Retrofit Modernisierungsteams machen Altanlagen zukunftsfähig
Bei Retrofit-Projekten gehen Modernisierungen von IT und Steuerungen zumeist Hand in Hand mit Fitnesskuren für betagtere Bediengeräte und Fördertechniken. Dennoch sind die Anforderungen stets branchen- und unternehmensindividuell sehr differenziert – umso größere Professionalität wird gefordert.
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In nur fünf Arbeitstagen hat Viastore Systems, Stuttgart, das Produktionslager von Eppendorf Instrumente, Spezialist für die Herstellung von Laborgeräten, in Hamburg modernisiert. Zwar war das 25 Jahre alte eingassige Tablar-AKL mit 1620 Plätzen Ende der 90er-Jahre fahrtechnisch überholt worden. Da nun aber chaotische Lagerung und die Anbindung der SPS an die überlagerte Software erforderlich waren, „haben wir uns entschieden, das gesamte System grundlegend zu sanieren“, so Ralf Nobereit, bei Eppendorf Instrumente verantwortlich für die interne Logistik. Neben dem Austausch der Steuerungen waren auch die Installation der Lagerverwaltungssoftware Viadat-One und die Anbindung an das bei Eppendorf vorhanden ERP-System Baan vorzunehmen.
AKL- und Steuerungs-Retrofit in nur fünf Arbeitstagen geschafft
Viadat-One umfasst die wichtigen Basisfunktionen für Warehouse Management, Materialflusssteuerung und Anlagenvisualisierung und bildet eine gute Grundlage für künftige Erweiterungen. Nun managt die Software die für die Fertigungsversorgung bei Eppendorf charakteristischen, zu rund 90% ungeplanten Auslagerungen.
Auch die Kommissionierung ist deutlich schneller geworden: Während vormals zu jedem Teil eines Produktionsauftrags die entsprechende Tablarnummer eingegeben werden musste – ein erheblicher Aufwand bei den 150 bis 180 Teilen für ein komplettes Gerät –, wird heute im System das zu fertigende Gerät angeklickt und die zehn oder 20 Tablare mit den entsprechenden Teilen werden zum Kommissionierplatz gebracht. Am Arbeitsplatzmonitor erhält der Mitarbeiter angezeigt, aus welchem der acht Fächer pro Tablar Teile zu entnehmen sind.
Die Modernisierungsarbeiten am Lager haben lediglich fünf Arbeitstage gedauert, in denen die SPS getauscht, die Software eingerichtet, Testläufe gemacht und die Mitarbeiter bereits an der Anlage geschult wurden.
Swen Mantel, Leiter Umbau und Modernisierung bei Viastore Systems, Stuttgart: „Wir bieten sowohl für Anlagen, die von Viastore realisiert wurden, als auch für Anlagen anderer Anbieter die folgenden Leistungen an: Reorganisation, Erweiterung und Umbau, Lagerumzug, die Modernisierung von Steuerung, Elektrik und Mechanik sowie das Upgrade von WMS.“
Modernisierung und Erweiterung des Aragofar-Pharmalogistikzentrums
Dass Anlagenmodernisierungen häufig mit Erweiterungen verbunden werden, zeigt das von Knapp, Graz, durchgeführte Projekt für das Zentrallager von Aragofar im spanischen Zaragoza, aus dem rund 650 Genossenschaften in der Region Aragon mit pharmazeutischen Produkten beliefert werden. Als Marktführer garantiert Aragofar eine rasche Lieferung von Medikamenten bis in die entlegensten Apotheken der Region.
Mehr Automatisierung und Software machen das Lager fit
Für die künftige optimale Versorgung der Apotheken auch in den schwer zugänglichen Regionen unterzog Knapp als bewährter intralogistischer Kooperationspartner von Aragofar das Zentrallager bei laufendem Betrieb einer umfassenden Fitnesskur. Die Komplettlösung optimiert und integriert mit dem Softwarepaket Ki-Soft alle Intralogistikprozesse, unterstützt die Lager-, Bestands- und Chargenverwaltung, generiert automatisch Nachschub- und Transportaufträge sowie geführte Arbeitsabläufe zur Fehlervermeidung, unterstützt die manuellen, halb- und automatischen Kommissioniermodi und erhöht die Durchsatzleistung sowie die Anzahl der stock-keeping units (eindeutig identifizierbaren Einheiten) im Lager.
An Automatisierungstechnik wurden für hohe Kommissionierleistungen unter anderem das dreigassige Regalbediensystem „Speeder“ und der OSR-Shuttle installiert.
Beim belgischen Webstuhlspezialisten Picanol hat PSB das eigene, vor mehr als 20 Jahren realisierte, aus einem automatischen zweigassigen Palettenlager und einem automatischen viergassigen Behälterlager bestehende Intralogistiksystem, das die Montage mit Teilen aus eigener Fertigung, Zukaufkomponenten, Kanban-Teilen und Montagekits versorgt, durch Austausch der Regalbediengeräte inklusive der SPS modernisiert:
Installiert wurden zwei Paletten-RBG des Typs „Maxloader“ für bis zu 1000 kg Nutzlast, die etwa um die Hälfte schneller agieren als die Altgeräte, sowie vier Behälter-RBG des Typs „Sprinter“ mit rund 100 kg Nutzlast, die rund doppelt so schnell arbeiten wie die Vorgänger. Alle RBG sind mit Energie-Rückspeisemodulen ausgestattet, was die Energiekosten um rund 30% reduziert.
