Digitalisierung Thyssenkrupp digitalisiert die Abkühlung von Stahlcoils
Damit, heißt es, hat man den nächsten Schritt in die Smart Factory bei der Stahlblechverarbeitung getan. Entwickler dieser mathematisch unterstützten Innovation ist das Werk Hohenlimburg.
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Thyssenkrupp Hohenlimburg gilt als Musterbeispiel, wenn es um die Digitalisierung im Walzwerksumfeld geht. Und vor einiger Zeit gelang es dem Pionier, das sogenannte Duschlager, in dem die Coils vor der Beize gezielt abgekühlt werden, in die bestehende Digitalstruktur zu integrieren. Dort profitiert man nun von kürzeren Durchlaufzeiten des warm gewalzten Mittelbands. Seit das Duschlager im November 2020 auch als „Digitaler Zwilling“ existiert – also als virtuelles Abbild des realen Standorts – ist das Abkühlen des Warmbands nicht mehr dem Zufall überlassen. Denn das System meldet, sobald ein Coil bereit ist für den Weitertransport und die nächste Verarbeitungsstufe. Das Ganze wird übrigens temperaturabhängig gemanagt, sagt Thyssenkrupp.
Wasserdusche drückt Kühlzeit auf rund 8 % herunter
Die Wasserdusche hat im Vergleich mit üblichen Abkühlprozessen an der Luft gleich mehrere Vorteile, heißt es weiter. „Wir konnten die Durchlaufzeiten von durchschnittlich 72 auf nur noch 5 bis 6 Stunden verkürzen“,betont Thomas Westermann, Leiter Instandhaltung und Logistik in Hohenlimburg, und an der Einführung des neuen Prozesses maßgeblich beteiligt. Und Qualitätsmängel (Rostnarben) seien durch die gesteuerte Abkühlung passé. Wichtig ist, dass die Coils im Duschlager und im angeschlossenen „Vorsetzlager Beize“ nur so weit heruntergekühlt werden, wie es für den Beizprozess optimal ist, merkt Westermann an. Das klappe sehr gut aufgrund der Zusammenführung verschiedener Prozessdaten und eines selbst entwickelten mathematischen Modells. Das sorge dafür, dass jedes einzelne Coil „weiß“, wann es die optimale Temperatur erreicht hat.
Das weltweit einzigartige Verfahren dreht also an zwei entscheidenden Stellschrauben: Es optimiert die Lagerlogistik und erhöht die Produktivität im Verarbeitungsprozess. „So etwas geht nur mit einer belastbaren Datenbasis“, macht Hohenlimburgs IT-Leiter Ulrich Schneppe klar. Nicht zuletzt steckt jahrelange, mühevolle Kleinarbeit hinter dem heute sichtbaren Erfolg. Aber jetzt helfe das Data-Tracking und -Tracing dabei, die Prozessparameter noch genauer mit dem Materialfluss zu verbinden. Jetzt ist immer nachvollziehbar, wo auf dem Werksgelände sich ein spezifisches Coil gerade befindet. Auch der Stapler ist übrigens in Echtzeit eingebunden, ergänzt Schneppe.
Eine unschöne digitale Lücke ist deutlich geschrumpft
Mit der Digitalisierung des Duschlagers erreiche das Werk Hohenlimburg das Ziel einer voll vernetzten Hütte ein Stück weiter. Und den Abnehmern könne man so künftig umfangreichere Gestaltungsspielräume bieten. Unter dem Schlagwort „Walzen as a Service“ bestimmen die Kunden schon heute mit, was in Hohenlimburg als nächstes auf dem Walzprogramm steht, merkt Westermann an. Damit dieses Geschäftsmodell auch ohne immense Lagerhaltung funktioniere, seien schnelle Durchlaufzeiten essenziell. „Bislang fehlte uns das digitale Verbindungsstück zwischen der Walzstraße und den Materialverfolgungssystemen unserer beiden Beizlinien“, erklärt Schneppe. Diese Lücke habe man mit dem Lagerverwaltungssystem Duschlager deutlich verringert. Demnächst soll mit dem „Vorsetzlager Beize“ auch der letzte Bereich eingebunden werden, heißt es weiter. Dann kann das Werk von der Brammenverladung in Duisburg bis zum Beizen in Hohenlimburg den gesamten logistischen Prozess digital abbilden, regeln und steuern.
Zufriedene Gesichter zeigen auch die Staplerfahrer
Auch bei den Mitarbeitenden komme das digitale Lagerverwaltungssystem gut an. Denn es ermöglicht den Staplerfahrern, die Coils schneller zu finden oder abzulegen, es gibt Hinweise dazu, an welchen Stellen die Ladung bedenkenlos platziert werden kann und nicht zuletzt erhöht sich die Arbeitssicherheit. Westermann: „Je häufiger man die digitalen Werkzeuge anwendet, desto klarer werden die Vorteile“, stellt Westermann fest. Das fange mit der Optimierung der logistischen Abläufe an und ende beim Controlling, bei dem Informationen über Materialbestände, Umschlagshäufigkeiten und das gebundene Kapital abrufbar seien.
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