Wird`s ernst? Tarifrunden-Mikado! Bei den deutschen Metallern drohen Warnstreiks

Quelle: dpa

Anbieter zum Thema

In dieser Woche endet die Friedenspflicht im Rahmen der zähen Tarifverhandlungen für Millionen von Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie. Wenn sich jetzt nichts bewegt, kann gestreikt werden.

Sieht es am Wochenende in Deutschland bald wieder so aus? Das befürchtet zumindest die IG Metall. Denn am Freitag endet die Friedenspflicht im Rahmen der aktuellen Tarifrunde, in der die Gewerkschaft für Metall- und Elektrobeschäftigte 8 Prozent mehr fordert.
Sieht es am Wochenende in Deutschland bald wieder so aus? Das befürchtet zumindest die IG Metall. Denn am Freitag endet die Friedenspflicht im Rahmen der aktuellen Tarifrunde, in der die Gewerkschaft für Metall- und Elektrobeschäftigte 8 Prozent mehr fordert.
(Bild: dpa)

Zum Ende der Woche wird es ernst für den Kern der deutschen Industrie. In den Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie, die fast vier Millionen Beschäftigte verzeichnen, läuft nämlich am Freitag die Friedenspflicht aus. Ab Samstag sind dann Warnstreiks möglich, die beispielsweise bei Autoherstellern, Maschinenbauern oder anderen Metallbetrieben ausgerufen werden könnten. Die Aktionsplanungen der IG Metall, die 8 Prozent mehr Geld fordert, liefen bereits auf Hochtouren. Schon in der Nacht zum Samstag könnten erste Schichten ausfallen, wenn man zu keiner Einigung kommt, wie es heißt.

IG-Metall fordert höchsten Lohnzuwachs seit 16 Jahren

Zuvor treffen sich morgen die regionalen Verhandler in den Tarifgebieten Bayern, Baden-Württemberg, Küste und Mitte (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland) zur jeweils dritten Runde. Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hat bislang noch offen gelassen, ob und wo ein erstes Angebot auf den Tisch gelegt oder weiter an der Forderung nach einer Nullrunde festgehalten wird, wie es weiter heißt. Am Freitag folgen dann die Gespräche in den übrigen Tarifgebieten. Doch bereits am Donnerstag dürfte die Richtung feststehen, nehmen Experten an.

Mit 8 Prozent mehr, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten, hat die Gewerkschaft übrigens die höchste Forderung seit 2008 vorgelegt.

Dabei sei jetzt schon klar, dass damit die erwartete Teuerung selbst bei vollständiger Erfüllung nicht ausgeglichen werden könne. Denn in ihrem Herbstgutachten gehen die Wirtschaftsforschungsinstitute für das kommende Jahr von 8,8 Prozent Teuerung aus. Den Beschäftigten der Hochlohnbranchen Metall und Elektro drohen somit das dritte Jahr in Folge Reallohnverluste. Die IG Metall verlange deshalb auch für die Arbeitnehmerhaushalte wirksame Hilfen des Staates, die den galoppierenden Preisgaul in puncto Energie und anderen Waren zumindest verlangsamt. Nicht zuletzt hat die IG Metall den Arbeitgebern vor Kurzem erst eine Verweigerungshaltung unterstellt.

Unternehmen sollen Teuerung an Kunden weiterreichen

Und die hohe Inflation macht aber sowohl Unternehmen als auch Gewerkschaften gleichermaßen zu schaffen, wie die IG Metall weiter ausführt. Angesichts der hohen Lebenshaltungskosten spüre man einen extremen Druck, mit einem guten Ergebnis abzuschließen. Das meinte kürzlich jedenfalls der IG-Metall-Chef Jörg Hofmann. Die Gewerkschaft verweist außerdem auf hohe Gewinne, die insbesondere der Autoindustrie zugegangen sind, und auf volle Auftragsbücher bei den meisten Unternehmen, die deshalb durchaus in der Lage sind, ihre Kostensteigerungen auf die Kunden abzuwälzen.

Der Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf macht angesichts der Vorwürfe hingegen klar, dass die extreme Unsicherheit der Unternehmen, wenn es um deren Lieferketten geht, und um die wackelige und zugleich teure Energieversorgung, nicht vergessen werden dürfen. Die teils sehr hohen Auftragsbestände seien deshalb sozusagen „nicht echt“, weil in der anstehenden Rezession zahlreiche Stornierungen zu erwarten seien. Wolf setzte sich dabei leicht von seiner Nullrunden-Forderung ab. Denn die habe er für ein Szenario beschrieben, in dem ein Gasmangel zu Produktionsstopps und Lieferkettenabrissen führe. Käme das so, erübrige sich jede Verteilungsdebatte.

Verhandlungen in der Chemiebranche könnten Vorbild sein

Wolf ließ auch durchblicken, was die Arbeitgeber in den laufenden Verhandlungen erreichen wollen. Dazu gehören eine lange Laufzeit, eine möglichst automatische Differenzierung für schwächere Betriebe sowie die Nutzung der abgabenfreien Spielräume. Denn die Bundesregierung hat für Metaller und für die folgenden Tarifrunden eine wichtige Rahmenbedingung gesetzt. Diese besagt, dass innerhalb der kommenden beiden Jahre bei jedem Beschäftigten bis zu 3.000 Euro Lohnsteigerungen steuer- und abgabenfrei gestellt werden können. Durchaus offen sei die Frage, ob dies in der Metall- und Elektroindustrie auf Einmalzahlungen oder dauerhafte Lohnbestandteile angerechnet wird.

Wohin die Reise gehen könnte, zeigt immerhin der vor wenigen Tagen gezimmerte Abschluss der Chemieindustrie. Denn ganz ohne Streiks einigten sich IG BCE und Arbeitgeber auf ein Paket aus steuerbefreiten Einmalzahlungen und zwei prozentualen Erhöhungen, die dauerhaft in den Lohntabellen bleiben. Zweimal 1.500 Euro steuerfrei plus zwei Stufen von je 3,25 Prozent ergeben nach Rechnung der IG BCE im Schnitt fast 13 Prozent Erhöhung für die Laufzeit von 20 Monaten. Das ist für die Beschäftigten des Chemiesektors zwar der größte „Schluck aus der Pulle“ seit über 30 Jahren, kann aber die Inflation möglicherweise auch nicht ganz ausgleichen, wie die Gewerkschaft befürchtet.

(ID:48690909)

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung