Fahrerlose Transportsysteme Stets flexibel auf der richtigen Spur

Von Reinhard Irrgang

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Fahrerlose Transportsysteme (FTS), neuerdings gerne auch als „mobile Roboter“ bezeichnet, erfreuen sich steigender Beliebtheit und Nachfrage in Logistik, Produktion und Montage. Grund genug, die betreffenden Produkte einiger Hersteller hier kurz vorzustellen. Ein Trend: Neben den Fahrzeugen selbst spielt die Software, die für zunehmend große Flexibilität und Autonomie der FTS sorgt, eine zentrale Rolle.

Die Open Shuttles lassen sich flexibel einsetzen und arbeiten wie ein intelligenter Schwarm.
Die Open Shuttles lassen sich flexibel einsetzen und arbeiten wie ein intelligenter Schwarm.
(Bild: Knapp)

Knapp, der österreichische Spezialist für Automatisierungstechnologie und Softwarelösungen für Logistik- und Produktionsbetriebe, führt sogenannte „Open Shuttles“ in seinem Programm. Durch ihre Flexibilität und die Fähigkeit, wie ein intelligenter Schwarm zu arbeiten, sind sie vielseitig einsetzbar in Produktion und Distribution. So eignen sie sich beispielsweise für das Erstellen flexibler innerbetrieblicher Transportnetzwerke, als Alternative zu statischer Behälter- oder Palettenfördertechnik sowie für den Transport von mehreren Quell- und Zielbehältern.

„Die intelligenten Roboter sind immer zur richtigen Zeit in der richtigen Anzahl am richtigen Ort und erledigen Aufgaben selbstständig oder stehen dem Menschen unterstützend zur Seite, ganz nach dem Motto: Der Schwarm ist dort, wo die Arbeit ist!“, so Gregor Lebernegg, Produktmanager bei Knapp.

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„Die Shuttles überwachen ihre Umgebung und leiten aus den erfassten und erkannten Gegebenheiten für sich selbst Aktionen ab, ohne dass ein übergeordnetes System damit behelligt wird. Hindernisse werden umfahren, abhängig von dem geladenen Transportgut wird automatisch erkannt, wohin dieses transportiert werden muss“, so Lebernegg. „Bei Fehlern wird automatisch reagiert, diese werden soweit möglich behoben; die Integration dieser Systeme wird dadurch wesentlich einfacher. Die zunehmende Kommunikation der Fahrzeuge untereinander optimiert zudem die verfügbaren Transportkapazitäten.“

Schwarmintelligenz für flexible Transportnetzwerke

Knapp nennt drei besondere Vorteile der Open Shuttles: Open Shuttles verfügen über eine Schwarmintelligenz, sie verwalten Transportressourcen und Aufträge über ein Flottenmanagementsystem selbstständig. Einen neuen Auftrag übernimmt jenes Shuttle, das gerade Transportressourcen frei hat und am schnellsten den Auftrag abwickeln kann. Zudem plant jedes Shuttle seine Route selbstständig.

Der zweite Vorteil ist die Konfigurierbarkeit. Hierzu zählen einfache Kontrolle, das schnelle Hinzufügen neuer Fahrbereiche oder Stationen sowie die skalierbare Leistung.

Der dritte Vorteil ist das Schaffen neuer Wege: Die Open Shuttles navigieren mithilfe intelligenter Software und Sensorik; so lassen sich flexible innerbetriebliche Transportnetzwerke schaffen.

Für die verschiedenen Transportaufgaben hat Knapp unterschiedliche Typen von Open Shuttles im Portfolio. Hierzu zählen das Open Shuttle für den Behältertransport und Regaltransporte sowie eine Reihe von Add-ons, wie Lastaufnahmemittel für den Leiterplattenmagazin-Transport, für Magazintransport mit Kippschutz oder ein integrierter Hub.

In Kombination mit einem zentralen Lagersystem wie dem OSR Shuttle Evo vernetzen die Open Shuttles jeden Ort im Produktionsbetrieb oder Distributionszentrum mit dem Lagersystem. Diese innovative Systemlösung heißt bei Knapp „OSR Shuttle Evo+“.

