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Ein weiterer Unsicherheitsfaktor liegt in der ungewissen Entwicklung des Markts für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb selbst. Da heute noch niemand mit einer gewissen Sicherheit vorhersagen kann, wie sich die Nachfrage in den nächsten Jahren entwickeln wird, besteht für die Dienstleister das Risiko einer Überbevorratung oder eines mangelnden Servicelevels. „Umso wichtiger werden also eine vorausschauende Absatzplanung und ein effizientes Bestandsmanagement. Supply Chain Manager brauchen verlässliche Prognosen zu Angebot und Nachfrage: Dafür benötigen sie wiederum Systeme, die nicht nur Daten verwalten, sondern auch mitdenken und blitzschnell intelligente Planungs- und Dispositionsentscheidungen treffen“, zeigt sich Schuh überzeugt. Spezialisierte Systeme dienen demzufolge der gesamten internen Supply Chain, um Bestände zu reduzieren, Liquidität zu sichern und eine optimale Planung zu gewährleisten.
Steigende Individualisierung führt zu neuen Problemen
Neben dem durch die Einführung neuer Antriebe unausweichlichen Anstieg der Variantenzahl sorgen auch die Autobauer durch stetig umfangreichere Individualisierungsmöglichkeiten für einen immer komplexer werdenden Materialfluss. So verlassen beispielsweise pro Jahr nur 1,5 Fahrzeuge das Audi-Werk in Ingolstadt exakt baugleich. Plattformkonzepte machen diese Werte in der Fertigung möglich. Allerdings führt das auch zu einer höheren Komplexität bei der Belieferung der Linie.
Für die Logistiker bedeutet das, dass sie sich einer höheren Produktvielfalt auf der einen und standardisierten Modulen auf der anderen Seite gegenübersehen. Gleichzeitig werden die Abläufe immer enger verzahnt. „Das wird dazu führen, dass der Logistikdienstleister verstärkt kurzfristige Anpassungen an den Basismodulen vornehmen wird, bevor sie in die Produktion verbracht werden. Nur so kann die Variantenvielfalt mit den Kostenvorteilen einer Standardisierung zusammengebracht werden“, so Schuon. Er geht davon aus, dass sich dadurch unter den Logistikdienstleistern diejenigen durchsetzen werden, die logistisches Wissen mit Produktionswissen verheiraten können und gleichzeitig in der Lage sind, die Kapazitäten an Personal, Fläche und Produktionsmittel vorzuhalten, die eine kurzfristige Anpassung erfordern. Der Logistiker wird sich somit in Richtung einer logistischen „Vorproduktion“ wandeln.
Unterschiedliche Sichtweisen auf Gegenwart und Zukunft
Viele der befragten Zulieferer sehen die Gegenwart der innerbetrieblichen Automobillogistik nicht so düster wie Prof. Karl-Heinz Wehking in unserem Interview. Allerdings könnte das auch ein gewisser Berufsoptimismus sein. So oder so, es ist klar, dass sich die Prozesse im Automobilbau in den nächsten Jahren dramatisch ändern werden. Dank zunehmender Digitalisierung und steigender Kosten für die Fertigung und die Lagerhaltung führt daran wohl kein Weg vorbei. Was Charly Chaplin und Max Frisch wohl von der vollautomatisierten digitalen Fertigungslandschaft halten würden? MM
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