Verpackungstechnik 4.0 Eine Schachtel voller Möglichkeiten

Autor M. A. Benedikt Hofmann

Industrie 4.0 und Intralogistik 4.0 sind schon lange zu unseren ständigen Begleitern geworden – zumindest als Begriffe. Verpackungstechnik 4.0 geht uns aber noch immer etwas schwer über die Lippen. Ein Grund könnte sein, dass es sich in vielen Bereichen um Sondermaschinenbau handelt. Sieht man sich allerdings genauer um, findet man durchaus Lösungen und Konzepte im Bereich der Verpackungen und Verpackungsmaschinen, die das Label „4.0“ verdienen.

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Auch Siemens beschäftigt sich mit der digitalen Wertschöpfungskette für die Verpackungsindustrie.
Auch Siemens beschäftigt sich mit der digitalen Wertschöpfungskette für die Verpackungsindustrie.
(Bild: Siemens)

Maschinenbau ist nicht gleich Maschinenbau, das ist jedem klar, der sich auch nur ein wenig mit der Branche beschäftigt hat. Ein relativ einfaches Kriterium, um verschiedene Bereiche voneinander zu unterscheiden, ist der Standardisierungsgrad der Anlagen. Die Verpackungsmaschinen rangieren hier in den meisten Fällen eher am unteren Ende der Skala, da die individuellen Wünsche der Kunden stark in die endgültige Maschine einfließen. Natürlich hat das auch Auswirkungen darauf, wie sich der Weg zur „Verpackungsmaschine 4.0“ gestaltet, muss doch auch die Vernetzung der Anlagen bei jeder Lösung wieder neu durchdacht werden.

Das heißt aber natürlich nicht, dass die Verpackungsmaschine für den Weg zu 4.0 ungeeignet ist – in einigen Bereichen ist sogar das Gegenteil der Fall, wie aktuelle Beispiele zeigen. Die Fernwartung ist ein solcher Bereich, der in einer Industrie riesiger Durchsatzmengen, in der Ausfallzeiten überaus schwer wiegen, auf besonders fruchtbaren Boden fällt. Eines der Unternehmen, die diesen Weg bereits gegangen sind, ist Harro Höfliger Verpackungsmaschinen. Der Hersteller von Produktions- und Verpackungsanlagen setzt auf die vernetzte Servicelösung SP/1 Remote Service von Symmedia und will so die Verfügbarkeit der Anlagen sicherstellen. Die Anforderungen an das neue Serviceportal waren dabei von Anfang an klar definiert: „Mit der Einführung einer neuen Lösung sollten Prozess- und Kommunikationsstabilität bei unseren Kunden deutlich steigen“, so Jackson Heslop, Leiter Customer Service bei Harro Höfliger. Symmedia SP/1 lässt sich nach Angaben der Unternehmen einfach in die bestehenden IT-Strukturen integrieren. Heslop weiter: „Die Themen Sicherheit und IT standen bei unseren Kunden am Anfang ganz stark im Fokus. Die Skepsis in Bezug auf die Datensicherheit war hoch. Doch auch diese Bedenken konnten wir mit Symmedia SP/1 ausräumen.“ Das Industrie-4.0-Serviceportal ist TÜV-IT-zertifiziert und erfüllt somit alle Kriterien zur sicherheitstechnischen Qualifizierung nach Security Assurance Level SEAL-3. Das beinhaltet die Themen Authentifizierung und Identifizierung sowie Zugriffskontrolle, Transportverschlüsselung, Datenflusskontrolle und Login. Gerade in der hochsensiblen Pharmabranche müssen diese Voraussetzungen gegeben sein.

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Etwa 180 Produktionslinien vernetzt

Im Detail beinhaltet das Tool SP/1 Remote Service eine komplette Fernwartungsinfrastruktur für Maschinenhersteller und -betreiber und lässt sich einfach in bestehende Strukturen und Prozesse integrieren. Das Ticketsystem sorgt dafür, dass Serviceanfragen zunächst gesammelt, zentralisiert und anschließend organisiert werden. Zusammen mit einer sicheren VPN-Verbindung, dem Conference Center und der Darstellung der wichtigsten Kennzahlen erhalten Anwender demnach eine zukunftsfähige Lösung.

Heute sind bei Harro Höfliger etwa 180 Produktionslinien bei über 120 Kunden mit Symmedia SP/1 vernetzt. Die Maschinenbauer und Anlagenhersteller profitieren von einer gesteigerten Produktivität. Ein weiterer Vorteil des Industrie-4.0-Serviceportals: Servicetechniker greifen unabhängig von Ort und Zeit auf die Maschine zu und diagnostizieren Störungen so bereits aus der Ferne. Harro Höfliger plant, in Zukunft weitere Module der Symmedia-Servicelösung anzubieten.

Eine neue Ära für den Druck

Der Endkunde, um den sich im Endeffekt ja alle Bemühungen drehen, nimmt eine Verpackung vorwiegend über ihre Optik wahr. Der Druck spielt hier eine besonders große Rolle, sind es doch die optischen Elemente, die als erstes auffallen und zur Markenbildung und –bindung führen. Natürlich beschäftigt man sich auch bei den Herstellern von Verpackungsdruckmaschinen nicht erst seit gestern mit Themen wie Digitalisierung und Industrie 4.0, wie Kilian Renschler, Global Account Management bei Heidelberger Druckmaschinen, erklärt: „Nimmt man beispielsweise die Faltschachtelproduktion, ist die Digitalisierung aus meiner Sicht schon weit fortgeschritten. Das beginnt im Design und zieht sich über die Übernahme in der Druckvorstufe bis hin zur Druckmaschine. Jetzt geht es um den nächsten Schritt. Also um Wege und Lösungen, um die Wirtschaftlichkeit unserer Kunden zu verbessern, die Produktionskosten zu senken und für mehr Flexibilität zu sorgen.“

Bei kleiner werdenden Druckauflagen rücken die Digitaldruckmaschinen in den Fokus. Diese sind dann auch in der Lage, Kleinstauflagen bis hin zu Auflage 1 zu produzieren. Hier gibt es vereinzelt schon Fälle, in denen das zur Anwendung kommt, eine Nachfrage in der Fläche sieht Renschler allerdings noch nicht, solche Märkte müssen sich im Verpackungsdruck erst noch bilden. Eine Maschine, die auch kleine Auflagen wirtschaftlich produzieren kann, hat Heidelberger Druck mit der Primefire 106 bereits entwickelt. Diese befindet sich bei Multi Packaging Solutions derzeit in ihrer Pilotphase. Hier soll sich zeigen, wie sich mit diesen Technologien im Bereich Verpackungsdruck profitable Geschäftsfelder entwickeln lassen. Auch Colordruck Baiersbronn hat sich ganz aktuell für einen Feldtest mit dieser Maschine entschlossen, um seinen Kunden neue Möglichkeiten zu bieten.

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