Supply Chain Management Nicht ausreichend gegen Stock-outs gewappnet
Viele Frischeprodukte und der Wunsch nach ständig vollen Regalen – Anforderungen, die eine optimale Supply-Chain-Steuerung oft schwierig machen. Stock-outs und hoher Verderb sind die Folge. Wie es um die deutsche Supply-Chain-Steuerung bestellt ist, untersuchte das EHI Retail-Institute in einer Studie im Auftrag von Relex Solutions.
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Teilgenommen haben 41 mittlere und große Handelsunternehmen, unter anderem aus den Bereichen Lebensmittel, Drogerie, Bekleidung, Textilien und Möbel. Unter den Befragten befand sich etwa ein Drittel der 50 umsatzstärksten Händler Deutschlands. Ein Ergebnis der Studie sticht besonders ins Auge: Gerade für die Vermeidung von Stock-outs interessieren sich die Händler. Viel Zeit kosten die Disposition und das Warenmanagement im deutschen Lebensmittelhandel: Rund 1786 Wochenarbeitsstunden benötigen Lebensmittelhändler dafür durchschnittlich – und damit rund 400 Stunden mehr als Handelsunternehmen aus anderen Branchen. Trotzdem ist es für 22 % der Studienteilnehmer schwierig, Out-of-Stock-Situationen rechtzeitig zu erkennen. Nicht verwunderlich also, dass 83 % der Befragten einen besonders hohen Mehrwert in der Reduzierung von Out-of-Stock-Situationen sehen.
Dr. Timo Ala-Risku, Geschäftsführer von Relex in Deutschland, erkennt darin einen steigenden Automatisierungsbedarf: „Lieferketten in der Lebensmittelbranche sind äußerst komplex. Die Mindesthaltbarkeitsdaten sind unterschiedlich lang: von einigen Stunden bei Frischbrot über einige Tage bei Molkereiprodukten bis hin zu mehreren Monaten bei Trockensortimenten. Die Vielfalt der Lieferanten, teilweise mehrere pro einzelnen Artikel zum Beispiel beim Obst und Gemüse, erschwert die Ermittlung der optimalen Bestellmenge. Dazu kommen auch noch Rückwärtsflüsse, wie beispielsweise von Leergut. Ein intelligentes System kann Bestellmengen und Lieferzeiten optimal berechnen.“ Globale Lieferketten und die Einhaltung von Mindesthaltbarkeitsdaten und Restlaufzeiten führen zu einer weiteren Steigerung der Komplexität und zu viel Verderb – die optimale Bestellmenge lässt sich ohne automatisierte Disposition nur noch bedingt abbilden.
Software mit mehr Funktionen erwünscht
Darüber hinaus ergab die Studie, dass die eingesetzten Softwarelösungen häufig nicht über einen ausreichenden Funktionsumfang verfügen, um alle Aspekte eines anforderungsgerechten Supply-Chain-Managements abzudecken. 30 % der Studienteilnehmer arbeiten demnach mit Lösungen, die Überbestände nicht zu absatzstärkeren Verkaufsstellen umlagern. Für 73 % der Supply-Chain-Verantwortlichen ist die Verbesserung der Warenverfügbarkeit ohne gleichzeitige Erhöhung der Lagerkosten ein wichtiges Ziel. 71 % wünschen sich eine verbesserte Planung von Lagerkapazitäten und fast genauso viele die Reduzierung der Lagerkosten ohne gleichzeitige Absatzverluste.
Eine adäquate Software kann die Erreichung dieser Ziele wirksam unterstützen. Auch Statusberichte müssen von den Logistikmitarbeitern der Handelsunternehmen zum Teil umständlich erstellt werden. Im Durchschnitt benötigen sie für einen standardisierten Bericht 5,6 Stunden und für einen gesonderten Bericht 6,8 Stunden. Die Lebensmittelbranche erweist sich hier als besonders fortschrittlich: Sie benötigt nur zwei Stunden für die Anfertigung eines standardisierten Berichtes und 4,8 Stunden für einen gesonderten Statusbericht.
