Interview Schwere Lasten sicher und kostengünstig bewegen

Wir sprachen mit Christina Dießner, der kaufmännischen Leiterin bei Jung, über Fachmessen und ihr Angebot für Kunden aus der Intralogistik.

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Ein Fräsmaschinenzentrum von Reckermann wird mithilfe eines elektrischen Schwerlast-Fahrwerks „JLA-e“ in einer Werkshalle in Position gebracht.
Ein Fräsmaschinenzentrum von Reckermann wird mithilfe eines elektrischen Schwerlast-Fahrwerks „JLA-e“ in einer Werkshalle in Position gebracht.
(Bild: Jung)

Ohne Hilfsmittel kann ein durchschnittlicher Mensch, sagen wir einmal, eine Last im mittleren zweistelligen Kilobereich bewegen. Das wird schon beschwerlich, wenn es über eine lange Strecke oder gar aufwärts und abwärts geht – ohne Sackkarre oder Treppensteiger. Für Lasten spätestens oberhalb der 100 Kilogramm bis hin zu mehreren Tonnen nutzt man seit jeher physikalische Hebelgesetze sowie Rollen und Räder. Jung entwickelt und fertigt seit nahezu 50 Jahren hebe- und transporttechnische Systeme, wie Transportfahrwerke, sogenannte Panzerrollen, und hydraulische Maschinenheber. Sie werden hauptsächlich in der fertigenden Industrie benötigt, wo etwa CNC-Maschinen oder andere tonnenschwere Produktionsanlagen aufgestellt, abgebaut oder verlagert werden müssen. Nicht verwunderlich also, dass die überwiegende Mehrzahl der Kunden von Jung Hebe- und Transporttechnik aus Industrieunternehmen kommt, Maschinenhersteller sind oder aus dem Schwerlast-Speditionswesen stammt.

Das baden-württembergische Unternehmen wurde 1972 von Karl-Heinz Jung gegründet und schon zehn Jahre später konnte in Waiblingen-Beinstein das erste eigene Firmengebäude bezogen werden. In zwei Etappen – die ersten 300 Quadratmeter wurden schnell zu klein – wurde 1986 und 1993 erweitert, bevor man 2001 eine weitere Halle anbaute. Die Gesamtfläche betrug nun 1.500 Quadratmeter. Das 2009 neu konzipierte Firmengebäude bot schließlich die Chance, in einem Gebäudeteil den Versand, die Lagerfläche der Fertigprodukte sowie die Endmontage so unterzubringen, dass die bisherigen Abläufe optimiert werden konnten. Im Ergebnis kann Jung seine Aufträge jetzt noch schneller und flexibler umsetzen und zum Versand bringen: Die meisten Aufträge, die bis 11 Uhr in Waiblingen eingehen, werden noch am gleichen Tag verladen und versendet. Apropos Aufträge: Wie es darum steht und insbesondere über Fragen der Intralogistik, darüber sprachen wir mit der kaufmännischen Leiterin Christina Dießner.

Frau Dießner, wie stark hat Sie die mehrmalige Absage der einschlägigen Fachmessen getroffen, insbesondere im Hinblick auf die Intralogistik? Vor der Pandemie waren Sie da ja regelmäßiger Aussteller. Und kommt dieses Geschäft wieder?

Christina Dießner: Die Messeabsagen treffen uns sehr stark, mit „normal“ durchschnittlich drei bis vier großen Messen im Jahr. Einen Großteil unserer Neukontakte generieren wir auf den Fachmessen. Natürlich haben wir in den vergangenen eineinhalb Jahren versucht, über die digitalen Messeangebote der Fachmessen Neukunden zu generieren – jedoch lassen sich die Ergebnisse bei Weitem nicht mit Publikumsmessen vergleichen. Wir von Jung hoffen, dass es in Zukunft auch wieder verstärkt physische Messen geben wird. Ein persönlicher Kontakt ist trotz der vielen guten digitalen Möglichkeiten, die in der Pandemie entstanden sind, nicht zu ersetzen und das sehen auch viele unserer Kunden und Händler so.

Sicherheit ist beim Transport meist tonnenschwerer Maschinen bekanntlich oberstes Gebot. Das klappt auch mit selbstfahrenden Elektro-Transportfahr­werken zuverlässig?

Selbstverständlich klappt das auch bei den elektrisch angetriebenen Transportfahrwerken so gut wie bei den manuellen Fahrwerken. Eigentlich sogar mit noch höherer Sicherheit, da man die Fahrwerke mit einer Fernbedienung bewegt und so außerhalb des „Gefahrenbereichs“ stehen kann, um die tonnenschweren Lasten zu bewegen.

