Omnichannel-Handel Verzahnung von On- und Offlinegeschäft

Von Silke Beermann Lesedauer: 5 min

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Der Omnichannel-Handel als Zukunftsmodell stellt eine intelligente Verzahnung von On- und Offlinegeschäft dar. Die Stärken beider Handelsformen werden zugunsten des Handels und seiner Kunden bestens aufeinander abgestimmt. Die Optimierung der einzelnen Verkaufskanäle in Bezug zueinander ist daher eine der Hauptaufgaben im Omnichannel-Handel.

Hilfe für den Kunden: Der Verkaufskanal „Filiale“ ist immer noch die effizienteste Form des Verkaufens.
Hilfe für den Kunden: Der Verkaufskanal „Filiale“ ist immer noch die effizienteste Form des Verkaufens.
(Bild: © yamasan - stock.adobe.com)

Fulfillment als Gesamtprozess der Kundenauftragsabwicklung bedeutet in der Praxis, dass nicht jede Bestellung vom Zentrallager, sondern zunehmend von einer Filiale aus bedient wird, das sogenannte „ship from store“. Wie auch bei anderen Geschäftsprozessen sind die richtige Integration, effiziente Prozesse und die überlegte Wahl der Omnichannel-Softwareanbieter sowie der Versanddienstleister wichtige Erfolgsfaktoren.

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Durch Omnichannel werden im Filialgeschäft ganz neue Aufgabenfelder geschaffen. Dr. Jürgen Brock, Geschäftsführer von Fulfillmenttools, einem Kölner Softwarelieferanten, der sich auf Omnichannel-Fulfillment-Software für Händler und Marken spezialisiert hat, erklärt: „Bisher wurde in den Geschäften vor Ort hauptsächlich beraten und verkauft. Die Kommissionierung der Waren für den Versand gehörte nicht zu den Mitarbeiteraufgaben. Dies ändert sich in der Ära des Omnichannel-Handels; die neuen personellen und organisatorischen Anforderungen müssen den Mitarbeitern so vermittelt werden, dass keine Unstimmigkeiten entstehen und der Mehrwert von Omnichannel verstanden und aktiv unterstützt wird. Das Team vor Ort muss mit ins Boot geholt werden.“ Nur mit allen Beteiligten zusammen kann ein Omnichannel-Handel erfolgreich funktionieren.

Mit einfachen Abläufen den Gesamtprozess von Picking bis Versand optimieren

Nach Bestelleingang sollten die Filialmitarbeiter die Zusammenstellung der bestellten Waren zum Beispiel möglichst unkompliziert umsetzen können. Die einfachste Variante dafür ist das sogenannte Single Order Picking, das heißt, ein Mitarbeiter bearbeitet eine Bestellung durchgehend und bereitet sie zur Abholung durch den Kunden oder durch den Versanddienstleister vor. „Allerdings gibt es dafür auch andere Picking-Strategien“, fügt Brock an. „Zum Beispiel spielt beim Multi Order Picking die Laufweg-Reihenfolge eine wichtige Rolle. Es macht einen Unterschied, ob mehrere Bestellungen gleichzeitig bearbeitet werden oder nur eine.“ Bei homogenen Warengruppen innerhalb einer Bestellung gibt es zusätzlich die mögliche Erweiterung des Bearbeitungsprozesses, um Mitarbeiter mit Expertenwissen für bestimmte Warengruppen einzusetzen und so die Kommissionierung vor Ort zu beschleunigen. „In Summe ist es wichtig, dass die Mitarbeiter den Gesamtprozess kennen, verstehen und ‚leben‘. Eine richtige Koordinierung ist erforderlich, ebenso eine ganzheitliche Betrachtung des Gesamtprozesses“, merkt Brock an.

Kundenkommunikation: Der Kunde muss stets im Bild bleiben

Über alle Kanäle hinweg muss zudem idealerweise eine stete Kommunikation zu den Kunden gegeben sein. Somit lassen sich Medienbrüche und eine fehlerhafte Kundenkommunikation verhindern. „Oft sind die Prozesse zwar gegeben, aber man wird als Kunde nicht hinreichend informiert. Dies konnten wir im Rahmen einer Mystery-Shopping-Studie im deutschen Textilhandel feststellen. Es fehlt einfach oft die notwendige Transparenz und Kommunikation zu den Kunden“, erklärt Brock. Eine genaue Definition der Prozesse ist notwendig, beispielsweise wie viele Touch Points einzurichten sind, wie viele Informationsschritte für den Kunden bis zum Erhalt der Ware notwendig erscheinen und so weiter. Die Art der Kundenkommunikation ist ebenso relevant. Mögliche Kommunikationswege sind beispielsweise E-Mail, Messenger-Dienste und Push-Benachrichtigungen via App, je nach Präferenz der Kunden. Dies gilt es in die Prozessgestaltung miteinfließen zu lassen. „Wichtig ist, dass die Botschaften an die Kunden stets ‚One-Voice-Nachrichten‘ sind, also dass sie uneingeschränkt stimmig über die diversen Kanäle hinweg gültig sind. Unstimmige Botschaften gilt es zur Wahrung einer positiven Customer Experience unbedingt zu vermeiden“, erläutert Brock.

