Lager-Software Mit einfache Lager-Software werden Logistikkosten transparent

Autor / Redakteur: Daniel Dembowski und Volker Schenk / Volker Unruh

In Zusammenarbeit der Hochschule Coburg mit einem international agierenden Automobilzulieferer wurde ein Logistikkonzept und Simulationsprogramm entwickelt, mit dem sich innerbetriebliche Logistikprozesse einfach optimieren lassen.

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Ohne schnelle Logistik rund um die Produktionslinien können Fertigungsanlagen nur bedingt ausgelastet werden. Angesichts der rasant wachsenden Warenströme im globalen Wettbewerb suchen viele Unternehmen nach probaten Lösungen, um ihre Logistikkosten zu senken.

Entscheidungen über die Maschinenstandorte, die Wahl des Lagerortes sowie die Auswahl von Flurförderzeugen, Förderbehältern oder anderen Warenträgern sollten kostenoptimal getroffen werden. Dazu müssten die Mitarbeiter in der Logistikplanung jedoch ein Werkzeug erhalten, um derartige Logistikprozesse möglichst einfach und transparent darzustellen. Dies wiederum gäbe ihnen die Möglichkeit, Logistikkosten zu senken.

In modernen Unternehmen, wie beispielsweise in Automobilfabriken und anderen Fertigungsanlagen auf der grünen Wiese, ist ein optimierter Materialfluss vom Wareneingang bis zum Warenausgang bereits selbstverständlich. Dort jedoch, wo Unternehmen seit Generationen in ihren Stammhäusern ansässig sind, müssen entsprechend der ständig steigenden Nachfrage die Produktionsanlagen erweitert werden.

Dies ist in vielen Fällen nur durch neue Gebäude möglich, die nicht nur schnell, sondern oft auch räumlich getrennt vom Hauptgebäude errichtet werden müssen. Nicht selten muss die Logistik unter Einsatz verschiedener Transportfahrzeuge über längere Wege organisiert werden. Häufig müssen Waren umgeladen und mit anderen Behältnissen und Kennzeichnungen zum Kunden gebracht werden. Zusätzlich werden externe Dienstleister zur Auftragserfüllung mit eingebunden.

Viele Unternehmen mit zu großer Software-Vielfalt

Die Fakultät Maschinenbau der Hochschule Coburg bietet die Studienrichtungen Fertigungstechnik, Strömungsmaschinen, Motoren- und Fahrzeugtechnik und Produktentwicklung an. Vielfältige Unternehmenskontakte haben bereits zu zahlreichen Untersuchungen zur Optimierung von Flach- und Hochregallagern, Fertigungsabläufen mit Einsatz von Kanban-Steuerung, Lagergestaltung bei Einsatz externer Logistikdienstleister und anderen Lösungsmöglichkeiten geführt.

Bei allen Projekten konnten die Materialflussabläufe erheblich verbessert werden. In einem der jüngsten Projekte hat die Hochschule Coburg in Zusammenarbeit mit einem international agierenden Automobilzulieferer ein Logistikkonzept und Simulationsprogramm entwickelt, mit dem sich innerbetriebliche Logistikprozesse optimieren und die anfallenden Kosten senken lassen.

Viele Planungsprogramme für die Logistik sind zu aufwändig

Natürlich hat der an der Konzepterstellung beteiligte Automobilzulieferer ein Logistik-Planungsprogramm im Einsatz, mit dem neue Logistikabläufe simuliert werden können. Die Bedienung ist jedoch relativ aufwändig und kann nur durch Fachpersonal erfolgen. Diese Planungssysteme eignen sich daher nicht als Integrationstool.

Nur wenige Logistikmitarbeiter haben aufgrund der hohen Einarbeitungsdauer einen Bezug zum bisher bestehenden System. Zudem sind in Unternehmen durch schnelles Wachstum häufig mehrere, zum Teil nicht kompatible EDV-Systeme im Einsatz. Eine Verschmelzung der verschiedenen Systeme ist meist nicht durchführbar. Die Umstellung würde zu lange dauern und hätte erhebliche Auswirkungen auf die Produktion.

