Krisenmanagementsysteme Materialdisposition in Zeiten knapper Ressourcen

Von Andreas Capellmann Lesedauer: 4 min

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Fragile Supply Chains bleiben eine Herausforderung für die Materialdisposition. Wie können Unternehmen bei mangelhafter Versorgungslage dennoch eine bestmögliche Lieferbereitschaft für zufriedene Kunden realisieren? Die Disposition von Produkten braucht Tools, um selbst bei tiefsten Stücklisten schnelle Ad-hoc-Erkenntnisse zu kritischen Artikeln zu gewinnen.

Fragile Lieferketten erzeugen bei vielen Industrieunternehmen Engpässe, da Waren nicht mehr pünktlich oder nur in geringeren Mengen oder zu deutlich höheren Preisen beschafft werden können.
Fragile Lieferketten erzeugen bei vielen Industrieunternehmen Engpässe, da Waren nicht mehr pünktlich oder nur in geringeren Mengen oder zu deutlich höheren Preisen beschafft werden können.
(Bild: jirin/piqsels.com)

Disponenten stehen heute vor einer Vielzahl komplexer Probleme, die sie mit konventioneller Planbedarfsermittlung nicht mehr lösen können. Seit der Corona-Pandemie, spätestens aber mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, greift in vielen Industriebetrieben eine bisher nicht gekannte Materialknappheit um sich: Die Lieferanten der fertigenden Unternehmen können nicht mehr wie gewohnt jedes erdenkliche Vorprodukt fristgerecht und in den gewünschten Mengen liefern. Sie sind aufgrund der auch bei ihnen fehlenden Ressourcen gezwungen, Bedarfe abzusagen oder nur noch in kleineren Losen oder auch deutlich teurer zu bedienen. Das führt in der fertigenden Industrie jeder Wertschöpfungsstufe zu dem Problem, dass für unzählige Fertigprodukte einzelne Stücklistenkomponenten fehlen und man selbst auch nur begrenzte Mengen an Fertigwaren ausliefern kann. In dieser Situation ist es entscheidend, genau zu wissen, welche Mengen von welchen Komponenten man tatsächlich benötigt. So kann man zumindest die dringendsten Bedarfe der eigenen Kunden bedienen und vor allem die zu geringen Mengen an Zukaufmaterialien für die Produktion der deckungsbeitragsstärksten Fertigprodukte verwenden.

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Die Aufgabe scheint einfach. Auf den ersten Blick errechnet jeder Material-Requirement-Planning-(MRP-)Lauf eines Enterprise-Resource-Planning-(ERP-)Systems genau diese Materialbedarfsmengen. Bei genauerer Betrachtung stellt man jedoch fest, dass die in einem MRP-Lauf ermittelten Mengen an Halbfertigartikeln, Rohmaterialien und Zukaufteilen um einiges größer sind, als die akut tatsächlich benötigten Mengen. Die Ursache dafür liegt in einer ganzen Reihe von materialnummernspezifischen Dispositionsparametern und Dispositionseinstellungen, die bei einem MRP-Lauf berücksichtigt werden und dazu führen, dass die kurzfristig benötigten Materialmengen deutlich aufgeblasen werden. Die Konsequenzen, die sich jedoch aus der Berücksichtigung von Sicherheitsbeständen, Mindestbestellmengen und Mindestfertigungslosen sowie Rundungslosgrößen ergeben, macht ein kleines Rechenbeispiel deutlich: Anstatt des akuten Bedarfs von vier Reifen und 28 Schrauben würde eine normale Materialbedarfsrechnung 75 Reifen und 750 Schrauben als Bestellbedarf ermitteln. Die als vermeintlich notwendig ermittelten Bedarfe an Komponenten können sich noch weiter erhöhen, wenn in die Berechnung nicht nur vorhandene Kundenaufträge einfließen, sondern auch Planprimärbedarfe aus statistischen Absatzprognosen und Vertriebsplänen.

Den reinen Bedarf ermitteln

Die ermittelten Mengen an zu bestellenden und zu fertigenden Artikeln sind also Ergebnis von komplexen Kalkulationen, die in der Regel viele Tausend Materialnummern berücksichtigen. Solch hohe Abstraktionsgrade mit Regelwerken für Hunderte von Dispositionsparametern und zahlreichen Optimierungsalgorithmen verschleiern den für den real bestehenden Auftragsbestand notwendigen reinen Materialbedarf erheblich.

