Geld muss arbeiten! Zig Milliarden Euro bleiben im Maschinen- und Anlagenbau ungenutzt
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In Deutschland, Österreich und der Schweiz seien aus dem Maschinen- und Anlagenbau schätzungsweise 162 Milliarden Euro an Betriebskapital gebunden. Rund 35 Milliarden könnten aber freigesetzt werden.

Rekordinflation, geopolitische Unsicherheiten und gestörte Lieferketten fordern die Unternehmen. Immerhin liegen die Umsätze, die 2020 pandemiebedingt um 5 Prozent gesunken waren, wieder beinahe auf Vorkrisenniveau. Und auch beim Working Capital Management lässt sich über die vergangenen Jahre eine positive Tendenz feststellen. Denn seit 2019 ist die Net Working Capital-Quote auf 21 Prozent gesunken (2019 waren es 25 Prozent).
Dennoch gibt es mit Blick auf das Working Capital Management (WCM) der Unternehmen noch viel ungenutztes Potenzial. Zu dem Ergebnis, dass die Maschinen- und Anlagenbauer aus der DACH-Region zu viel Geld „eingefroren“ haben, kommt eine Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PWC Deutschland, die dazu über 600 Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 100 Millionen Euro aus dem Maschinen- und Anlagenbau untersucht hat. „In den von uns analysierten Industrieunternehmen schlummern insgesamt 35 Milliarden an Cash-Potenzial“, kommentiert Rob Kortman, Leiter Working Capital Management & Solutions bei PWC Deutschland, die Analyse. Den Unternehmen, denen es gelingt, diese Liquidität freizusetzen, winkt deshalb die Chance, den Zugang zu einer kostenlosen internen Kapitalquelle zu erhalten, die sie zur Bewältigung aktueller Herausforderungen wie der Kosteninflation und gestiegenen Zinsen nutzen können, heißt es weiter. Zusätzlich könnten sie damit auch benötigte Investitionen, Wachstum oder Prozessoptimierungen finanzieren.
Immer mehr Lieferanten bestehen auf Vorauszahlungen
Wie man an das schlummernde Kapital herankommt, zeigt ein Blick auf die einzelnen Kennzahlen des Working Capital Management: So ist die Reichweite der kurzfristigen Verbindlichkeiten (Days Payables Outstanding = DPO), also die Periode zwischen Rechnungsdatum und Bezahlung, zwischen 2019 und 2021 um drei Tage auf 43 Tage gesunken. Ein Grund für diese Entwicklung sei, dass viele Lieferanten ihre Zahlungsfristen verkürzt hätten, indem sie etwa Vorauszahlungen forderten. Der Druck auf die Verbindlichkeiten dürfte mittelfristig weiter steigen, schätzt Kortman.
Die Hauptursachen für diesen Trend sind nach Ansicht des Experten die derzeit hohen Herausforderungen im Bereich Lieferketten und die deutlichen Kostensteigerungen in der Beschaffung und Energieversorgung. Nach Meinung von Kortmann sollte der Schwerpunkt der Maschinen- und Anlagenbauer nun deshalb darauf liegen, ihre Lieferantenauswahl und die Lieferkette genau zu analysieren, damit sie besser einschätzen können, wie stabil und finanzstark dieselben sind.
Verbesserte Prognosen zur Bestandsreichweite
Die Bestandsreichweite (Days Inventory On-Hand = DIO), also der Zeitraum zwischen Wareneingang und Warenausgang, blieb bei den untersuchten Unternehmen zwischen 2019 und 2021 stabil, wie es weiter heißt. Diese Kennzahl lag im Schnitt jeweils bei 104 Tagen. Während die Vertreter der meisten Subsektoren ihr Leistungsniveau halten konnten, stieg die Bestandsreichweite bei industriellen Mischkonzernen stark an – und zwar von 82 Tagen im Jahr 2019 auf 91 Tage im Jahr 2021. Das heißt, schneiden in diesem Bereich nun schlechter ab als vor der Krise. Kortman geht deshalb davon aus, dass anhaltende Lieferschwierigkeiten in Folge von längeren Vorlaufzeiten, höheren Pufferbeständen und steigenden Transport- und Lagerhaltungskosten zu weiteren Schwankungen der DIO-Leistung führen werden.
Um die Bestandsreichweite zu drücken, komme es deshalb besonders darauf an, die Vorhersageprozesse zu verbessern und für ein hohes Maß an Transparenz zu sorgen. Das, merkt der Experte an, gelingt am besten durch sogenannte transaktionale Daten- und Analyse-Tools, die dabei helfen, erhöhte Beschaffungsrisiken rechtzeitig zu erkennen, um gegenzusteuern.
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