Wägetechnik Wägesysteme als gewichtige Alleskönner

Autor / Redakteur: Reinhard Irrgang / Volker Unruh

In der Intralogistik spielt das Gewicht der zu handhabenden Waren oft eine gewichtige Rolle beim Generieren von effizienten und die Produktivität steigernden Prozessabläufen. Die Redaktion befragte führende Unternehmen nach ihren neuen Techniken und Systemen im Bereich Wiegen sowie der Relevanz von Wägesystemen.

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Wägesysteme erweisen sich als branchenübergreifend einsetzbare Erfassungs- und Kontrollinstrumente und übernehmen Schlüsselfunktionen in allen strategisch wichtigen Abläufen und Prozessen in der Intralogistik. Sie sind einsetzbar im Warenein- und -ausgang, im Lager- und Kommissionierbereich sowie im Versand.

Außer der physischen Erfassung von Mengen und Stückzahlen spielen die Kommunikation, Vernetzung und permanente Auswertung der durch Wägeprozesse gewonnenen Daten eine zentrale Rolle bei der wirtschaftlichen Gestaltung der Intralogistik.

Der Fall ist klar für Henk Matser, Vertriebsdirektor Deutschland von Ravas Europe B.V. im niederländischen Zaltbommel: „In vielen Fällen ist die Rentabilität der Waage so groß, dass die Beschaffungskosten innerhalb einer kurzen Zeitspanne, und das heißt häufig maximal ein Jahr, zurückverdient werden“, betont Matser.

„Und wo es um Kommissionierkontrolle geht, wird die Fehlerquote beispielsweise von 1% auf 0,5% reduziert; damit steigert sich die Lieferzuverlässigkeit enorm, und die Mitarbeiteranzahl im Bereich Reklamationsbearbeitung kann deutlich reduziert werden“, so Matser weiter.

Umfangreiche Produktpalette an Wägesystemen

Ravas Europe entwickelt und produziert wiegende Handhubwagen sowie mobile Wägesysteme für Gabelstapler und Flurförderzeuge wie Elektro-Niederhubwagen, Elektro-Hochhubwagen, Kommissionierer und Schubmaststapler. „Die Produktreihe reicht von einfachen Lastindiktionssystemen bis hin zu wiegenden Hubwagen mit hoher Genauigkeit und ist ausgestattet mit Optionen wie geeichte Ausführung, Edelstahlausführung und integrierte Datenkommunikation“, erläutert Rob de Ridder, Marketing-Manager von Ravas Europe.

Der umfassende Nutzen des mobilen Wiegens liegt für ihn klar auf der Hand: „Wägevorgänge während des internen Transports sparen Zeit und Arbeitskraft, erhöhen die Effektivität und reduzieren die Kosten.“ Als weitere Vorteile nennt er „das Vereinfachen von Prozeduren und Prozessen, das Generieren von Managementinformationen sowie die Qualitätskontrolle von Produkten und Services.“

Ein Anwendungsbeispiel verdeutlicht anschaulich die Prozesse und den Nutzen des mobilen Wiegens. So hat Ravas drei Umschlagzentren von DHL in Warschau, Zabre und Poznan mit insgesamt 27 Gabelstaplern von Toyota und Still mit geeichten Wägesystemen ausgestattet, die in die Gabeln der Flurförderzeuge integriert sind, um so das Gewicht der angelieferten Palettensendungen zu überprüfen. Der Grund: Die von den Kunden selbst angegebenen Gewichte, nach denen sich auch die Rechnung richtet, waren, wie Stichproben ergeben hatten, nicht immer exakt.

Return of Investment von Wägesystemen oft nach nur drei Monaten

Nun werden per Handterminal die Palette zur Identifikation für das Warenwirtschaftssystem (WWS) sowie ein Barcode auf dem Stapler gescannt, der zeitgleich die Palette mit seinen geeichten Gabeln wiegt. Das WWS überprüft das vom Kunden angegebene Palettengewicht, passt erforderlichenfalls die Rechnung an und überspielt anschließend den Abgabeort für die Palette auf das Datenterminal des Staplers. Zum Mittelwert der Handling-Zeit für eine Palette, nämlich eine Minute, addieren sich für das Wiegen weniger als zehn Sekunden hinzu.

Welche wirtschaftlichen Vorteile sich daraus ergeben, zeigt sich beispielsweise am DHL-Standort Posen, wo sieben Stapler des Typs Toyota FGF 15 mit einem geeichten Wägesystem von Ravas ausgestattet wurden: Laut dem stellvertretenden Direktor war die Investition von rund 30 000 Euro in weniger als drei Monaten zurückverdient. Und der positive Effekt setzt sich fort, denn die Wäge-Checks ergeben in der Regel höhere Rechnungen.

