Digitalisierung Vom Fasshersteller zum Datenmanager

Autor / Redakteur: Hartmut Thomsen / Dipl.-Betriebswirt (FH) Bernd Maienschein

Echter Kundennutzen statt zielloser Digitalisierung: Fasshersteller Schäfer Werke hat Container mit Sensoren ausgestattet, die ihren aktuellen Status über das Internet der Dinge (IoT) funken. Eine Technologie, mit der Kunden Logistikprozesse optimieren und Kosten senken können.

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Neben Feinblechen als Coil, Spaltband und besäumtes Breitband fertigt Schäfer Werke auch Intermediate Bulk Container (IBC) und Sonderbehälter für jede Anwendung – jetzt mit Sensoren ausgestattet, die ihren aktuellen Status funken.
Neben Feinblechen als Coil, Spaltband und besäumtes Breitband fertigt Schäfer Werke auch Intermediate Bulk Container (IBC) und Sonderbehälter für jede Anwendung – jetzt mit Sensoren ausgestattet, die ihren aktuellen Status funken.
(Bild: Schäfer Werke)

Eine der Voraussetzungen für ungetrübten Genuss in der Stammkneipe: Der Wirt muss sich auf die Lieferkette verlassen können. Denn nehmen die Bierfässer auf dem Weg von der Brauerei in die Gastwirtschaft etwa durch einen Unfall Schaden und der Gastronom erfährt davon nichts, bleiben die Gläser leer. Und dem Gastronomen entgehen wichtige Einnahmen.

Ob Lebensmittel für Handel oder Gastronomie, Ersatzteile für Produktionsbetriebe oder Medikamente im Gesundheitswesen: Wenn Lieferketten unerwartet und unmittelbar unterbrochen werden und Waren nicht mehr rechtzeitig zum Kunden gelangen, kämpfen Unternehmen schnell mit Umsatzeinbußen, die mitunter sogar geschäftsschädigend sein können. Laut einer aktuellen Studie zum Thema Supply Chain Risk Management des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) keine Seltenheit: Fiel doch 2018 bei drei von vier Unternehmen die Lieferkette aus. Die Gründe dafür sind vielfältig: Stockender Verkehr auf der Autobahn kann eng getaktete Terminpläne verzögern, zu hohe Temperaturen in Güterwaggons können die Ware beschädigen und auf hoher See können Container bei schwerer See starken Erschütterungen ausgesetzt sein. Die Folgen: Die Waren kommen verspätet an, der Kunde erfährt oft erst sehr spät von den Verzögerungen – und kann oft nicht einmal nachvollziehen, wo genau der Fehler in der Lieferkette lag. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch geschäftskritisch.

Datenlogger halten Lieferkette transparent

Um solche Risiken von Anfang an zu vermeiden, ist eine kontinuierliche Überwachung der Supply Chain unabdingbar. Wie die aussehen kann, zeigt der Siegerländer Mittelständler Schäfer Werke Gruppe. Der Stahlverarbeiter hat innovative Datenlogger zur Ankopplung an sogenannte Intermediate Bulk Container (IBC, deutsch: Großpackmittel) entwickelt, die sich mit dem Internet der Dinge vernetzen lassen. Das Unternehmen beliefert Kunden aus allen Branchen mit seinen 500 bis 1500 l fassenden Industriecontainern: Pharmaunternehmen transportieren Medikamente, Chemieunternehmen nutzen sie für Duftstoffe oder Lacke und die Lebensmittelindustrie transportiert Marmelade, Wein oder Bierzusatzstoffe. Alle müssen dabei stets im Blick haben, wo sich die Ware befindet und in welchem Zustand sie ist. Nur dann lässt sich die erforderliche Qualität bis zur Endabnahme gewährleisten.