„Mit den Lösungen von Kinexon werden FTF selbst unter anspruchsvollen Bedingungen frei und flexibel gesteuert“, meldet dieses Unternehmen, „wodurch ein dynamischer Materialfluss und effiziente Arbeitsabläufe ermöglicht werden.“

Umfassende Steuerungslösung für autonome Fahrzeuge

Technologisch umgesetzt wird dies mit der Lösung „Kinexon Brain“. Sie basiert auf dem bekannten, offenen Robot Operating System, kurz ROS, und bietet den Anwendern die Möglichkeit, auf der Basis von modernen Programmieransätzen und Schnittstellen industrietaugliche autonome Fahrzeuge einzusetzen, ohne dabei auf die Anbindung an neue, auf einheitlichen Standards basierenden Flottenmanagementsysteme zu verzichten.

Mit seiner modularen Funktionsweise ermöglicht das ROS die schnelle Einbindung von neuer oder zusätzlicher Peripherie sowie die Anbindung des Fahrzeugs an Besonderheiten des Flottenmanagers. Basierend auf Linux und ROS lässt sich das Kinexon Brain auf vielen vorhandenen Steuerrechnern installieren und mit den vorhandenen Fahrzeugkomponenten verbinden. Mit einer ROS-basierten Fahrzeugsteuerung lässt sich die Fahrzeugposition höchst präzise errechnen. Zudem können durch die Integration der Kinexon-Funklokalisierung auch manuell bediente Geräte wie Handwagen, Gabelstapler oder Routenzüge in die dynamische Routenplanung der FTS aufgenommen werden.

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Alexander Böhm, Product Owner Mobile Robotics bei Kinexon, fasst die Charakteristika und den Nutzen von Kinexon Brain zusammen: „Effizient, robust und flexibel – das müssen intelligente Komponenten der Smart Factory sein; so auch FTF. Deshalb haben wir mit Kinexon Brain ein Kontroll- und Betriebssystem entwickelt, das sich flexibel durch die offene Architektur in die FTF unterschiedlicher Hersteller integrieren lässt. Künftig gilt es, verschiedene technologische Möglichkeiten miteinander zu fusionieren. Aktuell erfolgt die Lokalisierung primär über einen Laserscanner, der die Umgebung kartiert. Eine höhere Robustheit wird über zusätzliche UWB-basierte Sensoren erreicht.“ Wie Böhm weiter ausführt, „wäre es künftig vorstellbar, hier ebenfalls eine Kamera zu integrieren, um Objekte nicht nur automatisch zu erkennen, sondern auch zu klassifizieren“.

Komplexes Zusammenspiel vieler Softwarekomponenten

Magazino bietet neu die Roboter-Software „ACROS.AI“ an. Diese vereint zahlreiche Module, welche intelligente und mobile Roboter benötigen, um sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden und selbstständig Entscheidungen zu treffen. Dazu gehören zum Beispiel die autonome Navigation in einer Lager- oder Produktionsumgebung.

Mit dem Technologie-Stack ACROS.AI bietet Magazino Herstellern von FTS, autonomen Gabelstaplern oder vergleichbaren Robotern die Möglichkeit, bereits im Einsatz erprobte Softwaremodule zu nutzen, anstatt jeweils eigene Lösungen zu entwickeln. ACROS steht für „Advanced Cooperative Robot Operating System“ und ist bei den Handling-Robotern Toru und Soto im Einsatz. Während der mobile Pick-Roboter Toru in zahlreichen E-Commerce-Lagern arbeitet und online bestellte Schuhe aus Fachbodenanlagen kommissioniert, sorgt der deutlich größere Roboter Soto für den Nachschub an Produktionslinien. Soto liefert bis zu 20 kg schwere Kleinladungsträger komplett vom Zentrallager zur Montagelinie und sammelt auch das Leergut wieder ein.

Wie die Verantwortlichen von Magazino betonen, „ermöglicht ,ACROS.AI‘ auf beiden Robotern bereits heute das enorm komplexe Zusammenspiel aus einer Vielzahl von Softwarekomponenten“. Dazu zählen unter anderem: Lokalisierung, Navigation, Auftragsmanagement, Bilderkennung, Verhaltenssteuerung, Fehler-Handling, Kommunikation mit der Cloud, Machine Learning sowie Werkzeuge für die Entwickler wie auch für das Serviceteam zur Fernwartung.

