Dateninterpretation So lernen Luftfrachtakteure von den Liefererfahrungen auf der Straße
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Luftfracht betrifft nicht nur die Zeit zwischen Start und Landung, sagt der ACD. Schon bei der Be- und Entladung der Maschinen laufe ein komplexes Miteinander ab. Das will man nun noch optimieren.

Immer leistungsfähigere Rechenkapazitäten versprechen Abfertigern und Logistikern auch im Aircargo-Bereich immer effizientere Bodenprozesse. Doch es gibt ein Problem! Denn das alleinige Sammeln und Auswerten großer Datenmengen garantiert noch keine besseren Planungen. Wichtig ist auch eine „intelligente“ Interpretation der gesammelten Daten. Was die Luftfracht hierbei von Lieferketten in dicht befahrenen Stadtgebieten lernen kann, erklärt Dr. Clemens Beckmann, CEO von Greenplan.
Denn das von DHL finanzierte Start-up hat einen leistungsfähigen Algorithmus entwickelt, der optimale Zustellrouten und Haltesequenzen für bodengebundene Lieferdienste bis zur sogenannten „letzten Meile“ berechnet. Zusätzlich zu Anstrengungen in Sachen Effizienz, Schnelligkeit und Pünktlichkeit würden auch Nachhaltigkeitsaspekte mit eingeplant. Unternehmen mit Außendienstlern nutzen das Tool, das von Wissenschaftlern der Universität Bonn in Zusammenarbeit mit DHL entwickelt worden ist, bereits, wie man weiter erfährt. Doch auch Airlines bewegen viele Güter nicht nur in der Luft, sondern auf dem Boden, merkt der Experte an. Dabei rücke die Komplexität der Routenplanung sofort in den Fokus. Wichtig bei der Planung ist es laut Beckmann, dass möglichst günstige und nachhaltige Routen durch kombinatorische Optimierung erstellt werden.
Überlappungsmodell und Algorithmen finden Idealrouten
Ganz genau wie bei Kurieren, Paketboten oder Außendienstleistern, begegneten auch Luftfrachtakteure bei ihrem Bodenverkehr dem sogenannten „Traveling Salesman“-Problem. Das heißt: wächst die Menge der Zwischenziele, steigt die Anzahl der möglichen Routen exponentiell an. Habe man etwa 5 Adressen, resultiere das in 120 Routen. Schon bei 10 Adressen hingegen sieht man sich über 3,5 Millionen Routen gegenüber. Die Komplexität der Planung steigt also rasant. Beckmann: „Derartige Berechnungen sind extreme Herausforderungen, die aber durch heutige Technologien smart gelöst werden können.“ Im Algorithmus erhalte jede Sendung und Adresse ein eigenes Zeitfenster für Stopp und Abfertigung. Bereits an diesem Punkt könne die Komplexität feingesteuert werden.
Ebenso setzt Greenplan auf überlappende Auslieferungsgebiete. Denn feste Zonen seien für einzelne Fahrzeuge im dynamischen Stadtverkehr zu starr. Völlig zonenfreie Planungen bringen hingegen zu lange Fahrtwege und lassen Fahrzeuge öfter in Gebiete fahren, wo Fahrer schlechte Ortskenntnisse haben, heißt es weiter. Doch das Überlappungsmodell beweist sich laut Beckmann als bestmöglicher Kompromiss zwischen Flexibilität und Gewohnheit, denn etwa 80 Prozent der Zonen sind vertraute Gebiete für die Fahrer. Das ist ein Modell, von dem auch die Luftfracht lernen kann. Weiterhin berücksichtigt der Algorithmus die täglichen Verkehrslagen und bestimmt so die besten Startzeiten, führt der Spezialist weiter aus. Die Zeit, die Fahrer ansonsten im Stau verbrächten, könnten damit für administrative Aufgaben oder für die Fahrzeugwartung genutzt werden. Umd as zu schaffen, analysiert Greenplan tagesaktuell Daten eines Navigationsdienstleisters.
„Lassen sich die Bodenverkehrsdienste in der Luftfracht intelligent und praxisgerecht planen, können an deutschen Verkehrsflughäfen auch weitere Emissionen gespart werden“, betont Beckmann. Insbesondere gelte das für die vielen mittelständischen Akteure in den Luftfracht-Lieferketten. Deshalb würde es der ACD begrüßen, wenn die deutsche Bundesregierung ihr Bestreben forciere, die Luftfracht zu digitalisieren und Unternehmen hier entsprechend zu fördern.
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