Container-Charts: Die Container-Map gibt Auskunft über die Umschlagquote, den aktuellen Füllstand, wo sich die Container befinden und zeigt auch Fehlermeldungen an.
Container-Charts: Die Container-Map gibt Auskunft über die Umschlagquote, den aktuellen Füllstand, wo sich die Container befinden und zeigt auch Fehlermeldungen an.
(Bild: Vizuu)

Das Ziel der neuen Technologie: die Warenwirtschaft und Lieferkette für Kunden permanent transparent zu gestalten. Eine Anforderung, die für Unternehmen künftig unverzichtbar sein wird. Denn Kunden haben immer höhere Anforderungen und wollen etwa live nachverfolgen können, wo sich ihre Ware befindet. Kein Wunder also, dass rund 50 % der befragten Unternehmen einer Capgemini-Studie sagen, dass digitale Logistikprozesse für sie zu den wichtigsten Geschäftszielen gehören. Aber: Nur 14 % setzen bisher auf die dafür nötige Technologie.

Die Lösung der Schäfer Werke funktioniert ganz einfach: In den Deckeln der Container sind robuste Sensoren verbaut, die den aktuellen Standort und Status in einem individuellen Turnus über das Internet der Dinge funken. Die Daten geben etwa Auskunft über Füllmenge, Druck und Erschütterungen oder auch Temperatur und Lichteinfall. Die sogenannten Datenlogger und eine damit verbundene Plattform hat das Tochterunternehmen Vizuu entwickelt, das extra für dieses Projekt gegründet wurde. Auf Wunsch können die Sensoren sogar in Echtzeit Informationen über die Container funken. Hinzu kommt: Nicht nur neue, auch bestehende Industriecontainer anderer Hersteller lassen sich mit den Sensoren ausstatten.

Verschiedene Funkstandards gefragt

Wie aber gelangen die Daten von den Behältern zu den Endkunden? Vizuu setzt dafür auf verschiedene Funkstandards von 2G bis Narrowband-IoT. Für Tracking auf Firmengeländen, etwa in einer Lagerhalle, funktioniert die Datenübertragung auch über Bluetooth. Die Sensoren können mit diesen verschiedenen Übertragungsstandards von überall aus funken, egal, ob sich der Container unter der Erde in einer Lagerstätte befindet, mit einem Lkw auf der Autobahn, einem Frachtschiff auf hoher See oder einem Güterzug der Bahn unterwegs ist. Die Sensoren arbeiten bei Standardnutzung zwei Jahre lang autark. Danach lässt sich der Akku per Induktion wieder aufladen.

Sensoren im Containerdeckel funken den aktuellen Standort und den Status der IBC über das Internet der Dinge (IoT).
Sensoren im Containerdeckel funken den aktuellen Standort und den Status der IBC über das Internet der Dinge (IoT).
(Bild: Vizuu)

Die Funktechnologien senden die Daten der Industriecontainer im nächsten Schritt an eine SAP-Cloud. Die Entscheidung für die Software aus Walldorf fiel der Unternehmensgruppe aus Neunkirchen nicht schwer. Schließlich laufen einerseits bei den Schäfer Werken schon unternehmensinterne Systeme auf SAP. Andererseits haben auch die Kunden des Mitteständlers größtenteils SAP-Software im Einsatz. Damit lässt sich die Lösung leicht in bestehende IT-Landschaften integrieren und die Handhabung ist den Kunden vertraut. Supply-Chain-Manager können so beispielsweise ganz einfach in der bestehenden, bekannten Umgebung weiterarbeiten. Aber auch andere ERP-Lösungen lassen sich mit der SAP-Cloud verbinden.

Diesen Beitrag können Sie auch in einem E-Paper aus unserem Heftarchiv nachlesen: MM Logistik Ausgabe 001 2020

* Hartmut Thomsen ist Präsident der Region Mittel- und Osteuropa (MEE) bei SAP SE in 69190 Walldorf, Tel. (0 62 27) 74 74 74, harmut.thomsen@sap.com

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