Verpackungen Bei Pharmaverpackungen Pflicht: leichte Anwendbarkeit und Kindersicherheit

Autor / Redakteur: Sabine Mühlenkamp / Dipl.-Betriebswirt (FH) Bernd Maienschein

Arzneimittelverpackungen sind weit mehr als ein einfacher Pappkarton: Sie müssen eine ganze Reihe an Funktionalitäten erfüllen. Der aktuelle Fokus liegt auf zwei Aspekten, die sich eigentlich ausschließen – leichte Anwendbarkeit und Kindersicherheit.

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Im Allgemeinen schützt die Verpackung ein Medikament und dient als Informationsträger für Patient und Arzt. Dabei wächst der Markt kontinuierlich. Allein in Deutschland, so schätzt das Marktforschungsunternehmen MSI (Marketing Research for Industry), stieg das Marktvolumen von 27,5 Mrd. (2001) um 14% auf etwa 31,4 Mrd. Stück (2005). Für das Jahr 2010 erwartet MSI ein Aufkommen von 37,2 Mrd.

Aber nicht nur die Stückzahl steigt, auch die Anforderungen seitens des Patienten, der Ärzte und der Pharmazeuten. Dabei spielen heute funktionale Aspekte bei rezeptpflichtigen Pharmaverpackungen die größte Rolle. Der Trend zu noch komfortablerem und vor allem sicherem Handling von Pharmaverpackungen ist unübersehbar: Dazu zählen beispielsweise die Wiederverschließbarkeit, der Einbau von Taschen für die Packungsbeilage oder Laschen für weitere Informationen sowie der Einsatz von intelligenten Öffnungsmechanismen.

„Kindersichere und seniorenfreundliche Pharmaverpackungen erfordern nicht nur die gesetzlichen Vorschriften, sondern auch die Verantwortung gegenüber den Verbrauchern, wie ein Blick auf die aktuelle Zahl der Vergiftungsfälle zeigt“, macht Meino Adam, Spartenleiter Verpackungsentwicklung Pharma bei der Edelmann-Gruppe, deutlich. 140 000 bis 160 000 Kinder vergiften sich jedes Jahr in Deutschland, schätzen Experten. Der größte Teil dieser Fälle ist auf Medikamente zurück zu führen. Während beispielsweise Haushaltsreinigern Bitterstoffe zugesetzt und sie deshalb meist sofort wieder ausgespuckt werden, schmecken viele Arzneien zunächst süß oder ähneln gar auf Grund ihres bunten Überzugs vielen Süßigkeiten.

Gesetzgeber und Hersteller bemühen sich gleichermaßen

Neben zahlreichen gesetzlichen Vorschriften, wie etwa dem Poisons Prevention Packaging Act, in dem allgemein beschrieben wird, wie kindergesicherte Verpackungen aussehen sollten, oder § 28 des Arzneimittelgesetzes (AMG), sind es vor allem die Hersteller von Pharmaverpackungen, die sich darum bemühen, neugierigen Kindern das Öffnen zu erschweren. Allerdings müssen sie dabei ihre eigentliche Zielgruppe, die zunehmend älter wird, im Blick behalten.

„Um Pharmaverpackungen aus Karton kindersicher und gleichzeitig seniorenfreundlich zu machen, gibt es grundsätzlich zwei Ansatzpunkte. Zum einen durch die Wahl besonders robuster Materialien, zum anderen durch die Wahl besonders trickreicher Verschlüsse für Karton und Blister“, beschreibt Adam den entscheidenden Kniff. „Eine Möglichkeit sind Verschlusssysteme, die nur durch zwei gleichzeitig ausgeführte Bewegungen geöffnet werden können – zum Beispiel durch gleichzeitiges Drücken und Schieben. Denn damit haben Kleinkinder Probleme.“

Diese Vorgehensweise bestätigt Jürgen Nowak, Produktmanager bei der August Faller KG, Waldkirch: „Man darf nicht versuchen, die Kindersicherheit über schwergängige Verschlüsse zu erreichen, die eine hohe Kraftanstrengung erfordern. Erfolgreicher sind Lösungen, bei denen koordinierte Bewegungen im Vordergrund stehen, die Kinder bis zu einem gewissen Alter nicht ausführen können, etwa zum Beispiel gleichzeitiges Drehen und Drücken.“

Öffnungsmechanismus darf nicht zu trickreich sein

Eine gängige Variante sind Blisterverpackungen, die mit einer kindersicheren Deckfolie versehen sind. Die Aluminiumfolie der Rückseite ist mit einer Reihe anderer Folien aus Laminaten und Kunststoffen kaschiert. Die Haftkräfte zwischen den Folien sind sorgfältig darauf abgestimmt, dass sie den nötigen Druckwiderstand beim Öffnungsversuch durch Kinderhände leisten.