Eine Stärke des neuen Planungsprogramms ist die einfache Bedienung

Die Stärke des entwickelten Planungsprogramms liegt in der einfachen Bedienung und den geringen Systemvoraussetzungen. Der genutzte PC muss lediglich über eine Microsoft-Excel-Lizenz verfügen und kann völlig unabhängig vom Firmen-EDV-System genutzt werden.

Eine Einbindung in bestehende Verwaltungs- oder auch Staplerleitsysteme wurde bisher noch nicht umgesetzt. Die Möglichkeit der Einbindung muss im Einzelfall geprüft werden. Um die späteren Nutzer von dem dann entstehenden komplexen System nicht abzuschrecken, erscheint die autarke Nutzung des Planungsprogramms jedoch sinnvoll.

Neues Kennzahlensystem für Lager-Software entwickelt

Der Realisierung dieses Planungswerkzeugs lag die Entwicklung eines Kennzahlensystems zugrunde. Zunächst wurde die innerbetriebliche Logistikkennzahl (ILK) eingeführt. Diese Kennzahl (Einheit: Euro-Cent pro Kubikmeter) stellt die Kosten dar, die auf dem zurückgelegten Weg auf dem Firmengelände und auch bei weiteren Dienstleistern entstehen, bis das Produkt zum Kunden versandt wird.

Als Beispiel ist in Bild 1 ein fiktives Firmengelände dargestellt. Produziert wird in diesem Modell in der Halle, die als Quelle bezeichnet ist. Die dort hergestellten Produkte werden in eine Lagerhalle transportiert, beispielsweise mit Gabelstaplern, und in dem Lagerung 1 genannten Gebäude eingelagert.

Nach einer ersten Bearbeitung (Bearbeitung 1), einer Zwischenlagerung (Lagerung 2, gegebenenfalls in anderen Behältnissen) und einer weiteren Bearbeitung (Bearbeitung 2) erfolgt der Transport mit straßentauglichen Fahrzeugen zur Senke. Als Senke fungiert typischerweise ein Versandgebäude, in dem neben Versandpapieren und weiteren administrativen Tätigkeiten die Verladung zum Kunden erfolgt.

Planungsprogramm deckt die Logistik-Kosten auf

Für den geschilderten Logistikablauf wurde ein Kostenplanungsprogramm erstellt. Das Planungswerkzeug ist intuitiv bedienbar, Bedienfehler sind also ausgeschlossen. Als Benutzeroberfläche wurde Microsoft-Excel gewählt, das an vielen Arbeitsplätzen verfügbar ist und dessen Bedienung vielen Mitarbeitern geläufig ist.

Nach der Eingabe von allgemeinen Angaben wie Bediener und betroffenem Produkt gelangt man in das Hauptprogramm. Die Bedienung erfolgt über Pulldown-Felder (Combo-Boxen). In Bild 2 ist das Layout dargestellt. Der Produktweg ist in Bild 1 dargestellt. Für die Eingabe des Weges sind lediglich 15 Mouseclicks nötig.

Durch die hinterlegten und im Vorfeld ermittelten Logistikkosten berechnet das Programm die ILK. Die in Bild 2 angegebene ILK in Höhe von 1100 sagt aus, dass ein Kubikmeter des gewählten Produkts auf dem zurückgelegten Weg 11,00 Euro Kosten verursacht.

Mit der ILKS lassen sich die Kosten pro Stück berechnen. Der in Bild 2 gezeigte Wert von 24 bedeutet, dass ein Teil des Artikels 24 Euro-Cent an innerbetrieblichen Logistikkosten verursacht. Die ILKS kann also im Vorfeld neuer Produkte zu Kalkulationszwecken genutzt werden. Die Errechnung der ILKS bedarf der vorherigen Eingabe des verwendeten Leerguts. Durch die Zuteilung des entsprechenden Leerguts zum Transport können die Kosten je Teil ermittelt werden.