Christina Dießner ist kaufmännische Leiterin bei der Jung Hebe- und Transporttechnik GmbH.
Christina Dießner ist kaufmännische Leiterin bei der Jung Hebe- und Transporttechnik GmbH.
(Bild: Jung)

Kommen wir direkt zur Intralogistik: Wie hat sich Ihr Angebot für diese Branche in den letzten Jahren entwickelt? Ich denke da insbesondere an Ihr Routenzugsystem …

Die Routenzüge sind bei Jung hauptsächlich ein Sonderprojektgeschäft. Wir sind die Adresse, wenn es um Sonderanfertigungen geht oder in Bereichen, in denen es keinen Standard gibt. Hier fließen unsere jahrelangen Erfahrungen ein und es entstehen kundenspezifische Lösungen. Da sich der Markt in diesem Bereich ständig weiterentwickelt, entwickeln wir uns natürlich auch weiter …

Neben Routenzügen in Standard- und Sonderanfertigung bieten Sie ja weiteres Equipment für die Intralogistik an, zum Beispiel Transportregale. Ist das die Antwort auf beispielsweise Unterfahr-AGV, die in letzter Zeit stark im Kommen sind?

Alles Routenzug-Equipment, das bei uns angeboten wird, ist vorwiegend aus Sonderanfertigungen entstanden. Wir stellen keine Transportregale in Serie her, aber wenn der Kunde für einen speziellen Einsatz etwas Besonderes benötigt, erhält er bei uns eine passende Lösung.

Die aktuellen Unterfahr-AGV, die auf dem Markt erhältlich sind, sind nicht mit unseren Produkten vergleichbar. Sie sind eher für geringeres Transportgewicht konzipiert, während wir uns mit dem Schwerlasttransport beschäftigen.

Wie stellt sich der Markt für Ihre Plattformwagen dar? Traglasten bis zu 25 Tonnen sind auch in der Industrie nichts Alltägliches …

Die Jung-Plattformwagen sind Sonderbau, keine Standardprodukte. Kundenspezifische Lösungen sind hier gefragt und somit gibt es keine „Standardanwendung“, für die wir unsere Plattformwagen produzieren, sondern die Anforderungen gestalten sich jedes Mal etwas anders.

Das Gleiche gilt sicher auch für Ihre Schwerlast- Hubwagen. Was sind denn typische Anwendungen, für die eine normale „Ameise“ nicht ausreicht und für die dann Ihre JHB 10 zum Einsatz kommt?

Einsatzgebiete der Schwerlast-Hubwagen sind zum Beispiel der Transport von Maschinen und Maschinenteilen während des Produktionsprozesses oder aber auch der An- und Abtransport von einsatzbereiten Maschinen innerhalb der Produktionshallen.

Haben Sie als deutsches, als europäisches Unternehmen in letzter Zeit mit dem Thema Markenpiraterie zu tun? Und wenn ja: Was können Sie dagegen ausrichten?

Wir haben sehr selten mit dem Thema Produktpiraterie zu tun. Wenn, dann vorwiegend mit unseren Transportfahrwerken. Allerdings bestehen hier kaum Chancen, gegen entsprechende „Kopien“ vorzugehen.

Zuverlässige Produkte sind das eine – aber das beste Produkt kommt nicht ohne entsprechenden Service aus. Wie sind Sie da in Deutschland beziehungsweise im deutschsprachigen Raum aufgestellt?

Wir bieten unseren Kunden, direkt, aber auch über unsere Fachhändler, einen Reparaturservice an – hier im Werk in Waiblingen oder aber auch bei entsprechendem Umfang direkt vor Ort. Es wird von Fall zu Fall entschieden, welches die beste Lösung ist. Viele Kunden schätzen auch unseren Ersatzteil-Expressversand, alle gängigen Teile werden innerhalb von 24 Stunden versandt.

Last, not least: Aktuell haben Sie fünf Stellen ausgeschrieben. Das verleitet mich zu der Frage, wie Sie auf einem nahezu leergefegten Markt für Fachkräfte im Großraum Stuttgart denn überhaupt an gutes Personal rankommen. Und wie halten Sie den/die Neue(n)?

Natürlich ist es aktuell sehr schwierig, gute Facharbeiter zu bekommen. Jung versucht, über eine positive und interessante Außendarstellung zu punkten. Wir sind in unserem lokalen Umfeld fest verwurzelt und auch sehr präsent – auf Events wie lokalen Messen oder auch beim Sponsoring der lokalen Vereine. Ebenfalls werden die Angebote der Personalfindung über die verschiedenen Institutionen VDMA, IHK etc. genutzt. Bisher hat dies auch immer sehr gut funktioniert. Wir versuchen mit besonderen sozialen Leistungen und mit verschiedensten Firmenevents, für ein gutes Betriebsklima zu sorgen und somit unsere Mitarbeiter zu motivieren und zu halten. Dass uns dies ganz gut gelingt, lässt sich sicher auch an der sehr geringen Fluktuation der Mitarbeiter ablesen. Seit Jahrzehnten bilden wir auch Fachkräfte selbst aus, sehr viele langjährige Mitarbeiter haben bereits ihre Lehre bei Jung absolviert. 20- bis 25- und auch 30-jährige Jubiläen sind bei uns keine Seltenheit!

Frau Dießner, haben Sie recht herzlichen Dank!

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