Gleichzeitig lassen sich die Tabletten oder Kapseln von Erwachsenen durch Aufreißen oder Durchdrücken gut aus der Verpackung holen. Denn zu trickreich dürfen die Verpackungen nicht sein, warnt Adam: „Der Trick muss so konstruiert sein, dass er für Senioren einfach zu verstehen ist und die Verpackung ohne viel Kraftaufwand geöffnet werden kann.“

Wie das praktisch aussehen kann, zeigt eine Verpackung von Edelmann, die für Levitra von Bayer realisiert wurde. Dabei handelt es sich um eine zweiteilige kindersichere Verpackung. Aufgrund der Hohlwände und des folienkaschierten Zuschnitts lässt sich die Verpackung nicht zerreißen. Die Kerben am Wallet setzen zudem einen gewissen Kraftaufwand zum Ausdrücken des Medikaments voraus. Den Kindersicherheitstest bei Bayer hat die Verpackungslösung von Edelmann bereits bestanden.

Ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit ist jedoch die Maschinengängigkeit. Der Wallet-Zuschnitt verfügt über eine vorgeklebte Hohlwand. Dadurch kann der Wallet auf der Abpacklinie aufgerichtet, bestückt und verschlossen werden. Das separate, folienkaschierte Kärtchen wird dabei auf den Blister und anschließend passgenau in den Wallet-Zuschnitt geklebt. Ihre Stabilität erhält die Verpackung durch das Kleben der Decklasche auf die Seitenwände. Gebrauchsinformationen, Booklets oder eine CD können problemlos integriert werden. Verschlossen wird der Wallet mit einem Originalitäts-Etikett.

Etiketten tragen entscheidend zur Anwendersicherheit bei

Entscheidend zur Anwendersicherheit tragen auch Etiketten bei. „Wir bieten Etikettenlösungen, die sehbehinderten Anwendern helfen, das richtige Packmittel zu identifizieren (Braille), Booklet-Etiketten, die eine schnelle und einfache Orientierung und Handhabung von Patienteninformationen ermöglichen, sowie Spezialetiketten, die eine kindergesicherte und seniorengerechte Verpackung erlauben“, nennt Sascha Sonnenberg, Marketingmanager bei Faubel aus Melsungen, einige Beispiele.

Fast jeder Patient scheitert wahrscheinlich daran, den Beipackzettel ordentlich in die Medikamentenschachtel zurückzupacken, und würde die Einführung eines Booklets begrüßen. Deren Umsetzung ist jedoch mit höheren Kosten verbunden. „Für unseren Kunden, aber auch für uns ist es wichtig, ein für alle Beteiligten lösungsorientiertes, aber auch ökonomisches Produkt zu entwickeln. Wenn man über die Kosten einer solchen Entwicklung nachdenkt, darf man sich nicht nur auf die Kosten für die Etiketten beschränken“, macht Sonnenberg deutlich und warnt davor, lediglich die höheren Kosten im Auge zu behalten. „Wettbewerbsvorteile, die sich durch eine bessere Handhabbarkeit oder Anwendersicherheit ergeben, müssen ebenso mit einkalkuliert werden wie die Auswirkungen auf die Verarbeitung der Etiketten. Unter Einbeziehung dieser und weiterer Faktoren können sich kostspielige Verpackungen als Chance für neue Marktanteile entpuppen oder Einsparungspotenziale eröffnen.“

Mit Faubel-Protect-CRSF-Label Blisterverpackungen wieder verschließbar

Als Beispiel nennt Sonnenberg das Faubel-Protect-CRSF-Label (Child-Resistant und Senior-Friendly), das gegen Missbrauch durch Kinder gesichert ist und sich auch von älteren oder gehandicapten Menschen nutzen lässt. „Zudem können Blisterverpackungen durch diese Etikettenlösung wieder verschlossen werden. Dies erhöht zusätzlich die Kindersicherheit“, erklärt Sonnenberg.

„Unsere Kunden sind bereit, mehr zu investieren, wenn die Verpackung einen Mehrwert für den Kunden bietet“, ist auch Nowak überzeugt. „Wir haben für solche Sonderlösungen eine Verpackungsentwicklung, die sich mit diesem Thema beschäftigt. In den letzten Jahren ist es uns immer wieder gelungen, interessante Verpackungen zu entwickeln und am Markt zu platzieren.“ Einige Beispiele dafür sind etwa das Faller-Wallet-Plus für Merckle Ratiopharm (Gewinner des Pro-Carton/ECMA-Awards 2005), eine Wallet-Verpackung für Bayer Schering Pharma oder die Easy-to-open-Faltschachtel für ein Parkinson-Medikament.

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