geschaffen werden. Deswegen gilt nach dem Zollkodex von 1992 das Land als Herkunftsland einer in mehreren Ländern gefertigten Ware, in dem zuletzt wesentliche Schritte der Bearbeitung stattfanden.
1914: „Deutsche Wertarbeit“
Nach Einführung der britischen Kennzeichnungspflicht stellten englische Familien fest, dass viele Gebrauchswaren aus ihrem Alltag deutscher Herkunft waren: Werkzeuge, Puppen, Bleistifte, Wasserrohre, Dienstbekleidung, Keramik. „Made in Germany“ war allgegenwärtig. Nachdem sich die Situation im Deutschen Reich, die bereits von Reuleaux angeprangert wurde, für die Industrie besserte, nahm das Markenzeichen erst richtig Fahrt auf: Uhren seien „billiger, attraktiver, kunstvoller“, Möbel „leichter, billiger, schneller lieferbar“ war der Tenor aus England. Zur positiven Wahrnehmung trug sicherlich auch die auf Qualität bedachte Dürerbund-Werkbund-Genossenschaft bei. Sie sorgte sich um die Verbreitung der „Made in Germany“-Waren und veröffentlichte 1915 ein Buch mit Qualitätsbewertungen für Industrieerzeugnisse. Parallel dazu entwickelte sich ab 1900 der Begriff „Deutsche Wertarbeit“, der um 1914 als Gütesiegel fungierte. Der Siegeszug wurde nur durch die Weltkriege gebremst.
1970: Made in DDR
Aber das war nur eine Pause. Zwar mied der Großteil der Welt nach 1945 deutsche Produkte, doch nahm die deutsche Wirtschaft ihre Zukunft diesmal selbst in die Hand: In den 1950er Jahren bot die Hannover Messe eine passende Plattform, um „Made in Germany“ wieder nach oben zu hieven. So befeuerte die Herkunftsbezeichnung das deutsche Wirtschaftswunder. Leichte Verwirrungen, die durch zwei „Made in Germany“-Kennzeichnungen ausgelöste wurden, behob man in Ostdeutschland spätestens 1970 mit der Kennzeichnung „Hergestellt in der DDR“ beziehungsweise „Made in GDR“.
2004 und 2013: „Made in EU“?
Inzwischen hatte Deutschland längst einen festen Platz in den Top 3 der Exportweltmeister und mit dem Markenzeichen „Made in Germany“ ließ sich Geld machen. Und das, wo doch kaum noch Unterschiede zwischen den deutschen Produkten und denen anderer europäischer Länder bestanden. Warum also nicht alles unter „Made in EU“ zusammenfassen und damit die europäische Wirtschaft stärken, dachte sich wohl EU-Außenhandelskommissar Pascal Lamy Anfang 2004. Der Vorschlag wurde abgeschmettert – und kam zehn Jahre später wieder auf den Tisch. Die Argumentation greift nun weiter: Deutschland exportiere zu viel, das sei schlecht für die EU-Mitgliedstaaten, deren Verschuldung seit der Finanzkrise dadurch noch wachse. Aber die Industrieverbände wehren sich vehement. Und so bleibt „Made in Germany“ in den Köpfen weiterhin Symbol für Qualität, Sicherheit, fortschrittliche Technik und Status.
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