Supply Chain Risk Management Wenige Unternehmen sind auf Störungen in der Lieferkette vorbereitet
Viele Unternehmen sind von Störungen in der Lieferkette betroffen – darauf vorbereitet sind nur wenige. Eine Umfrage des Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. gibt Überblick über die Schwachstellen in der Lieferkette.
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Jedes zweite Unternehmen erfährt bis zu fünf Störungen in der Lieferkette – pro Jahr. Und dennoch haben zu wenige eine Risikostrategie, wie sie auf Ausfälle reagieren können. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) mit dem Unternehmen Riskmethods in ihrer Studie „Supply Chain Risk Management – Herausforderungen und Status quo 2020“.
Lieferkettengefährdung stieg durch Corona an
Störungen in der Lieferkette können gravierend sein: Über der Hälfte der Befragten beklagt Umsatzverluste, Produktivitätseinbußen (+7 Prozent zum Vorjahr) und erhöhte Betriebskosten (+8 Prozent). Nur 14 Prozent aller befragter Unternehmen hatten in den vergangenen 12 Monaten keine Probleme mit der Lieferkette – betroffen sind also fast neun von zehn Unternehmen. Trotzdem hat nur ein Viertel der Befragten Notfallpläne definiert, um auf Störungen vorbereitet zu sein.
An erster Stelle der Gefährdungen stehen politische Risiken. Es folgen Lieferanteninsolvenz- und Cyber-Sicherheitsrisiken, die gegenüber der letzten Umfrage deutlich um 50 Prozent bzw. 18 Prozent häufiger genannt werden. Auch die Themen Nachhaltigkeit und Compliance sind aktueller denn je. Die Unternehmen sehen sich strengeren Sorgfalts- und Haftungsregeln, wie etwa durch das geplante Lieferkettengesetz, ausgesetzt. Mehr als die Hälfte der Befragten befürchtet schwere und sogar existenzbedrohende Schäden für das Unternehmen, wenn auf den Zulieferstufen soziale und ökologische Standards nicht eingehalten werden und dadurch Imageschäden, Umsatzverluste oder Bußgelder drohen. Das Pandemierisiko wurde erstmals zur Liste hinzugefügt und steht an fünfter Stelle.
Woher die Störung kommt
Ein Problem: Die meisten Unternehmen überwachen ihre direkten Lieferanten. Allerdings werden Unterbrechungen häufig von Sub-Lieferanten verursacht, wie 45 Prozent der Befragten melden. Doch nur 24 Prozent haben die tieferen Lieferebenen auf dem Radar, das heißt drei Viertel der Firmen wissen nicht, wo sie am anfälligsten sind.
Acht Prozent können die Quelle der Störung gar nicht identifizieren. Und nur sechs Prozent quantifizieren die finanziellen Folgen. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass jede fünfte Lieferkettenunterbrechung Schäden zwischen einer Viertel und einer Million Euro und mehr nach sich zieht.
Lieferkettenanalyse wird gewünscht, aber selten umgesetzt
Fast jedes zweite Unternehmen reagiert erst dann, wenn eine Störung in der Lieferkette schon eingetreten ist. Überwiegend reduziert sich die Risikoüberwachung auf die Lieferantenanalyse und -bewertung. Gründe dafür sind die Qualität und Performance sowie Finanzkennzahlen und Bonitäten. Frühwarnzeichen wie Veränderungen beim Lieferanten oder globale Länder- und Standort-Risiken (z.B. Naturkatastrophen, Streiks, Brände und Explosionen an Standorten oder Logistikknotenpunkten) hat weniger als die Hälfte der Firmen kontinuierlich auf dem Radar. Cyber-Risiken überwachen gerade einmal zwölf Prozent.
Um solche Risiken in den Griff zu bekommen, braucht es ein Risikomanagement. Das wünschen sich zwar 67 Prozent der Einkaufs- und Supply-Chain-Manager – oft fehlen aber Kapazitäten und Budgets, um das umzusetzen. Nur acht Prozent der Unternehmen überwachen ihre Risiken automatisiert, 58 Prozent behelfen sich manuell mit Excel-Tabellen.
BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Silvius Grobosch erklärt: „Allein die Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie ließen viele Lieferketten rund um den Globus stocken oder gar reißen. Deshalb gilt es, sich für künftige Engpässe bestmöglich zu rüsten und mögliche Störungen in der Lieferkette durch ein proaktives Risikomanagement signifikant zu verringern oder komplett auszuschalten.“
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