Damit zeigt sich deutlich, dass über klassische Materialbedarfsrechnungen ermittelte Bedarfe an Fertigungs- und Beschaffungsteilen weit über den echten Bedarf an diesen Teilen hinausgreifen. Je tiefer und breiter die Stücklisten und je mehr Fertigprodukte, desto schwerer und aufwendiger ist es, den echten Komponentenbedarf zu ermitteln. Die Bedarfsmengen jeder Stücklistenstufe manuell zu überprüfen und dabei die zuvor beschriebenen Dispositionsparameter wegzurechnen, ist bei oftmals vielen Tausend zu disponierenden Artikeln schlichtweg unmöglich.

Diskover SCO

Die Advanced-Planning-and-Scheduling-(APS-)Software Diskover SCO der SCT Supply Chain Technologies GmbH hilft Anwendern bei der Optimierung der gesamten Supply Chain – von der Beschaffung inklusive optionaler Lieferantenintegration über die innerbetriebliche Logistik und Produktion bis hin zur termingerechten Distribution zum Kunden. Das APS-Tool zeichnet sich durch weitreichende, im Hintergrund automatisch ablaufende Simulationsmechanismen aus, die die Planungs- und Dispositionseinstellungen und -entscheidungen kontinuierlich optimieren. Auf diese Weise profitieren auch technisch und fachlich weniger versierte Anwender von der hohen Prognosegenauigkeit und Dispositionspräzision und die Unternehmen von nachhaltig reduzierten Beständen bei Sicherstellung der erforderlichen Lieferbereitschaft. Diskover SCO ist ein einfach und damit effizient und rationell zu bedienendes flexibles Werkzeug, welches dank innovativer Continuous Delivery immer automatisch auf dem aktuellsten Stand ist. Der Datenaustausch mit führenden ERP-Systemen erfolgt über standardisierte Schnittstellen.

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SCT hat deshalb sein Dispositionsmanagementsystem Diskover um die strategischen Funktionen des neuen Critical-Part-Information-Systems, kurz CPIS, erweitert. Mit dieser Funktion lassen sich die tatsächlichen Komponentenbedarfe, befreit von Verzerrungsgrößen wie Sicherheitsbestand, Mindestlosgrößen, Mindestbestellmengen und nicht kundenauftragsverursachten Planprimärbedarfen, ermitteln. Auf Knopfdruck können Disponentinnen und Disponenten jeweils einzelne dieser Einflussgrößen deaktivieren oder aktivieren und damit einen präzisen Blick auf die sich so ändernden Rahmenbedingungen schaffen – bis hin zum Blick auf den nackten Bedarf für die real existierenden Auftragsvolumina, und das über alle Fertigungsstufen hinweg.

Randbedingungen automatisiert ausblenden

Bislang war bei der Artikelbedarfsdisposition nicht die verfügbare Menge an Komponenten die kritische Größe, sondern vielmehr der Faktor Zeit. Früher ging es vornehmlich darum, den optimalen Zeitpunkt dafür zu bestimmen, wann was und wie viel davon bestellt oder gefertigt werden muss, damit die Lieferbereitschaft hoch und die Bestände gering sind. Heute hingegen ist die kritische Größe, überhaupt Material zu bekommen, um die bestehenden Aufträge bedienen zu können – das sind die derzeitigen Rahmenbedingungen für die industrielle Fertigung. Der Einsatz der CPIS-Funktion von Diskover versetzt Unternehmen schlussendlich in die Lage, mit wenigen Klicks eine belastbare Grundlage für auftragsbezogene Disposition und Allokation kritischer Artikel zu schaffen. Sie können so deutlich schneller entscheiden, welche realen Kundenbedarfe sie schlussendlich erfüllen können und wollen und in welchem Endprodukt kritische Artikel den meisten Umsatz oder Deckungsbeitrag generieren.

Critical Parts tagesaktuell identifizieren

Doch so praktisch das Tool auch ist: Es sollte nur für diese Notfälle zum Einsatz kommen. Faktoren wie Sicherheitsbestände und Mindestlosgrößen sind einfach notwendig für einen sicheren Betriebsablauf. Das kann man nicht auf Dauer komplett ausblenden.

Fazit: Die CPIS-Funktion von Diskover macht auf Komponentenebene transparent, von welchen kritischen Artikeln der Umsatz auf der Zeitschiene – üblicherweise im Wochenraster – wie stark abhängt, und liefert zuverlässige Auswertungen darüber, für welche Aufträge sie bei fehlenden Beständen am wirtschaftlichsten eingesetzt werden können. (bm)

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