Verschieberegale Mobile Regale lösen die Blocklagerung ab und erhöhen die Teileverfügbarkeit

Autor / Redakteur: Roland Fischer / Dipl.-Betriebswirt (FH) Bernd Maienschein

Bei der Westfälischen Drahtindustrie GmbH hat der Einbau einer Verschieberegal-Anlage die Abläufe erheblich rationalisiert und eine kostensparende Logistiklösung geschaffen. Auf jeden Artikel kann jetzt sofort zugegriffen werden. Der Flächenbedarf für die platzsparende Technik beträgt nur etwa 30% des Bedarfs eines konventionell eingerichteten Lagers mit feststehenden Regalen.

Anbieter zum Thema

Die Westfälische Drahtindustrie GmbH (WDI) erzeugt an ihrem Standort Rothenburg an der Saale mit 330 Beschäftigten jährlich 155 000 t Fertigerzeugnisse und realisiert damit einen Umsatz von 124 Mio. Euro. Ob Seildrähte mit hoher Festigkeit, Federstahldrähte, Eisendrähte, Schweißdraht, Freileitungsseile oder Baustahlmatten, weltweit beliefert das Unternehmen die Automobilzulieferindustrie, den Maschinen- und Anlagen- sowie Stahl- und Kranbau wie auch Energieversorger. Der Exportanteil des Unternehmens liegt zwischen 35 und 40%.

Regal muss Verfügbarkeit der Halbfertigfabrikate deutlich steigern

Im August 2005 wurde im Werk Rothenburg nicht nur die weltweit größte und modernste Drahtziehanlage für die Herstellung von hochwertigen Seil- und Federstahldrähten in Betrieb genommen. Zugleich wurde von SSI Schäfer ein neues Lager für Halbfertig-Fabrikate errichtet beziehungsweise das bisherige Blocklager ersetzt. Denn die Verfügbarkeit der Halbfertig-Fabrikate für neue Drahtziehanlagen musste erheblich gesteigert werden.

Für WDI war es wichtig, eine Lösung zu finden, die sich nahtlos in die bestehende Infrastruktur des Werkes integrieren und sich in unmittelbarer Nähe zur Produktion an die bestehenden Gebäude anbinden lies. Werkleiter Dipl.-Ing. Christian Dietze wollte darüber hinaus möglichst wenig Fläche verbrauchen und sowohl hinsichtlich der Investitionen in ein neues Lagergebäude als auch im Hinblick auf die künftigen Betriebs- und Energiekosten eine optimale Lösung realisieren. Deshalb kam für ihn nach Prüfung mehrerer Alternativen nur eine Verschieberegalanlage in Frage.

Konventioneller Stapler bedient Verschieberegale

Der Flächenbedarf für die platzsparende Verschieberegaltechnik beträgt bei der in Rothenburg realisierten Lösung nur etwa 30% des Bedarfs für ein konventionell eingerichtetes Lager mit feststehenden Regalen. Weil die Regale durch einen konventionellen Stapler bedient werden sollten, der auch in anderen Betriebsbereichen eingesetzt wird, hätte sich die dafür erforderliche Gangbreite von 6 m natürlich nachteilig auf den gesamten Flächenbedarf ausgewirkt.

Weitere Vorteile der neuen Lagerlösung: Während das Auffinden der verschiedenen Halbfertigprodukte im bisherigen Blocklager sehr zeitaufwändig war, ist der Arbeitsvorbereitung heute über das Lagerverwaltungssystem jederzeit bekannt, wo welche Artikel in welcher Menge gelagert sind. Durch diese Transparenz konnte WDI nicht nur die Mengen einzelner Artikelpositionen vergrößern. Auch die Anzahl der Umrüstungen an den Maschinen konnte laut Dietze deutlich verringert werden. Durch den direkten Zugriff auf jeden Artikel könne man jetzt erheblich schneller auf Kundenanfragen reagieren, ein angesichts des gestiegenen Wettbewerbs wichtiger Aspekt.

Da die hauptsächlich auf Stahlspulen aufgewickelten hochwertigen Stahldrähte jetzt in einer kontrollierten Atmosphäre lagern (Bild 3), sind sie vor zu hoher Feuchtigkeit besser geschützt. Zudem konnte mit der neuen Lagerlösung endlich ein kostenverursachendes Problem gelöst werden: Durch das Aufeinanderstapeln der etwa 600 bis 800 mm gro-ßen Drahtspulen im Blocklager wurden die Drähte häufig beschädigt. Jetzt wird jede einzelne Drahtspule in einem Prisma abgelegt (Bild 1), das eigens für diese Anwendung von SSI Schäfer entwickelt wurde. Beschädigungen sind damit ausgeschlossen. Die Kosten, die zuvor durch beschädigte Drähte entstanden, konnten so nahezu auf Null gesenkt werden.

Einlagerungs-Aufträge per Datenfunk

Zur Einlagerung einer Drahtspule erhält der Staplerfahrer vom Produktions-, Planungs- und Steuerungssystem (PPS) beziehungsweise vom Lagerverwaltungssystem (LVS) über Datenfunk auf einem mitgeführten Terminal (Bild 2) die entsprechenden Informationen über den vorgesehenen Lagerplatz beziehungsweise die Lagergasse und das Lagerfach. Anhand dieser Daten sendet der Fahrer in der Vorzone des Lagers ebenfalls per Datenfunk Informationen an die Steuerung der aus insgesamt zehn Regalwagen bestehenden Verschieberegalanlage. Unmittelbar danach öffnet sich die entsprechende Gasse automatisch.