RBG-Retrofit und neue S7-SPS an vier Wochenenden
Ebenfalls um einen RBG-Austausch sowie um einen Steuerungswechsel von der S5- auf die S7-SPS ging es bei dem Retrofit-Projekt von TGW für das Tablarlager im Versandzentrum von Ganter, Furtwangen. Die im Jahr 2000 in Betrieb genommene und von vier Stratus-RBG bediente Tablaranlage von TGW mit 16.000 Stellplätzen genügte der zunehmenden Teilevielfalt und den hohen Anforderungen an die Lieferzuverlässigkeit nicht mehr, eine Fitnesskur war erforderlich.
An vier Wochenenden schafften Werner Weißböck, Head of Sales Retrofit Business der TGW Systems Integration im österreichischen Wels, und sein Team die Komplettmodernisierung der RBG sowie die Migration der SPS auf die neue S7.
„Das Entkernen und Aufbauen der RBG verlief extrem gut koordiniert und sehr schnell“, betont Ralf Beitlich, Abteilungsleiter Logistik bei der Otto Ganter GmbH. „Start war am Donnerstagabend, und Freitagabend waren bereits die Steuerungstechniker auf der Anlage.“ Sein Fazit: „Bei TGW, mit dem wir seit 1999 zusammenarbeiten, fühlen wir uns sehr gut aufgehoben.“
Optimierte Warenflüsse und innovativ gestaltete Arbeitsplätze
Wie Werner Weißböck erläutert, betrafen beispielsweise beim Projekt Ganter die Maßnahmen etwa „zur Hälfte die Mechanik, die andere Hälfte war IT/AT-Modernisierung. Die Relation ist immer vom Projekt und von den Kundenanforderungen abhängig. Meistens finden jedoch sowohl Mechanik- als auch IT-Modernisierungen statt.“
Mit der eigenen Serviceabteilung von SSI Schäfer für Retrofit-Leistungen werden sowohl bei eigenen Anlagen als auch denjenigen anderer Anbieter Lager- und Produktionsanlagen durch Komponentenaustausch, Erweiterungen oder IT-Modernisierungen auf den modernsten Stand der Technik gebracht. Bei der Planung neuer Intralogistikkonzepte liegen die Schwerpunkte bei der mechanischen und elektrischen Optimierung der Anlagen wie der Prozesse bei „möglichst effizienter Raumausnutzung, der Optimierung von Warenflüssen und Ladungsträgern sowie einer innovativen Arbeitsplatzgestaltung“.
Energieeffiziente Antriebe und Bedarfsabschaltungen spielen eine wichtige Rolle: „Alte Antriebe und Umrichter werden durch energiesparende, leistungsstarke Aggregate ersetzt, die Steuerungen auf Siemens S7 und die Kommunikation auf TCP/IP-Protokolle umgestellt.“ Aktuelle Projektbeispiele sind Geodis oder Plastal in Hambach. Und bei SKF, Berlin, wurden das bestehende LVS durch die Software „Ant“ ersetzt, die Rechnerhardware erneuert und die Kommissionierarbeitsplätze modernisiert.
Wir befragten Ulrich Schlosser, Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung, Leiter Vertrieb Logistiksysteme bei Witron Logistik + Informatik, Parkstein, nach der Relation der bei Mechanik und IT zu leistenden Arbeiten. „Bei den meisten Projekten sind in der Regel beide Aufgabenstellungen enthalten“, so Schlosser.
Bestehende Lagerverwaltungssysteme werden durch moderne abgelöst
„In der Mechanik werden vor allem Antriebstechnologien und Sensorik auf den neuesten technologischen Stand umgestellt. Im Bereich der Steuerungen erfolgt das Upgrade von S5 auf S7. Bestehende LVS werden durch moderne Systeme abgelöst, basierend auf jeweils neuesten Technologien bei Windows, Datenbank und Hardware. Ebenso enthalten die neuen LVS-Lösungen zusätzliche Funktionalitäten, ausgerichtet auf die Anforderungen des Marktes, wie beispielsweise Chargenverfolgung, MHD sowie das künftige Geschäft und die Auftragsstruktur der Unternehmen.“
Wie Schlosser unterstreicht, ist es „wichtig, mit dem Kunden ein Gesamtkonzept zu erarbeiten und Ziele zu definieren sowie einen genauen Zeit- und Budgetplan aufzusetzen, der sich möglicherweise auch über mehrere Jahre erstreckt“. Kurzfristiges Ziel einer Modernisierung sind sicherlich die Sicherung von Support- und Ersatzteilverfügbarkeit. Mittelfristig gesehen ist eine Modernisierung jedoch ein permanenter Investitionsschutz, der die Lebensdauer einer Anlage erhöht bei flexiblen Geschäftsprozessen, optimaler Leistungsfähigkeit und hoher Wirtschaftlichkeit. Zudem spielt in diesem Gesamtkonzept „selbstverständlich auch der Mensch eine wichtige Rolle“, wie Schlosser betont.
Ergonomische Arbeitsplätze sind wichtiger Modernisierungsbestandteil
„Die Gestaltung von modernen, zukunftsweisenden, ergonomischen Arbeitsprozessen, die unabhängig von Alter und Geschlecht des Mitarbeiters eine hohe Arbeitsqualität und Arbeitsquantität gewährleisten, ist heute wichtiger Bestandteil einer jeden Modernisierungsplanung.“
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