SAP EWM High-Performance-Verteilhub ist SAP-EWM-gestützt

Autor / Redakteur: Markus Wenning / Dipl.-Betriebswirt (FH) Bernd Maienschein |

Etwa 45 Mio. Euro hat der Nutzfahrzeugteile-Großhändler Winkler in den Bau eines dritten Zentrallagers investiert. Die neue Logistikimmobilie in Himberg nahe Wien, deren Planung und Umsetzung der SAP-EWM-Generalunternehmer IGZ verantwortete, dient primär der Belieferung der osteuropäischen Märkte und wird die Winkler-Standorte Kassel und Ulm entlasten. Die erforderliche Leistung der Anlage ist über ein optimales Zusammenwirken von Mechanik, SPS und SAP-EWM-Standardsoftware sichergestellt.

Anbieter zum Thema

Kommissionierung direkt aus dem AKL mit SAP EWM.
Kommissionierung direkt aus dem AKL mit SAP EWM.
(Bild: IGZ)

Im Verlauf ihrer mehr als 100-jährigen Geschichte hat sich die Christian Winkler GmbH & Co. KG zu einem international agierenden Großhändler für Nutzfahrzeug-Ersatzteile entwickelt. Das mittelständische Familienunternehmen, das im Jahr 2017 einen Umsatz von rund 405 Mio. Euro erwirtschaftete, betreibt 42 Standorte und beschäftigt mehr als 1600 Mitarbeiter. Hauptsitz ist Stuttgart, weitere Werke sind in Österreich, der Schweiz, Polen, Tschechien, Lettland und der Slowakei angesiedelt. Dank dieses europaweiten Netzes gilt Winkler als ideale Anlaufstelle für Nutzfahrzeughalter, Omnibusunternehmen, Agrarbetriebe, Werkstätten sowie weitere Handelspartner.

Die benötigten Ersatzteile werden aktuell an den Logistikstandorten Ulm und Kassel bevorratet. Dort steht auf insgesamt circa 65.000 m² Fläche ein über 200.000 Teile umfassendes Vollsortiment an Komponenten für Anhänger, Auflieger, Omnibusse, Transporter, Gabelstapler und Landmaschinen zur Distribution bereit. Ein drittes Zentrallager entstand jüngst unter Federführung des SAP-EWM-Generalunternehmers IGZ in Himberg bei Wien. Die Produktivsetzung fand erst für die manuellen Bereiche und dann für die automatisierten Lagerbereiche statt.

Neues Logistikzentrum verkürzt Lieferungen Richtung Osteuropa

Das in Himberg zur Verfügung stehende Gelände umfasst eine Fläche von 100.000 m², auf der in einem ersten Bauabschnitt ein neues, 50.000 m² umfassendes Gebäude mit verschiedenen Lagerbereichen sowie integrierter Behälter- und Palettenfördertechnik entstanden ist. Die installierten Lagerkapazitäten verteilen sich auf ein vollautomatisches Hochregallager, ein ebenfalls automatisiert betriebenes Kleinteilelager, konventionelle Palettenregale und ein Gefahrstofflager. Im Behälterlager wird bis zu vierfach tief eingelagert, sodass sich hier eine Gesamtkapazität von maximal 112.560 Behältern ergibt. Angegliedert ist zudem ein Abholmarkt für Ersatzteile, welche von Direktabholern ad hoc benötigt werden.

Bildergalerie

„Mit dem zusätzlichen Zentrallager wollen wir die Lieferwege zu unseren osteuropäischen Standorten verkürzen, um so unsere Kunden vor Ort noch schneller und flexibler beliefern zu können“, erklärt Rüdiger Hahn, Vorsitzender der Geschäftsführung der Winkler-Unternehmensgruppe. Von Himberg aus werden zukünftig neben dem österreichischen und schweizerischen Markt Abnehmer auch in Tschechien, Polen, Lettland und der Slowakei sowie weltweit die Kunden der Exporttochter Truck and Trailer Parts beliefert. „Letztlich ist die Anlage Ausdruck unserer strategischen Entscheidung, einen verkehrsgünstig gelegenen, leistungsstarken zentralen Verteilhub für Mittel- und Osteuropa in das breitgefächerte Winkler-Netzwerk zu integrieren“, berichtet Hahn weiter.