Der Stapler fährt hinein, lagert eine Drahtspule in das vorgegebene Lagerfach ein und bestätigt die Einlagerung auf seinem Staplerterminal. Die Auslagerung geschieht analog. Außer dem Staplerfahrer ist für den Lagerbetrieb kein weiteres Personal erforderlich.

Umfassende Sicherheitstechnik im Regallager

Großer Wert wurde im WDI-Lager auf die Sicherheitstechnik gelegt. So unterbricht ein sich bewegender Regalwagen sofort seine Fahrt, wenn eine der Lichtschranken durch Personen oder Fahrzeuge unterbrochen wird. Eine in Bodenhöhe eingebaute, parallel zur Verschieberegalanlage angeordnete Lichtschranke verhindert den unbefugten Zugang zu einem geöffneten Gang. Weitere Lichtschranken tasten den Raum parallel zu den Verfahrwagen ab. So wird verhindert, dass sich die Regal-einheiten zusammenschieben, wenn sich noch Personen in einer Gasse aufhalten.

Wird eine Lichtschranke unterbrochen, kann ein Regalwagen seine Fahrt erst dann fortsetzen, wenn die Lichtschranke an dem Bedienterminal des Hauptschaltschranks wieder freigeschaltet wird. Zugleich wird am Bedienterminal der Grund für die Unterbrechung auf einem Display angezeigt. Zusätzlich zu diesen Sicherheitseinrichtungen sind sowohl an den Stirnseiten als auch innerhalb der Gassen an jedem Regalelement Not-Aus-Taster installiert.

Prinzipiell arbeitet die Verschieberegalanlage wartungsfrei. Notwendig ist lediglich eine turnusmäßige vorbeugende Wartung der Antriebselemente, zum Beispiel der Elektromotoren. Damit jederzeit ein störungsfreier Betrieb gewährleistet ist, wird das Schienensystem mittels eines optischen Messverfahrens mit einer Unsicherheit von ± 2 mm verlegt.

Anschlussauftrag für ein Fertigwaren-Lager

Im Februar 2007 hat die Westfälische Drahtindustrie GmbH von SSI Schäfer ein weiteres Lager für Fertigwaren errichten lassen. Weil sich die Verschieberegalanlage für die WDI-Zwischenprodukte bewährt hat und einwandfrei arbeitet, entschied sich der Drahtproduzent auch bei der Projektierung seines Fertigwarenlagers für ein Verschieberegalsystem. Ausschlaggebend für diesen Anschlussauftrag war unter anderem die hohe Belastbarkeit der einzelnen Regalwagen bis 24000 kg pro Feld. Das konnten die anderen angefragten Anbieter nicht realisieren.

Überzeugt habe SSI Schäfer ferner durch die große Anzahl von Referenzanlagen sowie durch die Umsetzung der aktuellen Anlage von der ersten Idee bis zur kompletten Projektierung. Überrascht war Werkleiter Dietze zudem von der kurzen Montagezeit und Inbetriebnahme der Anlage einschließlich der Schienen von lediglich zweieinhalb Wochen.

Fertigwarenlager für höhere Lasten ausgelegt

Das Fertigwarenlager ähnelt in seinem prinzipiellen Aufbau dem Lager für Halbfertigprodukte, verfügt jedoch über erheblich längere Regalwagen. Voll beladen kann jeder 28 410 mm lange, 2700 mm breite und 6900 mm hohe Regalwagen mühelos eine Gesamtlast von 480000 kg bewegen.

Damit dies einwandfrei funktioniert, ist jeder der insgesamt vier Regalwagen mit fünf elektrischen Getriebemotoren von SEW ausgestattet. Die vom Hallenboden beziehungsweise den Laufschienen aufzunehmenden Lasten betragen 12 000 kg pro Laufrad. Anders als im Lager für Halbfertigprodukte lagern die Waren im Fertigwarenlager auf Paletten. Zudem wurde das Lager so konzipiert, dass jeder Regalwagen von zwei Seiten zu bedienen ist.

Ein modernes Fertigwarenlager hat vor allem vor dem Hintergrund erhöhter Lieferfähigkeit für WDI eine große Bedeutung. Denn die Kunden verringern ihre Lagerbestände und ordern die benötigten Produkte in immer kürzeren Intervallen. Zudem werden die vorgegebenen Zeitfenster für die Lieferung kleiner. Das neue Lager bietet dafür nicht nur entsprechende Kapazitäten. Durch die damit geschaffene Transparenz ist das Bestellsystem von WDI in Kombination mit dem Lagerverwaltungssystem jetzt in der Lage, dem Kunden sofort mitzuteilen, welche Waren in welcher Menge und Lieferfrist verfügbar sind. Damit unterstreicht das Unternehmen seine Lieferfähigkeit und die Kunden haben insgesamt mehr Vertrauen.

Aufgrund der guten Erfahrungen, die WDI bei der Planung und Realisierung seiner neuen Lagersysteme mit SSI Schäfer gemacht hat, würde das Unternehmen auch bei künftigen Bedarfsfällen einbezogen werden. Denn der Lagerspezialist aus Neunkirchen konnte genau zum richtigen Zeitpunkt exakt die Anlagen liefern, die WDI zur Rationalisierung seiner Betriebsabläufe brauchte. MM

Roland Fischer ist Gruppenleiter Vertrieb Verschieberegale bei der SSI Schäfer/Fritz Schäfer GmbH in 57290 Neunkirchen

(ID:200500)