Berechnung von Transport- und administrativen Kosten

Der Programmteil nach Bild 2 dient ausschließlich der Berechnung der Transport- und administrativen Kosten. Auch Zusatzarbeiten, wie die Anbringung einer Schnürung, die Durchführung von Buchungsvorgängen oder auch der Aufwand zur Kommissionierung von Kundenaufträgen, können so auf das einzelne Produkt umgelegt werden.

In Bild 3 ist die Eingabemaske für die genannten Kostenpunkte zu sehen. Um die korrekte Kostenzuordnung pro Teil zu erreichen, muss bei der Eingabe der Schnürung auch die Leergutart eingegeben werden, sowohl bei der Durchführung einer Wareneingangsbuchung als auch bei der Erstellung der Versandpapiere. Häufig müssen im Warenausgang auf ein Packstück mehrere Versandetiketten aufgebracht werden, was die Kosten natürlich erhöht. Das Planungsprogramm bietet auch dafür entsprechende Eingabemöglichkeiten.

Um Kommissionierkosten auf das Produkt umzulegen, benötigt das Programm die Angabe der Kommissionierdauer und die Anzahl der Paletten, die während dieser Zeit kommissioniert werden. Hierfür müssen Fixwerte ermittelt werden. Nach Eingabe aller Daten erfolgt die Berechnung und Ausgabe nach Bild 4. Im gewählten Beispiel entstehen also innerbetriebliche Logistikkosten in Höhe von 0,38 Euro pro Teil.

Jeder Mitarbeiter kann mit dem Planungsprogramm Einfluss auf die Logistikkosten nehmen

Der Vorteil des Planungsprogramms besteht darin, dass bereits im Vorfeld neuer Produkte die optimalen Warenflüsse bestimmt und die Kosten dafür in die Kalkulation übernommen werden können. Weiterhin lassen sich bestehende Produktwege überprüfen und optimieren. Änderungen des Warenflusses und der verwendeten Behälter, aber auch der Zusatzarbeiten können simuliert werden.

Durch die leichte Bedienbarkeit kann der Anwenderkreis des Programms auf die gesamten Logistikmitarbeiter ausgeweitet werden. Mit dem Logistkkosten-Planungsprogramm können in allen Unternehmen die anfallenden Logistikkosten im Voraus bestimmt und durch Änderung der Logistikparameter gesenkt werden.

Nach erfolgter Ermittlung der einzelnen Einzelkennzahlen kann das realisierte Planungsprogramm in jedem entsprechenden Unternehmen schnell und problemlos installiert und eingesetzt werden. Im nächsten Ausbauschritt soll die erarbeitete Programmstruktur genutzt werden, um eine Ermittlung von Durchlaufzeiten zu ermöglichen. Aktuell wird die Möglichkeit der Erweiterung geprüft. Arbeitsplätze, an denen Daten eingegeben werden, benötigen einen PC. Der Mitarbeiter gibt Produktwege, Behälter- und andere relevante Daten ein und erhält sofort eine Auskunft über den kostengünstigsten Weg.

Dies wirkt motivierend, da jeder Mitarbeiter auf die Logistikkosten Einfluss nehmen kann. Eine Einbindung in bestehende Lagerverwaltungssysteme ist wie bereits erwähnt möglich, sofern entsprechende Erweiterungsschnittstellen vorhanden sind. MM

Prof. Dr. Volker Schenk lehrt an der Fakultät Maschinenbau der Hochschule Coburg Fertigungslogistik, Qualitätsmanagement, Werkzeugmaschinen, Robotik und Handhabungstechnik sowie Konstruktion und leitet das Steinbeis-Transferzentrum Qualitätsmanagement. 96450 Coburg; Dipl.-Ing. (FH) Daniel Dembowski ist Mitglied der Geschäftsführung der Spedition Hümmer, 96224 Burgkunstadt, und Initiator des Logistikkonzepts.

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