Stets auf der richtigen Spur

Mit der Software „LiDAR-LOC“ von Sick bleiben fahrerlose Transportfahrzeuge, Carts und Roboter auch dann in der Spur, wenn ein magnetisches oder optisches Führungsband einmal fehlen sollte. Hierzu nutzt das System die 2D-Umfeldmessdaten von Sicherheits-Laserscannern von Sick, die als berührungslos wirkende Schutzeinrichtung oftmals ohnehin mit an Bord der Fahrzeuge sind.

Die 2D-Lokalisierungslösung „LiDAR-LOC hybrid“ – für „Light Detection and Ranging“ – wertet, getrennt von der Sicherheitsfunktion, laufend die Umfeldmessdaten der Sicherheits-Laserscanner aus und kennt so jederzeit die Position des Fahrzeugs. Sie fährt als ergänzendes System auf den Fahrzeugen mit und aktiviert sich automatisch, wenn das magnetische oder optische Spurführungsband nicht mehr erkannt wird.

Eigenständige Positionsermittlung
Angelernt

Mit der automatischen Kartenaktualisierung lenkt die Software die gesamte „ActiveShuttle“-Flotte. Bediener können Transportaufträge auch manuell, zum Beispiel per Tablet, abwickeln.
Mit der automatischen Kartenaktualisierung lenkt die Software die gesamte „ActiveShuttle“-Flotte. Bediener können Transportaufträge auch manuell, zum Beispiel per Tablet, abwickeln.
(Bild: Bosch Rexroth)

Mit der Softwarekomponente „Locator“ von Bosch Rexroth ermitteln mobile Roboter eigenständig ihre Position. Für die Inbetriebnahme der Komponente benötigen Anwender weder Expertenwissen noch konkrete bauliche Vorrichtungen. Die Software wertet die Signale eines Lasersensors im Fahrzeug aus und wandelt sie in Koordinaten im Raum um. Zur Orientierung und Positionsbestimmung sind keine fest installierten Hilfsmittel wie Marker oder Reflektoren notwendig.

Für die Inbetriebnahme benötigen Anwender lediglich einen Klick und lernen das Fahrzeug mit einer einmaligen Orientierungsfahrt an. Hierfür steht eine intuitive Benutzeroberfläche, basierend auf einer 3D-Technologie, bereit. Die Software kartiert eine anfänglich unbekannte Umgebung und erstellt automatisch eine Karte, die der Locator auf dem Fahrzeug selbst oder wahlweise auf einem ebenfalls von Bosch Rexroth angebotenen Server speichert.

Das Sick-Map-Engineering-Tool nutzt die von den Sicherheits-Laserscannern gelieferten Messdaten, um Wände, Tore, Pfeiler oder Regale für die LiDAR-LOC-Software zu erfassen und so die Einsatzumgebung des Fahrzeugs zu kartieren. Ergänzend dazu wird auch die auf dem Fahrzeug per Referenzfahrt eingelernte Fahrspur elektronisch kartiert. Geht die Spur auf dem Boden verloren, schaltet die Fahrzeugsteuerung positionsgenau auf das messende Back-up-Lokalisierungssystem um. Wird das Band wiedererkannt, übernimmt erneut das Spurführungssystem die Fahrzeugnavigation.

Die LiDAR-LOC-hybrid-Software lässt sich als ergänzendes System auf AGV, Carts (AGC) oder autonom-mobilen Robotern (AMR) sowohl herstellerseitig als auch nachträglich durch den Betreiber problemlos installieren.

Kompakter mobiler Roboter

Das dänische Unternehmen Mobile Industrial Robots (MiR) bringt mit dem „MiR250“ sein bislang agilstes Modell auf den Markt. Der autonome Transportroboter eignet sich ideal für den Einsatz in beengten und stark frequentierten Umgebungen.

