AKL Kleinteile lagern – ganz automatisch
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Automatische Kleinteilelager (AKL) werden in vielen Branchen genutzt, um den innerbetrieblichen Materialfluss am Laufen zu halten. Dazu flitzen Regalbediengeräte (RBG) durch teils unterschiedlich lange Gassen und dienen dem Kommissionierer Produktions- oder Verkaufsware in Behältern, Kartons oder auf Tablaren an. Wo keine RBG zum Einsatz kommen, verbringen alternativ Shuttle-Systeme die angeforderte Ware zum gewünschten Ort. Es steigen auch immer wieder neue Player in diesen Automatisierungsmarkt ein, wie zuletzt der Staplerbauer Jungheinrich mit seinem eigenen Angaben zufolge weltweit leistungsfähigsten Regalbediengerät für Kleinteile.

Ob HRL, AKL oder RBG – alles böhmische Dörfer und erinnert eher an den Song „MfG“ von den Fantastischen Vier, als dass es Assoziationen mit (Intra-)Logistik hervorruft? Das lässt sich schnell ändern: Hinter der Abkürzung HRL verbirgt sich das klassische Hochregallager, AKL bedeutet automatisches Kleinteilelager und RBG steht schlicht für Regalbediengerät. Nimmt man noch das Shuttle dazu, hat man eigentlich schon die Basismixtur für eine automatische innerbetriebliche Versorgung mit Material für den Verkauf oder die Produktion.
Aber eignet sich eine so starke Automatisierung des innerbetrieblichen Materialflusses auch wirklich für alles und jeden? Ja, sagt dazu Knapp. Die Österreicher bieten mit ihrem Shuttle-System „OSR Shuttle Evo“ Platz für ein breites Artikelspektrum. „Es ist für jede Branche einsetzbar, von Medikamenten über Textilien, Schuhe, Parfüm, Lebensmittel, Produktionsteile, Schüttgut oder Spielsachen“, beantwortet Richard Friedl die Eingangsfrage überzeugt. Der Product Manager Storage Systems bei der Knapp AG berichtet davon, dass zuletzt viele Handelsunternehmen zusammen mit den Österreichern ihren stationären Handel und auch das Onlineshopping mit Technik aus seinem Haus erweitert haben. Zu den aktuellen Aufträgen zählten beispielsweise solche von Arvato/Douglas, Zalando, Garmin oder Woolworth.
Regalbediengeräte oder Shuttles – ganz, wie es euch gefällt
Auch das AKL-RBG der Schweizer Kollegen von Swisslog ermöglicht durch sein spezielles Design einen sehr breiten Einsatzbereich. Conrad Eicher, Head of Sales & Consulting LGSTC in Österreich, zum Einsatzgebiet seiner Anlagen: „Wir lagern von Kartons, Behältern und Tablaren bis zu speziellen Formen und Reifen. Die meisten Anlagen werden im Bereich Produktion für den Nachschub von Teilen oder die Lagerung von Fertigwaren realisiert.“ Über ein breites Lösungsportfolio im AKL-Bereich verfügt auch SSI Schäfer. Je nach Durchsatzanforderungen setzt der Intralogistiker mit Hauptsitz in Neunkirchen im Siegerland entweder Regalbediengeräte oder Shuttle-Systeme für die automatische Ein- und Auslagerung ein. „Die Anfragen nach vollautomatisierten Systemen kommen gleichermaßen von Kunden aus verschiedensten Branchen, wie beispielsweise aus dem Pharma-, Industrie-, Bekleidungs- oder Lebensmittelbereich sowohl für die Endkundenbelieferung (E-Commerce) als auch die Belieferung des stationären Handels“, erklärt Andreas Koch, Head of Standard Solutions.
Anfragen und Aufträge kommen auch für Viastore aus sehr unterschiedlichen Branchen, wie Swen Mantel erklärt – von Automobil über Lebensmittel und Pharma bis hin zu Zulieferern. „Wir legen einen besonderen Fokus auf die produzierende Industrie und auf Lösungen, mit denen unsere Kunden ihre Logistik und Fertigung effizient verknüpfen können, um die Leistung in der Produktionsversorgung zu steigern und Umlaufbestände zu senken“, so der Vertriebsleiter von Viastore Systems.
Gebhardt Fördertechnik aus Sinsheim wiederum verortet seine Stärken in Distribution und Produktion. „Unser Produktportfolio ist so ausgelegt, dass es für möglichst viele Anwendungen passt. Durch die Coronapandemie war für uns das Wachstum im E-Commerce natürlich am größten“, sagt Geschäftsführer Marco Gebhardt, der vor drei Jahren mit dem von EY ausgelobten Preis „Entrepreneur of the Year“ ausgezeichnet worden ist. Das Wachstum habe neben der Pandemie auch an dem sich verändernden Bestellverhalten der Verbraucher gelegen. „Kurze Lieferzeiten sind der Standard. Das macht es aber auch so interessant. Die Ansprüche der Verbraucher und unserer Kunden steigen hinsichtlich unserer Systeme. Da müssen wir uns und unsere Produkte immer mitentwickeln, um die perfekte Lösung zu implementieren“, so der Preisträger.
