Logistics-IT Wie Low-Code die Logistik voranbringt

Von Hans de Visser

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Die Low-Code-Technologie macht aus Laien Software-Entwickler. Das kann Digitalisierungsvorhaben rapide beschleunigen. Gerade die Logistik könnte profitieren: Sie braucht neue Technologien, um den wachsenden Marktanforderungen gerecht zu werden. Zwei Beispiele zeigen, wie Unternehmen ihre Prozesse mithilfe von Low-Code im Handumdrehen digitalisiert haben.

In der Logistik ist steter Wandel an der Tagesordnung. Um bei unerwarteten Änderungen schnell reagieren zu können, helfen neue Technologien.
In der Logistik ist steter Wandel an der Tagesordnung. Um bei unerwarteten Änderungen schnell reagieren zu können, helfen neue Technologien.
(Bild: TERADAT SANTIVIVUT)

Im März 2021 blickte die Welt gebannt nach Ägypten: Im Suezkanal war der Frachter „Ever Given“ auf Grund gelaufen. Sechs Tage lang blockierte das Containerschiff die wichtigste Seehandelsroute zwischen Europa und Asien und brachte damit die Lieferketten zahlreicher Unternehmen in aller Welt ins Stocken. Auch deutschen Herstellern trieb die Havarie Schweißperlen auf die Stirn, beziehen sie doch vor allem Elektronik, Textilien und Maschinenteile überwiegend aus Ostasien. Viele befürchteten Produktionsprobleme durch Lieferengpässe.

Digitalisierung: Logistik hinkt hinterher

Die missliche Lage der Ever Given unterstreicht, dass reibungslose Logistikprozesse die global vernetzte Wirtschaft am Laufen halten. Zugleich führt der Vorfall vor Augen, wie schnell Wertschöpfungsprozesse durch unerwartete Störungen zum Erliegen kommen. Um sich dagegen zu wappnen, müssen Unternehmen bei Bedarf schnell umdisponieren. Angesichts zunehmend komplexer Marktanforderungen gelingt dies jedoch nur, wenn Material- und Informationsfluss hinreichend transparent und flexibel sind.

Bei der Low-Code-Entwicklung arbeiten Mitarbeiter aus IT- und Fachabteilung Hand in Hand. Das Ergebnis sind kürzere Bereitstellungszeiten und Apps, die eng an den Bedürfnissen der Anwender ausgerichtet sind.
Bei der Low-Code-Entwicklung arbeiten Mitarbeiter aus IT- und Fachabteilung Hand in Hand. Das Ergebnis sind kürzere Bereitstellungszeiten und Apps, die eng an den Bedürfnissen der Anwender ausgerichtet sind.
(Bild: iStock gradyreese)

Neue Technologien machen dies möglich: Tracking-Systeme etwa erlauben eine Echtzeitverfolgung von Warenlieferungen, wodurch sich Verzögerungen frühzeitig antizipieren lassen. Mithilfe algorithmengestützter Absatzplanung lassen sich Liefertreue und Bestände optimieren sowie Kosten sparen. Autonome Transportroboter automatisieren den Materialtransport, während webbasierte Kommunikationsplattformen Logistikern ein ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen.

Trotz dieser Potenziale hinkt die Branche in puncto Digitalisierung noch immer hinterher. Eine Umfrage der Bundesvereinigung Logistik (BVL) aus dem Frühjahr 2020 zeigt zum Beispiel, dass weniger als die Hälfte der 300 befragten Logistikverantwortlichen über ein digitales Geschäftsmodell verfügten. 38 Prozent boten überhaupt keine digitalen Dienstleistungen an.

App-Entwicklung nach Baukastenprinzip

Woran liegt das? Ein Hemmschuh auf dem Weg zur digitalisierten Logistik ist der Mangel an qualifizierten IT-Fachkräften. Die innovativste Technologie nützt nichts, wenn niemand da ist, der sie implementieren könnte. Die visuelle Low-Code-Technologie setzt genau dort an: Durch die intuitive Herangehensweise nach dem Baukastenprinzip können auch Laien Apps entwickeln. Als sogenannte „Citizen Developer“ unterstützen sie die IT-Experten und lassen ihr Praxiswissen in die Anwendungen einfließen. Dies entlastet die Programmierer und beschleunigt zugleich die Software-Erstellung.

So kann Low-Code helfen, den Digitalisierungsrückstand der Logistik trotz fehlender Programmierer zu überwinden. Die damit entwickelten Apps vereinfachen Aufgaben entlang des gesamten logistischen Tätigkeitsspektrums – sei es in Beschaffung, Lagerung oder Transport.