Prozessschritte softwarebasiert und integriert umsetzen

Eine In-Store-Fulfillment-App kann die Integration aller Prozessschritte „end to end“ bereitstellen. „Beispielsweise wird über den Onlineshop bestellt und die Bestellung dann weitergeleitet. Bekannt sind gewisse Parameter: ‚Wer hat bestellt, was wurde bestellt, wann wurde bestellt?‘ Entsprechend der Logik des Systems, kann nun die passende Filiale zur Bereitstellung der Ware automatisch bestimmt werden“, erläutert Brock das Prozedere. „In dieser Filiale wird dann der Mitarbeiter per App über die Bestellung informiert. Die weitere Vorgehensweise zur Bearbeitung wird vom System begleitet und jeder einzelne Schritt kann zur Kundenkommunikation genutzt werden.“ Danach werden die optimale Verpackung sowie der entsprechende Versanddienstleister gewählt. Auch das benötigte Label kann dann generiert werden.

Zwar reduzieren technische Features, wie Scannen der QR-Codes der bestellten Waren, dabei mögliche Fehlerquellen in der Umsetzung der Abläufe im Omnichannel-Handel. Trotzdem sollte aber immer die Möglichkeit bestehen, in die Prozesse manuell einzugreifen. „Das ist nach wie vor ein sehr wichtiges Merkmal bei der Nutzung von intelligenten Anwendungen, wie zum Beispiel einer In-Store-Fulfillment-App. Der Mensch sollte immer über das System hinweg entscheiden und eingreifen können, sollte es einmal nicht funktionieren“, merkt Brock an. Jeder Mitarbeiter an jedem Ort sollte zu jeder Zeit wissen, welchen Schritt die Ware gerade durchläuft. Alle Schritte werden daher dokumentiert und jede Order erhält eine eindeutige Tracking-ID. Je nach Versanddienstleister steht den Endkunden dann auch der Service des Track and trace zur Verfügung: Die Tracking- beziehungsweise Sendungsnummer ermöglicht dem Kunden die Sendungsverfolgung.

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Bedeutung der Versanddienstleister

Bei Modellen wie Ship from Store, also einer Vorgehensweise, bei der nicht vom Zentrallager, sondern vom Geschäft in der Nähe die entsprechende Ware schließlich ausgeliefert wird, greifen verschiedene Aspekte. „Gerade im hochpreisigen Segment möchte der Händler die Ware jedoch nicht unbedingt als gewöhnliches Paket versenden. So gibt es zum Beispiel Händler, die über eine eigene Fahrzeugflotte verfügen beziehungsweise über spezielle Versanddienstleister Luxusgüter verschicken. Diese müssen sich – wie bei unserer Lösung – ebenso integrieren lassen wie Standardversanddienstleister“, merkt Brock an.

„Und bei dem Modell des Quick-Commerce – also Kundenbelieferung innerhalb von wenigen Minuten – stellt sich oft eine weitere Herausforderung. Hier werden die Waren beispielsweise per Fahrradbote zugestellt. Derartige Dienstleister haben oft keine automatisierten Schnittstellen“, so Brock. „Aber auch bei diesem Modell müssen Omnichannel-Fulfillment-Anbieter wie wir die Integration ohne vorhandene Schnittstellen gewährleisten können. Zum Beispiel durch die Möglichkeit manueller Warenübergaben.“

Versandprozesse nicht homogener Waren sind auch besonders zu handhaben. „Wenn man einen Baumarkt betrachtet, der ein extrem unterschiedliches Warensortiment anbietet, oder einen Händler, der Gefahrengut im Sortiment hat, sind eine bestimmte Vorgehensweise und ein spezifisches Regelwerk zu beachten. Diese Problemstellung benötigt zum einen eine Optimierung des Verpackungsvolumens und zum anderen eine optimale Wahl des Versanddienstleisters“, so Brock.

Brücke zu Shipping-Modul und Retourenmanagement

„Pro Filiale kann man einen oder mehrere Versanddienstleister anbinden. Alle möglichen Kombinationen – kollektiv über alle Filialen hinweg oder individuell pro Filiale – können in unserer Lösung abgedeckt werden“, erklärt Brock. Klassisch kann man hier unterscheiden zwischen bekannten, traditionellen Versanddienstleistern, wie beispielsweise DPD, und den neueren „Same-Day-Delivery“-Dienstleistern, die zum Beispiel Fahrradkuriere einsetzen. Die Dienstleister werden je nach vorhandener Schnittstelle ans System angebunden.

Standardmäßig integriert in die In-Store-Fulfillment-App ist im Falle von Fulfillmenttools auch das In-Store-Returns-Modul. Das Modul ermöglicht die Rückgabe der Ware durch den Kunden an einem beliebigen Standort. Informationen zum Zustand der Ware können vergeben werden, bis die zu retournierende Ware an das Retourenmanagement des Händlers gelangt. Dieser entscheidet, wie er die retournierte Ware handhabt.

Durch Anwendung des geeigneten digitalen Systems können Händler die Verzahnung von On- und Offlinegeschäft vorantreiben. Die Integration externer Partner gelingt durch die vorhandenen Schnittstellen, wobei trotzdem immer die Möglichkeit besteht, manuell ins Geschehen einzugreifen, sollte dies einmal erforderlich sein. (bm)

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