Der Roboter ist kleiner und niedriger als gängige Modelle mit vergleichbarer Traglast und passt durch nur 80 cm breite Türöffnungen. Thomas Visti, CEO von MiR: „Da in der Industrie nur wenig Platz zur Verfügung steht und mobile Roboter in bestehenden Umgebungen eingesetzt werden sollen, ohne dass diese verändert werden müssen, werden dringend Roboter benötigt, die in engen Räumen navigieren, Aufzüge benutzen und Kurven zügig umfahren können. Mit dem MiR bieten wir Anwendern genau eine solche Lösung.“

Der MiR ist widerstandsfähig genug für den Einsatz in industriellen Produktionsumgebungen, bis zu 7,2 km/h schnell, bietet pro Tag eine um bis zu 3 h verlängerte Betriebszeit und ein Batteriewechsel dauert nur 2 min. Mit Aufsatzmodulen passt sich der Roboter an die Bedürfnisse der Anwender an. So bietet MiR erstmals eine auf den Roboter montierbare Hubvorrichtung an, den „MiR Shelf Carrier“, mit dem das Gerät Regale selbstständig aufnehmen und absetzen kann. Zudem stehen Rollenförderer, Roboterarme, Regalmodule und andere An- und Aufbauten zur Verfügung. Sensorik und integrierte Sicherheitsfunktionen sorgen für den Schutz der Mitarbeiter.

Software übernimmt das Auftragsmanagement für FTS-Flotte

Zentraler Bestandteil des autonomen Transportsystems „ActiveShuttle“ von Bosch Rexroth ist die innovative Software AMS: Sie steuert alle Warenströme in der Intralogistik. Das dafür erforderliche Sicherheitskonzept gewährleistet höchste Sicherheit für Mensch und Maschine. Die nach SIL2 und Performance Level d zertifizierten Sicherheits-Laserscanner gleichen dazu fortwährend Position, Route und Verkehrssituation der Fahrzeuge mit dem AMS ab. So lenkt die Software auch dank der automatischen Kartenaktualisierung die gesamte „ActiveShuttle“-Flotte und stellt einen störungsfreien Materialfluss sicher.

Zusätzlich übernimmt das AMS das gesamte Auftragsmanagement: Bediener können Transportaufträge manuell, zum Beispiel per Tablet, abwickeln. Diese lassen sich jedoch auch automatisch auslösen, beispielsweise aus ERP- oder ME-Systemen.

Rundum-Bewegungsfreiheit für AGV
Nachrüstbar

Mit dem neuen omnidirektionalen Fahrmodul ermöglicht die Automatisierungs-Plattform Simove nun eine 360°-Bewegungsfreiheit für AGV.
Mit dem neuen omnidirektionalen Fahrmodul ermöglicht die Automatisierungs-Plattform Simove nun eine 360°-Bewegungsfreiheit für AGV.
(Bild: Siemens)

Siemens hat „Simove“, den modularen Baukasten für Automated-Guided-Vehicle-(AGV)-Applikationen, um die Funktionalität zur omnidirektionalen Ansteuerung erweitert. Die neue Software ermöglicht eine uneingeschränkte Bewegungsfreiheit für AGV. Zusammen mit dem Partner EBM-Papst wurde ein erstes Applikationsbeispiel entwickelt: ein Fahrlenksystem, das mit Simatic Micro-Drive, der durchgängigen Steuerung Simatic und der neuen Ansteuerungssoftware aus dem Simove-Baukasten realisiert wurde.

Simove ist eine Systemplattform speziell für AGV, die standardisierte Automatisierungs- und Antriebskomponenten zusammen mit modularer, vorgetesteter Software aus dem Siemens-Digital-Enterprise-Portfolio enthält.

Vielfältige Schnittstellen lassen Fahrzeuge unterschiedlicher Hersteller zu, somit kann das Simove-Leitsystem auch für vorhandene AGV-Fuhrparks nachgerüstet werden.

Für eine umfassende Vernetzung in Montage und Intralogistik lassen sich auch kollaborative Roboter wie der „APAS“ sowie das Montage-Assistenzsystem „ActiveAssist“ in das AMS einbinden. So können die vernetzten Systeme mit dem „ActiveShuttle“ kommunizieren und entsprechende Bedarfe an das AMS melden. Durch den intelligenten Datenaustausch vollzieht das AMS so die Vernetzung von Montage und Logistik; Unternehmen profitieren dabei spürbar vom hohen Automatisierungsgrad.

Dazu speichert das „ActiveShuttle“-Management-System alle Bewegungen der „ActiveShuttle“-Flotte und stellt diese Daten für eine Analyse zur Verfügung. Sie erschließen weitere Optimierungspotenziale und bieten einen realen Zusatznutzen, der sich unter anderem durch kleinere Losgrößen, geringere Material- und Lagerbestände sowie kürzere Materialdurchlaufzeiten auszeichnet. ■

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