Aus der umfangreichen Produktpalette von Ravas Europe nennt Matser als weitere Highlights beispielsweise den neuen wiegenden Handhubwagen Ravas-1, bei dem der im Kopf des Hubwagens installierte Sensor das Gewicht der Ladung per Messung der Verformung des Fahrgestells misst. Wie Matser betont, ist das Lastenindikationssystem des Ravas-1 so lange einsetzbar wie der Hubwagen selbst, der beispielsweise bei der Warenannahme und zum Feststellen von Speditionsgewichten eingesetzt werden kann.

Picker mit mobilen Kommissionier-Wägesystem ist mit Warehouse-Managementsystem vernetzt

Ein weiteres nützliches System ist der „wiegende Kommissionierer“, bei dem der mit einem mobilen Kommissionier-Wägesystem ausgestattete Picker mit dem Warehouse-Managementsystem (WMS) vernetzt ist. Und das hydraulische Wägesystem RCS Plus für Frontstapler, Schubmaststapler und Elektrohochhubwagen eignet sich für Kontrollwiegungen ebenso wie für Inventuren und Vorratskontrollen.

„Die Logistikbranche boomt ja derzeit, und wir erhalten im Moment sehr viele Anfragen aus diesem Bereich. Wird beispielsweise ein neues Güterverkehrs- oder Umschlagzentrum errichtet, ergibt sich ein hoher Bedarf an Waagen für die Paket- und Versandlogistik“, konstatiert Klaus Thornagel, Head of Marketing von Sartorius Mechatronics, Göttingen. Der Sartorius-Konzern ist ein international führender Labor- und Prozess-Technologie-Anbieter mit den Segmenten Biotechnologie und Mechatronik.

Das Unternehmen erwirtschaftete im Jahr 2006 einen Umsatz von mehr als 521 Mio. Euro. Als derzeitige Nachfrageschwerpunkte für den Bereich Logistik nennt Thornagel die Waagenbaureihen „Midrics“ und „Combics“.

Ideal für die Logistik: Wiegen samt Prozessdatenerfassung

Während die Reihe Midrics mehr für die einfacheren Wägeanwendungen konzipiert ist, empfiehlt sich Combics für komplexe Applikationen mit entsprechend umfangreicher Prozessdaten-Erfassung. Die Geräte dieser Reihe decken zehn Wägebereiche von 3 bis 3000 kg ab und sind in 13 Plattformabmessungen erhältlich.

Alle Plattformen lassen sich je nach Anforderungsprofil mit vier unterschiedlichen Indikatoren ausrüsten, die mit 20 mm hohen Anzeigeelementen, Hintergrundbeleuchtung und bedienerfreundlich großen Tasten ausgestattet sind. Standardmäßig sind die Indikatoren mit der Datenschnittstelle RS232C ausgerüstet.

Mit dem Gabelhubwagen direkt auf die Wägeplattform

Einen weiteren Nachfrageschwerpunkt für den Logistikbereich bilden die Wägesysteme der IF-Reihe, wie beispielsweise die Durchfahrwaagen. Diese sind ausgelegt für Gewichte von 150 bis 3000 kg und lieferbar in unterschiedlichen Größen, Ausführungen, Wägebereichen und Auflösungen. Sie werden inklusive einer Auffahrrampe ausgeliefert.

Eines der besonderen Merkmale ist die mit einer Höhe ab 25 mm extrem flache Bauweise, die, wie Thornagel betont, die ansonsten erforderlichen aufwändigen Einbauarbeiten überflüssig macht; zudem lasse sich die Waage bei Bedarf ohne Aufwand an jedem anderen Ort einsetzen. Für den operativen Betrieb bedeuten diese extem flachen Waagen erhebliche Erleichterungen, denn beispielsweise Gabelhubwagen können mit ihrer Palettenladung ohne weiteren Handling-Aufwand direkt auf die Wäge-Plattform der IF-Systeme fahren.

Wägesysteme immer mehr gefragt

Befragt, aus welchen Branchen sein Unternehmen derzeit die meisten Anfragen nach Wägesystemen für die Intralogistik erhalte, nennt Eberhard Hauke, Leiter Anwendungstechnik von Soehnle Professional in Murrhardt, Gesamtlösungsanbieter wie Förder- und Logistiktechnikhersteller sowie teilweise Speditionen und Paketdienstleister.

Dabei stehen Durchlaufverwiegungssysteme, Kontrollwaagen sowie Paket- und Palettenwaagen besonders hoch im Kurs. Eingesetzt werden die Systeme für das Erfassen von Gewichtswerten, von Produkt- und Zusatzdaten wie zum Beispiel Barcodes sowie für Prüf- und Kontrollverwiegungen in Wareneingang, Produktion und Warenausgang.

Was den ROI sowie die langfristige Wirtschaftlichkeit von Wägesystemen angeht, so verweist Hauke auf einen aktuellen Anwendungsfall. So sollten bei einer Spedition die Angaben der Gewichts- und Volumendaten auf den Lieferscheinen ihrer Kunden im Wareneingang automatisch kontrolliert werden.

Die Gewichts- und Volumenmessung musste in eine bestehende Unterflur-Kettenfördertechnik integriert werden, deren Betrieb nicht unterbrochen werden durfte, was Wiegen und Vermessen ohne Stopp bedeutete. Zudem sollte im zentralen I-Punkt von jedem Transportgut ein digitales Bild erfasst und die Daten sollten online in das WWS übermittelt werden.

