Deutschland in Gefahr! Vier Verbände prangern katastrophale Automobilzuliefer-Situation an

Redakteur: Peter Königsreuther

Material teuer wie noch nie, Teile werden nicht abgenommen, Energiepreise explodieren. Die Lieferkette der Automobilindustrie steht vor dem Kollaps. IBU, IMU, VDFI und DSV reden hier Tacheles.

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Für mittelständische Automobilzulieferer spitzt sich die Lage ernsthaft zu. Vier Verbände schlagen Alarm und machen sich in diesem Brandbrief Luft. Sie machen aber auch Vorschläge, wie die Lage entschärft werden könnte.
Für mittelständische Automobilzulieferer spitzt sich die Lage ernsthaft zu. Vier Verbände schlagen Alarm und machen sich in diesem Brandbrief Luft. Sie machen aber auch Vorschläge, wie die Lage entschärft werden könnte.
(Bild: Volkswagen)

So sieht`s leider aus: „Zerstörerische Markthemmnisse, chipmangelbedingte Produktionsstopps und drastisch gestiegene Energiekosten werden für Zulieferer zum ruinösen Mix. Und gefährden den Standort Deutschland“, ärgert sich IBU-Geschäftsführer Bernhard Jacobs. Mit diesem Brandbrief gehen vier Industrieverbände jetzt auf die Hauptkundengruppen in der Automobilindustrie zu. Die Verfasser sind der Industrieverband Blechumformung e. V. (IBU), der Industrieverband Massivumformung e. V. (IMU), der Deutsche Schraubenverband e. V. (DSV) und der Verband der Deutschen Federnindustrie e. V. (VDFI).

Die Lage ist hochbrisant für Zulieferer aus dem KMU-Bereich

Bernhard Jacobs beschreibt die Lage als „hochgefährlich“ für die mittelständische Zulieferstruktur, weil Verantwortliche schwer auszumachen sind, plädieren die Verbände für den Schulterschluss zwischen OEMs und Zulieferern. Vom Staat fordert man zudem eine Energiekostenbegrenzung, weil hohe Preise die Krise zusätzlich befeuern.

Die Branchenverbände lenken den Blick der Automobilhersteller auch auf den Erhalt der Lieferketten. Jacobs fordert: „Wir brauchen von unseren Auftraggebern verlässliche Produktionszahlen und Abrufplanungen.“ Ihren Mitgliedern empfehlen sie, Kunden in die Pflicht zu nehmen. „Sie sollten nur noch dann Vormaterial bestellen, wenn die Abnahme der Teile definitiv zugesichert ist“, empfiehlt Jacobs. Der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) hat dafür die Rechtsverbindlichkeit von Lieferabrufen nochmals juristisch bewertet und den Mitgliedsunternehmen zur Verfügung gestellt.

Bernhard Jacobs beschreibt die Lage als „hochgefährlich“ für die mittelständische Zulieferstruktur. Un Weil Verantwortliche schwer auszumachen sind, plädieren die Zulieferverbände für einen Schulterschluss mit den OEMs.
Bernhard Jacobs beschreibt die Lage als „hochgefährlich“ für die mittelständische Zulieferstruktur. Un Weil Verantwortliche schwer auszumachen sind, plädieren die Zulieferverbände für einen Schulterschluss mit den OEMs.
(Bild: IBU)

Chipmangel nicht abwälzen, sondern abfedern

Der gravierende Chipmangel zwingt Automobilhersteller zu Produktionseinschränkungen. Opel Eisenach schließt bis Jahresende, VW pausiert in Wolfsburg bis Mitte Oktober. Systemlieferanten, wie ZF Getriebe, gehen bis mindestens Ende 2022 von einer angespannten Halbleiterversorgung aus. Bei Zulieferern verursacht das laut DSV-Geschäftsführer Hans Führlbeck über 30-prozentige Umsatzeinbrüche, verbunden mit Liquiditätsengpässen durch verschobene und nicht abgenommene Fertigware. Er appelliert an OEMs, das Chiprisiko nicht abzuwälzen. Führlbeck wird deutlicher: „Auch wenn Hersteller teilweise nicht wissen, wann sie welche Mengen von Elektronikbauteilen bekommen, haben sie eine vertragliche Verpflichtung gegenüber ihren Zulieferern.“ Gefragt sind also Lösungen, die deren Probleme abfedern. Die gute Ergebnislage der OEMs lässt das sicherlich zu, wie der DSV-Geschäftsführer dazu anmerkt.

Energiepreise dürfen die Lage nicht verschlimmern

Auch der Staat ist in der Pflicht! Ihn rufen die Branchenverbände auf, nicht krisenverschärfend zu agieren. „Unsere steuergetriebenen Energiepreise belasten die Industrie in unzumutbarer Weise. Insbesondere im internationalen Wettbewerb“, unterstreicht Wolfgang Hermann, Geschäftsführer des VDFI. Und der IMU-Geschäftsführer Tobias Hain ergänzt: „Frankreich reagiert auf die aktuelle Lage mit einem Energiedeckel zum Schutz der Industrie und Deutschland erhöht dagegen unverständlicherweise die Preise.“ Den Zeitpunkt für CO2-Abgaben- und EEG-Umlageerhöhungen halten die Branchenvertreter gemäß O-Ton für „absolut falsch“. Die mittelständische Wirtschaft stehe vor gewaltigen Herausforderungen, für die Transformation müssen Investitionsreserven erwirtschaftet werden. „Wer die Zulieferer jetzt alleinlässt, gefährdet den Standort Deutschland“, betonen IBU, IMU, DSV und VDFI.

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