Lebensmittelkäufe online führen zu sehr geringen Auftragsgrößen
Bei Unitechnik gehen aktuell vor allem Anfragen aus der Lebensmittelindustrie ein. Yusuf Kaya, Key Account Manager Vertrieb Logistiksysteme, beschreibt die Situation wie folgt: „Man erkennt hier einen starken Zuwachs, auch wenn es um Frische- und Tiefkühllogistik geht. Da Lebensmittel immer mehr auch online vermarktet werden, sind geringe Auftragsgrößen, breite Artikelspektren und hohe Liefergeschwindigkeit die Folge.“ Und ein automatisches Kleinteilelager müsse eben für den nötigen Durchsatz sorgen.
José Ballester ist Head of Solution Management bei Jungheinrich Logistiksysteme im bayerischen Moosburg. Wie bei den Wettbewerbern auch, sind seine AKL in vielen Bereich sehr gefragt, von der produzierenden Industrie bis hin zum Groß- und Einzelhandel, und mit seinem breit aufgestellten Produktportfolio könne man die unterschiedlichsten Kundenanforderungen all dieser Branchen bedienen. „Automatische Kleinteilelager sind dabei oft Teil einer größeren Lösung“, sagt Ballester und spielt damit natürlich auf das riesige Arsenal an Flurförderzeugen an, das er im Rücken hat. Nach den Lieblingen auf Kundenseite gefragt, sieht Ballester aber keine eindeutigen Präferenzen: „Wir lagern sowohl Kunststoffbehälter als auch Kartons in unterschiedlichen Größen. Die Kombination und Größe der Ladungsträger wird von den Kunden bestimmt.“ Jungheinrich hat vor drei Jahren das AKL STC präsentiert, das seither ein sehr erfolgreiches Produkt sei, das große Flexibilität beweise.
Behälter und Trays mit definierten Kanten und glatten Böden
Keine Rolle spielen die Ladungsträger für das OSR Shuttle Evo von Knapp, die Möglichkeiten sind vielfältig: Kartons, Trays und Kunststoffbehälter mit unterschiedlichen Footprints und Höhen sind gerne gesehene Gäste im AKL. Das OSR Shuttle Evo kann dabei Ladegut bis 50 Kilogramm ein- und mehrfachtief lagern. Bei Swisslog mag man besonders Behälter und Trays mit klar definierten Kanten und glatten Böden. Conrad Eicher: „Diese Ladungsträger sind berechenbar im Verhalten auf der Fördertechnik und bei der Lagerung, sodass es keine unliebsamen Überraschungen bei der Realisierung und im Betrieb geben sollte.“ Andreas Koch von SSI Schäfer gibt zu bedenken, dass die Auswahl des Ladungsträgers in erster Linie von den individuellen Kundenanforderungen abhängt. Wegen des breiten Produktportfolios im Bereich der Lagermaschinen für Kleinladungsträger sieht er sein Unternehmen hier gut aufgestellt. SSI Schäfer kann von kubischen und konischen Behältern über Kartons bis hin zu Tablaren alles handhaben. Dank breitenverstellbarer Lastaufnahmemittel sei ein Mischbetrieb mit unterschiedlichen Abmessungen innerhalb eines Systems problemlos möglich. Koch: „Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass über alle Systeme hinweg immer noch Behälter mit der Grundfläche 600 Millimeter × 400 Millimeter überwiegen.“
Vorteil: Wertschöpfungskette komplett im eigenen Haus
Wie bei den Branchen, versucht Gebhardt Fördertechnik auch seine Produkte möglichst universell zu gestalten. „Kartons, Behälter oder Tablare, kleine oder große Ladungsträger, mit 60 Kilogramm oder auch nur mit 150 Gramm – das stellt für uns kein Problem dar“, lässt Marco Gebhardt durchblicken. Auch Anpassungen für Sonderladungsträger seien oftmals möglich, weil sein Unternehmen die komplette Wertschöpfung im eigenen Haus abbildet. Kundenseitig komme es meist auf die Branche an. „Während ein Produktionslager oftmals an die Gewichtsgrenze der Ladungsträger geht, finden wir im Handel Kartons in vielen unterschiedlichen Größen, die im Verhältnis auch eher leicht sind. Von empfindlichen Elektronikteilen bis zu überlangen Duschstangen haben wir uns hier eine breite Erfahrung erarbeitet“, so der Geschäftsführer.