Durchlauf-Verwiegungsanlage mit Volumenmesssystem deckt Unregelmäßigkeiten auf

Die Lösung bildete eine Durchlauf-Verwiegungsanlage von Soehnle Professional mit einem Volumenmesssystem. Die zu vermessende Fracht wird automatisch per RFID identifiziert. Wie Hauke ausführt, lag das Investitionsvolumen für die Komplettlösung mit Wägetechnik, Fördertechnik, Steuerung und Volumenmesssystem sowie der Systemanpassung bei 38000 Euro.

„Die Vermutung, dass die Daten auf den Frachtpapieren nicht stimmten, hat sich schnell bestätigt“, so Hauke: „In der Anfangszeit war der Unterschied der Daten so hoch, dass ein Wert von 15000 Euro pro Woche aufgedeckt wurde.“ Nach Verhandlungen mit den Kunden hat sich das Potenzial auf rund 600 Euro pro Tag eingependelt, was bedeutet, „dass sich die Anlage nach 13 Wochen refinanziert hat“.

Wägesystem mit Laser-Messtechnik im Expressweigher EPW

Zu den Neuheiten, die Bizerba – mit rund 380 Mio. Euro Jahresumsatz einer der führenden Anbieter im Bereich Wägetechnik – auf der Fachmesse Transport Logistic 2007 in München vorstellte, zählte die Kombination aus Durchlaufwaage und Volumenmesseinrichtung. Bei diesem System erfasst ein über dem Expressweigher EPW installiertes Laser-Messsystem die Kartonabmessungen, parallel dazu ermittelt die integrierte Waage im Durchlauf die Gewichtswerte. Automatisch werden in der Waage die Datensätze miteinander verbunden.

Die kombinierte Messung von Gewicht und Volumen erlaubt eine Vielzahl an Verbesserungen im logistischen Ablauf. So können beispielsweise Frachtraten für den Luftfrachtbereich automatisch ermittelt oder die Einlagerung und der Transport von Gütern optimiert werden.

Das System lässt sich mit weiteren Logistik-Produkten von Bizerba kombinieren. So zum Beispiel mit dem Versandmanagementsystem PSS für die vollautomatische Abwicklung des Versandprozesses oder automatischen Etikettierern zur Kennzeichnung der vermessenen Waren.

Radladerwaagen ermitteln das Gewicht in der Hubbewegung

Pfreundt, Südlohn, produziert seit 1979 Wägesysteme, die vorrangig in mobilen Anwendungen in Gewinnung, Entsorgung und Recycling im Einsatz sind. In der Intralogistik werden mit den On-Board-Waagen innerbetriebliche Materialströme sichtbar; außerdem dienen sie an der Schnittstelle zur außerbetrieblichen Transportlogistik als Leistungsnachweis.

Das wesentliche Merkmal der mobilen Waagen ist die Gewichtsermittlung im Materialfluss. Dies verbessert die betrieblichen Abläufe, denn ohne Umwege zu stationären Waagen werden die Massenströme ermittelt. Zudem wird unmittelbar beim Verladen das korrekte Gewicht angezeigt, was zusätzliche Fahrten vermeidet.

Zum Produktspektrum von Pfreundt zählen neben Dumperwaagen für Muldenkipper, Bagger- und Bandwaagen, Absetzkipperwaagen und dynamische Radladerwaagen, die das Transportgewicht automatisch in der Hubbewegung der Schaufel direkt beim Laden ermitteln.

Mettler-Toledo bietet Wägesysteme vielerlei Art

Der weltweit präsente Mettler-Toledo-Konzern, der 2006 mit mehr als 20000 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,59 Mrd. US-Dollar erwirtschaftete, offeriert zahlreiche Systeme für den Bereich Transport und Logistik. Zum Produktspektrum zählen Luftfrachtwaagen, Lösungen für Post- und Expressdienste, Volumenmess- und Datenerfassungssysteme für Paletten und Pakete, Gleis- und Lkw-Waagen, Wägebrücken sowie Dienstleistungen im Service-Bereich.

Wie das Unternehmen betont, konzentriert es sich dabei auf die Lieferung der kostengünstigsten Lösung, die den gewünschten Durchsatz erzielt. Bei den Volumenmess- und Datenerfassungssystemen für Pakete stehen Genauigkeit, Schnelligkeit und Zuverlässigkeit im Mittelpunkt, und „da die von den Systemen erfassten Volumenmess-, Gewichts und IF-Daten die Basis für die Rechnungsstellung bilden, müssen diese Daten jederzeit korrekt sein“.

Zur Produktlinie Cargoscan zählen Systeme zur statischen oder dynamischen Volumenmessung, zum Wiegen und Identifizieren, Software-Komponenten sowie Hardware-Komponenten wie Volumenmesssysteme, Terminals, Waagen und Barcodeleser.

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