Maximaler Durchsatz und Prozesssicherheit im Visier

Ab 2019 sollen bis zu 6600 Orderlines pro Tag über den neuen High-Performance-Verteilhub abgewickelt werden. Erreicht wird diese Leistung über das installierte Automatiksystem und die vollständig in SAP-Standardsoftware SAP EWM/MFS (SAP Extended Warehouse Management/Material Flow System) abgebildete Lagerverwaltung und -steuerung. Diese bedient die spezifischen Prozessanforderungen von Winkler durchgängig und optimiert die Abläufe als auch den Ressourceneinsatz kontinuierlich. Ein externer Materialflussrechner wird mit der Standardsoftware SAP EWM nicht benötigt.

„Das umgesetzte Logistikkonzept orientiert sich konsequent an den Anforderungen und den Zielvorgaben unseres Kunden“, berichtet Alfred Meyer, Geschäftsführer bei der in Falkenberg in der Oberpfalz ansässigen IGZ Automation GmbH. „Im Mittelpunkt standen ein schneller und wirtschaftlicher Warenumschlag mit kurzen Auftragsdurchlaufzeiten sowie eine durchgängige Prozesssicherheit bei höchster Verfügbarkeit der Automatikgewerke.“ Darüber hinaus wurden „Easy-to-use“-Arbeitsplätze nach ergonomischen Kriterien eingerichtet und die Anlageneffizienz durch praxisbewährte SAP-IGZ-Best-Practices (zum Beispiel Leitstand, Touchscreen-Arbeitsplatz-Dialoge, Transportdienstleisteranbindung) auf ein Maximum ausgelegt.

Unter anderem kommt die von IGZ patentierte gestengesteuerte Kommissionierung „PICK-BY-MOTION“ im Bereich der AKL-Kommissionierung zur Anwendung. Diese höchst innovative Kommissioniertechnik minimiert die Fehlerrate gegen nahezu 0 %, bei gleichzeitig intuitiver Bedienbarkeit.

Um sicherzustellen, dass es nicht zu langen Wartezeiten im angegliederten Thekenverkauf kommt, hat im automatischen Kleinteilelager zudem ein Hochgeschwindigkeits-Querverschiebewagen seinen Betrieb aufgenommen. Dank SAP EWM/MFS dauert es maximal 10 min, bis der Kunde an der Theke das dringend benötigte Ersatzteil in den Händen hält. Dabei ist es unerheblich, um welches Ersatzteil es sich handelt und in welchem Lagerbereich es bevorratet ist.

Projektmethodik minimiert Risiken bei Inbetriebnahme und Produktivsetzung

Zuerst erfolgte die SAP-EWM-Logistikplanung des LZ inklusive Automatisierung von Prozessen und Abschluss der Feinprojektierung. In deren Verlauf hat IGZ das umzusetzende Gesamtsystem mittels Simulation sowie einer virtuellen Anlagenplanung unter Funktionalitäts- und Performance-Aspekten auf Herz und Nieren geprüft und verifiziert. Im November 2017 wurde mit den Montagearbeiten begonnen. Den Anfang machte der Stahlbau für das in Silobauweise neu zu errichtende Hochregallager, der trotz widriger Wetterbedingungen Mitte Februar 2018 fertiggestellt werden konnte.

Es folgten die Installation von AKL-Stahlbau, Bühnen sowie der Paletten- und Behälterfördertechnik. Parallel fanden die von funktionalen und integrativen Tests begleitete SAP-EWM/MFS- und SPS-Implementierung statt. „Zur Reduzierung der Inbetriebnahme- und Testzeit an der realen Anlagentechnik setzt IGZ eigenentwickelte und in einer Vielzahl von Projekten bestens bewährte SAP-EWM-Emulationstools ein. Mithilfe dieser Tools kann eine neue Anlage nahezu vollständig in einer virtuellen Umgebung getestet und optimiert werden. Diese Vorgehensweise ist fest in der IGZ-Projektmethodik verankert“, erläutert Meyer weiter.