Auffällig ist auch, dass ein Drittel der Befragten eine standardisierte Berichterstattung überhaupt nicht im Griff hat. „Das Ergebnis spricht dafür, dass Statusberichte in vielen Unternehmen noch manuell und tabellengestützt erstellt werden. Es lässt sich aber auch feststellen, dass die Lebensmittelbranche ihren Optimierungsbedarf erkannt und Verbesserungen in die Wege geleitet hat“, analysiert Ala-Risku. „Potenzial nach oben gibt es jedoch trotzdem: Mit einer modernen, Big-Data-gestützten SCM-Software dauert die Erstellung von Berichten nur wenige Sekunden.“ Dass die eingesetzten Programme nicht die gewünschten Leistungen erbringen, ist angesichts des Alters der verwendeten Softwarelösungen nicht überraschend: Im Durchschnitt sind sie 8,6 Jahre alt. Vor allem die Prognosefunktionen der eingesetzten Softwarelösungen sind ausbaufähig. 81 % der Lebensmittelhändler beklagen folglich, dass die üblichen Systeme keine beziehungsweise nur unzureichende Prognosen für schnell verderbliche Ware erstellen. Für alle Unternehmen, die mit Saisonartikeln zu tun haben, gilt Ähnliches: 30 % von ihnen nutzten bislang Software, die den Bedarf und Absatz von Saisonware nicht zufriedenstellend berechnet. Für Produkteinführungen (laut 61 % der Teilnehmer) und Neueröffnungen von Verkaufsstellen (laut 46 % der Teilnehmer) bieten viele Systeme ebenfalls keine zufriedenstellenden Vorhersagen.
Angst vor komplexer Softwareeinführung
Die Datenübermittlung an Lieferanten funktioniert bei vielen Handelsunternehmen nur teilweise oder gar nicht. Lediglich 2,4 % der Teilnehmer führen eine vollständige Kooperation mit allen Lieferanten durch (CPFR) und stimmen mit ihnen Bedarfsplanung, Absatzprognosen und Warennachschubsteuerung aufeinander ab. Unter den Lebensmittelhändlern sind es sogar noch weniger: Kein einziger Studienteilnehmer aus dieser Branche gibt an, eine vollständige Kooperation mit Lieferanten durchzuführen.
Eine Abstimmung mit sämtlichen Lieferanten nehmen nur sehr wenige Händler vor: Hinsichtlich Lagerbestand sind es 7,3 %, zum Absatz tauschen 14,6 % und zu Absatzprognosen 4,9 % Daten aus. „Das liegt selbstverständlich auch an der IT-Ausstattung der Lieferanten“, erläutert Dr. Ala-Risku. „Ein besserer Datenaustausch trägt wesentlich zur Vermeidung von Stock-outs und zu einer optimalen Verteilung der Waren auf die Points of Sale und Läger bei – gerade in der Lebensmittelbranche sinkt der Verderb so entscheidend.“ Dementsprechend sehen 63,4 % der Befragten einen hohen Mehrwert in Funktionen, die Kooperationen mit Lieferanten zu steuern. Zwar sind sich viele Handelsunternehmen der Potenziale, die sie mit einer modernen SCM-Lösung erschließen können, bewusst, sie scheuen jedoch die Suche nach einem geeigneten System.
Als Gründe hierfür nannten 41,5 %, dass andere Projekte vorerst höhere Priorität genießen würden. 22 % der Teilnehmer begründeten ihr Zögern damit, dass die Weiterentwicklung der eigenentwickelten Software mit erheblichem Aufwand verbunden sei. 14,6 % befürchten, das Projekt sei zu komplex. „Aus Gesprächen mit Händlern wissen wir, dass viele den Schritt zur Einführung einer zeitgemäßen Software aus Angst vor einer kostspieligen Fehlinvestition nicht wagen“, berichtet Ala-Risku. „Das Risiko ist sehr gering, wenn man sich für eine sogenannte Software-as-a-Service-Lösung (SaaS) entscheidet.“ Beim SaaS-Modell wird weder eine Hardware noch eine Kauflizenz erworben, sondern lediglich für die Systemnutzung und den Service bezahlt. ■
* Johanna Flohr ist Marketing Director DACH der Relex Solutions GmbH in 65185 Wiesbaden, Tel. (06 11) 95 76 86-65, johanna.flohr@relexsolutions.de
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