Werft und Zulieferer digitalisieren Auftragsabwicklung

Der internationale Schiffbauzulieferer W&O Supply optimierte mit Low-Code zum Beispiel seine Auftragsabwicklung. Er beliefert die australische Werft Austal. Gemeinsam entwickelten die Unternehmen eine Software, die den aufwendigen Beschaffungsprozess automatisiert. Dafür nutzten sie die Low-Code-Entwicklungsplattform der Siemens-Tochter Mendix. Über eine intuitive Nutzeroberfläche stellen Anwender darüber standardisierte Software-Module per Drag-and-drop zusammen.

So entstand die neue App in nur einer Woche. Sie verwaltet den gesamten Dokumentenfluss und gewährt Echtzeiteinblick in den Bearbeitungsstatus bestellter Artikel. Dies schafft Transparenz und beschleunigt den Prozess: Aufträge werden nun um bis zu 15 Prozent schneller abgewickelt.

Nahtlose Kühlkettenüberwachung über Sensordaten

Auch AntTail, Spezialist für Kühlkettenlogistik, arbeitet mit der Mendix-Plattform. Über diese entwickelte das Unternehmen in sechs Wochen eine App, die die Temperatur während des Arzneimitteltransports dauerhaft kontrolliert. Dafür sammelt und analysiert die Anwendung Daten von über 8.000 mobilen Bluetooth-Sensoren, die mit einer sicheren Cloud kommunizieren. Über ihr Smartphone oder ein Handheld-Gerät können alle relevanten Parteien – vom Lieferanten bis zum Patienten – auf Standort, Lagerbedingungen und Temperaturmesswerte der einzelnen Medikamente zugreifen.

Im Kontext ihrer Impfkampagne nutzt auch die uruguayische Regierung die Technologie, um Covid-19-Impfdosen sicher zu lagern und zu verteilen. Die Tracking-Lösung stellt sicher, dass die Transportboxen stets die erforderliche Temperatur haben. So werden keine Spezialkühlschränke benötigt, was es vereinfacht, auch abgelegene Landesteile zu versorgen. Dank der Datenübermittlung per Bluetooth müssen die Endanwender die Boxen zudem nicht mehr öffnen, um die Temperatur zu messen. Auch dies beugt Temperaturschwankungen vor.

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Flexibel auf Veränderungen reagieren

Anwendungsfälle wie diese zeigen, dass Unternehmen die Digitalisierung ihrer Logistikprozesse selbst in die Hand nehmen können. Mit Low-Code erweitern sie den Kreis der Maker: Mitarbeiter jenseits der IT-Abteilung tragen dank der intuitiven Technologie mit ihrem Fachwissen zu anwenderorientierten Lösungen bei. Durch die verkürzte Entwicklungsdauer können konkrete Bedarfe schneller adressiert und Digitalisierungsprojekte beschleunigt werden. Dies ermöglicht Unternehmen, sich im Zweifel schnell auf neue Herausforderungen einzustellen: Zum einen, weil benötigte Software quasi on-demand entwickelt werden kann, zum anderen, weil sich digitalisierte Prozesse flexibler an neue Anforderungen anpassen lassen.

Diese Flexibilität ist wichtig, denn Krisen kündigen sich selten an. Es müssen nicht erst Handelskonflikten, Pandemien oder Naturkatastrophen losbrechen, um die Supply Chain gehörig durcheinanderzuwirbeln. Die Geschehnisse im Suezkanal zeigen, dass manchmal schon ein einzelner Fehltritt genügt, um den robustesten Produktionsplan ins Wanken zu bringen. Low-Code hilft Logistikunternehmen, sich für die Unwägbarkeiten volatiler Marktumfelder zu wappnen – und auch in stürmischen Zeiten auf Erfolgskurs zu bleiben.

Was ist Low-Code?

Low-Code ist eine Art der App-Entwicklung, die mithilfe visueller, modellbasierter Methoden die Zeit bis zur tatsächlichen Wertschöpfung verringert. Die agile Herangehensweise erlaubt, cloudbasierte Anwendungen teamübergreifend zu entwickeln und schnell bereitzustellen. Low-Code-Plattformen ermöglichen Programmierlaien, am Entwicklungsprozess mitzuwirken. Zugleich entlasten sie professionelle Entwickler, da sie langwierige Installations- und Infrastrukturaufgaben abstrahieren. Das bedeutet: Entwickler aus der jeweiligen Fach- und der IT-Abteilung entwickeln, iterieren und veröffentlichen Anwendungen gemeinsam in einem Bruchteil der Zeit, die das traditionelle Vorgehen benötigt. Mit Low-Code lassen sich Applikationen für diverse Anwendungsfälle erstellen – von der Aktualisierung von Legacy-Anwendungen bis hin zu IoT-basierten Smart Apps.

* Hans de Visser ist Vice President Product Management bei Mendix in 60528 Frankfurt am Main, Tel. (0 69) 48 00 52-0, contact-dach@mendix.com

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