„PICK-BY-MOTION“ – mit Gesten und SAP EWM kommissionieren

Ein Highlight ist die gestengesteuerte Kommissionierung an den Ware-zur-Person-Arbeitsplätzen. „Mit ,PICK-BY-MOTION‘ stellt IGZ eine funktional einfache, effektive und wirtschaftliche Kommissioniertechnik zur Verfügung, die gleichzeitig hochgradig flexibel ist“, führt Alfred Meyer aus. „Der Werker hat beide Hände frei, Quell- und Zielbehälter sowie die Anzahl der zu entnehmenden Artikel werden ihm visualisiert und die Interaktion mit SAP EWM erfolgt durch Gesten.“ Die Zielabgabe wird mittels 3D-Kamera überwacht, sodass Fehlgriffe nahezu ausgeschlossen sind. Ein weiterer Vorteil des von IGZ patentierten Kommissionierverfahrens „PICK-BY-MOTION“ ist ein äußerst geringer Trainings- und Schulungsaufwand durch die intuitive Bedienung.

Die Durchsatzleistung wurde erhöht, indem Behälter in einem Auftrags-Zusammenführungspuffer (AZP) automatisch konsolidiert werden. Es können selbst größere Mengen an Behälter auf minimaler Fläche vorgehalten und, bezogen auf den Warenempfänger, lieferübergreifend für die Verpackung vorsequenziert werden. Dies minimiert extrem den Platzbedarf und verringert die Anzahl der Versandstücke. Ein geringerer Transportbedarf und niedrigere Transportkosten sind das erzielte Ergebnis. Außerdem wird so die Flexibilisierung von Kommissionierung und Versand erreicht.

Europaweite Ersatzteilversorgung auf Markanforderungen ausgerichtet

„Wir sind bestrebt, die Erwartungen unserer Kunden immer zu erfüllen. Und, wann immer es geht, zu übertreffen“, heißt es bei der Christian Winkler GmbH & Co. KG. „Wir profitieren von Transparenz, einer hohen Durchsatzleistung und Kommissionierqualität sowie von stabilen Prozessen, sodass eine schnelle und sichere Auslieferung gewährleistet ist“, fasst Winkler-Chef Rüdiger Hahn zusammen. Dank der modularen Auslegung der Anlage könne bei Bedarf zudem die Option auf zukünftige Erweiterungen eingelöst werden. Dies gilt ebenfalls für SAP EWM/MFS, das leistungstechnisch skalierbar ist.

Die zeitgerechte Inbetriebnahme des neuen Standortes und die Umsetzung des geplanten Lager- und Logistikkonzeptes tragen maßgeblich dazu bei, dass dringend benötige Ersatzteile ab 2019 noch schneller als bisher bei den Kunden eintreffen und defekte Fahrzeuge möglichst rasch wieder im Produktiveinsatz unterwegs sind. Um Standzeiten und damit verbundene Kosten bei den Endkunden zu verringern, bietet Winkler unternehmensweit mit den IGZ Best-Practices zur direkten SAP-Integration von KEP-Dienstleistern und Frachtführern diverse Transport-Services (inklusive beispielsweise Nacht- und Blitz-Kurierzustellung).

Indem von Österreich aus die Alpenregion und die osteuropäischen Länder beliefert werden, ist für eine Entlastung der bestehenden Logistikimmobilien gesorgt. Längere Lieferzeiten durch lange Wegstrecken entfallen. Doch auch an den Standorten in Nordhessen und Baden-Württemberg wird sich einiges tun. ■

* Markus Wenning ist stellvertretender Bereichsleiter Verkauf bei der IGZ Automation GmbH in 95685 Falkenberg, Tel. (0 96 37) 92 92 60, markus.wenning@igz.com

(ID:45667255)