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Stärker noch als jede andere Art des Transports ist der Seeverkehr mit dem Bild rauchender Schlote verbunden. Die Ozeanriesen verbrennen Tag für Tag unfassbare Mengen an Öl, um Waren rund um den Globus zu liefern. Doch hat ein Umdenken eingesetzt und Forschungskonzepte sollen den Weg in die Zukunft zeigen – auch wenn viele wie ein Blick in die Vergangenheit wirken, wie Prof. Carlos Jahn, Leiter des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML, weiß: „Natürlich will man auch im Schiffsbetrieb den Treibstoffverbrauch senken, immerhin ist dieser für einen entscheidenden Teil der Kosten verantwortlich. Um das zu erreichen, sehen wir immer häufiger Lösungen, die auf Segel zurückgreifen. Dazu gehören Segelsysteme, die als Hilfe parallel zum traditionellen Antrieb eingesetzt werden und den Treibstoffverbrauch signifikant verringern.“
Segel mal anders
Das E-Ship 1 der Firma Enercon verfolgt diesen Ansatz und ist bereits seit einigen Jahren auf den Weltmeeren unterwegs. Es verfügt neben den Dieselaggregaten über einen Antrieb mittels sogenannter Flettner-Rotoren. Hierbei wird ein rotierender Zylinder der Windströmung ausgesetzt. Durch den Magnus-Effekt entsteht eine Kraft quer zur Anströmung, die das Schiff nach vorne treibt. So soll dem Unternehmen zufolge eine Treibstoffersparnis von bis zu 25 % im Vergleich zu Frachtschiffen gleicher Größe möglich sein.
Etwas konventioneller kommen da Zugdrachensysteme, wie sie zum Beispiel von Skysails entwickelt wurden, daher. Die Drachen können sowohl auf neuen als auch auf bestehenden Schiffen als zusätzlicher Antrieb genutzt werden und sollen den Treibstoffverbrauch deutlich senken. Die Zugdrachen für Schiffe operieren in Höhen zwischen 100 und 500 m, in denen dem Unternehmen zufolge stärkere und stetigere Winde vorherrschen. So ist laut NASA der Energieertrag des Windes in 2000 Fuß Höhe um das 8- bis 27-fache größer als in Bodennähe. Auch der dynamische Flug, zum Beispiel in Form einer liegenden acht, ist ein Vorteil der Skysails. Auf diese Weise können sie im Vergleich zu normalen Segeln pro Quadratmeter Fläche das 5- bis 25-fache an Vortriebskraft erzeugen.
Getragen von Wind und Gas
Ein gänzlich anderes Konzept stellt die Vindskip des norwegischen Unternehmens Lade AS dar. Zu den Besonderheiten der Vindskip zählt laut Terje Lade, dem Kopf hinter dem Projekt, der Rumpf des Frachters, der als Segel dient. Auf diese Weise soll die Vindskip vor allem auf dem offenen Meer vom Wind angetrieben werden. Bei Flaute, um das Schiff aufs Meer zu manövrieren und um eine konstante Geschwindigkeit halten zu können, soll unter anderem ein Flüssiggas-Antrieb (Liquid Natural Gas, LNG) zum Einsatz kommen. Durch diese Kombination beträgt der Treibstoffverbrauch nur 60 % des Verbrauchs eines herkömmlichen Schiffs. Bei den Abgasen sind es sogar bis zu 80 % weniger, so Lade. Der Antrieb hierfür stammt von der britischen Motorenschmiede Rolls-Royce, die auch an anderer Stelle an neuen Schifffahrtskonzepten tüftelt. Das Traditionsunternehmen sieht den Gütertransport zur See als perfekten Markt für unbemannte Fahrzeuge. Dabei gibt es verschiedene Ideen, die von ferngesteuerten bis zu komplett autonomen Schiffen reichen. Das größte Forschungsprojekt zu diesem Thema ist Prof. Jahn zufolge das von der EU kofinanzierte Munin (Maritime Unmanned Navigation through Intelligence in Networks). Schon im Sommer 2015 soll das unter Projektleitung des Fraunhofer-CML erarbeitete Konzept für autonome Frachtschiffe in einer Simulation überprüft werden.
Verbesserungen Schritt für Schritt
Das man den Wandel in der Schifffahrt auch mit kleinen Schritten beginnen kann, zeigt Hapag-Lloyd. Die Reederei, die unter anderem Teil der Maritimen LNG Platform ist, wurde für ihr Projekt „emissionsfreie Stromversorgung in Häfen“ unter anderem mit dem Nachhaltigkeitspreis Hanse Globe ausgezeichnet. „Zunächst verfolgen wir die mittelfristigen Ziele der kalifornischen Gesetzgebung auch in 2017 und 2020 zu entsprechen, der Anteil der Schiffsanläufe mit Landstromverbindung in kalifornischen Häfen wird sich zunächst auf 70 % und schließlich auf 80 % erhöhen. Letztendlich geht es um die Gesundheit der betroffenen Bürgerinnen und Bürger in den Hafenregionen“, erklärt Nils Haupt, Senior Director Group Communications bei Hapag-Lloyd. Durch die Versorgung der Seeschiffe mit Landstrom können die Hilfsdieselmotoren während der Hafenliegezeiten abgeschaltet und somit die Emissionen von Schwefeldioxid, Stickstoffoxid und Lärm in Hafennähe reduziert werden.
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