Yusuf Kaya favorisiert klar genormte, förderfähige Kunststoffbehälter mit den Grundmaßen 600 Millimeter × 400 Millimeter oder alternativ 400 Millimeter × 300 Millimeter. Ein stabiler und einheitlicher Ladungsträger unterstütze die Prozesssicherheit eines automatischen Logistiksystems wesentlich. „Natürlich sind Bestandsbehälter der Kunden, welche den Kriterien nicht entsprechen, sehr oft ein Thema“, sagt Kaya. „Eine geeignete Transporttechnik oder ein Unterladungsträger können Abhilfe leisten. Eine Lösung, die aus Kosten-Nutzen-Sicht für den Kunden optimal ist, finden wir immer ...“
Es gibt ja bekanntlich nichts, was es nicht gibt. Und so spricht der Key Account Manager von Unitechnik über ein aktuelles Projekt, das gerade realisiert wird. Der Kunde hatte die Anforderung, die Fördertechnik, welche das AKL mit den Arbeitsplätzen verbindet, nicht klassisch in Industrieatmosphäre zu bauen, sondern in einem gemütlichen Büro/Wohnzimmer-Flair. Kaya: „Hier wurde bewusst versucht, die über 100 Meter Technik dezent zwischen dem Mobiliar verschwinden zu lassen – zwischen Parkettboden, Pflanzen und Bürotechnik sollen die Behälter zügig, aber unscheinbar transportiert werden.“
Für Abwechslung, Vielfalt und Kundennutzen ist gesorgt
Viastore-Vertriebsleiter Mantel berichtet von einem Sensorhersteller aus Süddeutschland, bei dem er ein Shuttle-Lager installiert hat, das als Versandpuffer dient und einen wahnsinnig hohen Umschlag hat. Bei Vacom in der Nähe von Jena habe er an das AKL fahrerlose Transportsysteme angebunden, die die Produktionsmaschinen zeitgerecht, flexibel und direkt mit zu bearbeitenden Teilen versorgen. Bei Wiska in Hamburg durfte Mantel ein fast 14 Meter hohes AKL zur Montageversorgung errichten. „Also für Abwechslung, Vielfalt und vor allem Kundennutzen ist gesorgt.“
Für Andreas Koch von SSI Schäfer ist das Projekt mit der Schaeffler-Gruppe eines der außergewöhnlichsten. Mit dem EDZ Mitte in Kitzingen bei Würzburg verfügt die Schaeffler-Gruppe über eines der modernsten Logistikzentren. SSI Schäfer hat als Generalunternehmer für die Intralogistik die ganzheitliche Konzeption, Planung und Realisierung der schlüsselfertigen Anlage übernommen. Koch: „Neben der erforderlichen Behälter- und Palettenfördertechnik hat SSI Schäfer unter anderem ein vollautomatisiertes 7-gassiges Hochregallager mit 28.000 Palettenstellplätzen und ein doppelstöckiges automatisches Kleinteilelager mit 12 RBG und knapp 95.000 Behälterstellplätzen sowie ergonomische Arbeitsplätze installiert.
Conrad Eicher, Head of Sales & Consulting bei Swisslog Warehouse & Distribution Solutions, muss gedanklich eine sehr weite Reise machen, wird er auf sein „Lieblingsprojekt“ angesprochen: „Ein Großprojekt in Amerika, wo Stapel mit Reifen in unterschiedlichen Abmessungen und Gewichten bei hohen Leistungsanforderungen doppelttief in einem neuartigen Regaldesign gelagert wurden. Bei diesem Projekt sind wir wahrscheinlich an die Grenzen des Machbaren gegangen und am Ende war es ein großer Erfolg.“
Knapp-Produktmanager Richard Friedl wiederum bezeichnet jedes Projekt als einzigartig, mit all seinen Ausprägungen und Funktionen – wie recht er hat. Es sei schwer, hier ein außergewöhnliches Projekt anzuführen. „Natürlich wird mir unser erstes Projekt mit dem OSR Shuttle Evo in Erinnerung bleiben – Kramp in den Niederlanden.“
Auch José Ballester kann von vielen spannenden und außergewöhnlichen Projekten berichten. Die Bandbreite ist dabei groß, weil verschiedene Projekte im Kontext unterschiedlicher An- und Herausforderungen stehen, wie der Jungheinrich-Mann anmerkt. „Wir haben erst jüngst bei Atomic in Österreich eine sehr interessante AKL-Anlage installiert. Mit insgesamt fünf Gassen, in denen Kartons unterschiedlicher Größe bei variabler Lagerplatzgröße im Regal gelagert werden, ist es auf jeden Fall technisch ein sehr interessantes Projekt. Bei unserem langjährigen Kunden Keller & Kalmbach haben wir verschiedene AKL installiert: insgesamt 14 Gassen-Regalbediengeräte für Behälter und Tablare mit Erweiterung im laufenden Betrieb.“ ■
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