China Market Insider China schüttelt den Kopf über deutsches Lieferkettengesetz
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Mit einer Mischung aus Unverständnis und offenem Hohn in parteitreuen Medien ist das deutsche Lieferkettengesetz in China aufgenommen worden. Wie sich Forscher und Unternehmer dazu äußern.

Während es bislang keine offizielle Stellungnahme der chinesischen Regierung gibt – in den Kreisen der politischen Führung hält man sich da vornehm bedeckt – hat das am 11. Juni vom Bundestag verabschiedete Gesetz in akademischen und Wirtschaftskreisen mit Deutschlandbezug in Peking viel Unverständnis und Kritik ausgelöst.
Moderate Kommentatoren bedauerten meist die Politisierung der Wirtschaftsbeziehungen. „In den vergangenen Jahren konnte man beobachten, dass die deutsche Regierung kontinuierlich die Intervention des Staates gestärkt hat, was zuvor in der Revision der nationalen industriellen Strategie und Regeln für ausländische Wirtschaftsbeziehungen reflektiert war“, schreibt etwa Professor Zheng Chunrong, Direktor des Deutschland-Forschungszentrums an der renommierten Tongji-Universität in Shanghai.
Es stehe die Frage im Raum, ob die Intentionen derjenigen Menschen in Deutschland, die sich für dieses Gesetz eingesetzt hatten, wirklich so pur gewesen seien, wie sie es behaupten, schreibt Zheng im Polit-Magazin Huanqiu Shibao. Und er fragt, ob es wirklich ein Zufall gewesen sei, dass sich US-Präsident Biden auf einer Europareise befunden habe, als das Lieferkettengesetz im Deutschen Bundestag verabschiedet wurde.
In Wirklichkeit könne es den Deutschen weniger um Menschenrechte gegangen sein als darum, sich bei den USA anzubiedern, schreibt der sonst sehr germanophile Professor sinngemäß. Das wahre Ziel könne gewesen sein, China aus den globalen Lieferketten zu verstoßen, mutmaßt er weiter.
Zukünftig mehr Töne dieser Art aus Deutschland
Das angesehene Wirtschaftsmagazin Caixin sagte in seinem Kommentar zum Lieferkettengesetz voraus, dass China sich künftig wohl auf mehr Töne dieser Art aus Deutschland gefasst machen müsse – ganz besonders, wenn es in Berlin zu einer schwarz-grünen Allianz komme. „Falls ja, wird erwartet, dass Themen wie Umweltschutz, Menschenrechte und ethische Werte mehr und mehr Gewicht im internen und externen Agenda-Setting der deutschen Politik haben werden“, schreibt Caixin.
Besonders kritisch äußerte sich die englischsprachige Zeitung Global Times in Peking. „Indem sie grundlose Lügen über Xinjiang aufbauscht, hat die Grüne Partei in Deutschland Berichten zufolge deutsche Firmen aufgefordert sich für eine von beiden Seiten zu entscheiden“, schreibt die Global Times.
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China Market Insider
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Dem folgt eine Analyse der potenziellen Folgen für deutsche Großkonzerne wie Adidas, Puma, BMW, Bosch, Siemens, Volkswagen und BASF – soweit die in dem Artikel namentlich genannten Unternehmen – sollten sie sich wirklich gegen China entscheiden.
„Um Volkswagen als Beispiel zu nehmen: diese Firma ist repräsentativ für die Autoindustrie, eine Stütze der deutschen Wirtschaft, und ist in den vergangenen Jahrzehnten in China gewachsen und gediehen, mit Umsätzen in China, die fast 40 Prozent ihrer weltweiten Umsätze ausmachen“, schreibt die Global Times.
Alles in allem waren die veröffentlichten Stellungnahmen in China jedoch relativ zurückhaltend. Politische Beobachter gehen davon aus, dass man in Partei und Regierung in Peking erst einmal abwarten wolle, ob und wie das Gesetz wirklich implementiert werde.
Nur in privaten Gesprächen mit Chinesen in Peking und Shanghai, die mit Deutschen Geschäfte machen und zum Teil selbst lange in Deutschland gelebt haben, war viel Enttäuschung über das Lieferkettengesetz zu hören, das so gut wie überall als gezielter Affront gegenüber China aufgrund der Xinjiang-Frage verstanden worden ist.
* Henrik Bork ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking. „China Market Insider“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vogel Communications Group, Würzburg, und der Jigong Vogel Media Advertising in Beijing.
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