Pharmaverpackungen Ist das Ende der Großpackung eingeläutet?
Unter dem Stichwort „Aponeo Medikation“ haben die Apotheker Primbas und Kreissl-Kohrs einen neuen Service ins Leben gerufen: Medikamente patientenindividuell abgezählt, sortiert und verschweißt. Ist damit das Ende von Tabletten in Großpackungen gekommen?
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Tablette, Pillen & Co. – bis zu 70 % der Patienten halten sich nicht immer an Einnahmevorschriften. Laut einer repräsentativen Umfrage von YouGov, an der über 2000 Menschen teilgenommen haben, nimmt jeder Dritte in Deutschland regelmäßig mindestens drei Medikamente pro Jahr, die ihm seine Ärzte verschreiben. Bei den ab 55-Jährigen trifft dies sogar auf knapp jeden Zweiten zu. Dabei müssten die Arzneien oftmals mehrmals täglich eingenommen werden. „Gerade ältere Menschen haben teilweise ein Dutzend Tabletten, die der Körper zu unterschiedlichen Tageszeiten braucht, oft auch in wechselnder Dosierung“, sagt Konstantin Primbas. Er ist Gründer und Inhaber der Versandapotheke Aponeo in Berlin. „Bei Niereninsuffizienz zum Beispiel müssen Patienten sogar knapp 30 Tabletten pro Tag nehmen.“
Auf die richtige Logistik kommt es an
Die richtigen Medikamente, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Dosierung – wenn Patienten oder Angehörige eine Vielzahl an Arzneien händisch aus den verschiedenen Großpackungen drücken und dann für unterschiedliche Einnahmezeiten sortieren, kann irgendwann ein Fehler passieren: „Bei Diabetes oder Rheuma liegt die Fehlerquote bei bis zu 50 %, bei Osteoporose-Patienten sogar bei bis zu 70 %“, sagt Primbas. Die Gesundheitswirtschaft hat das Problem offensichtlich erkannt – in Deutschland gibt es erste Angebote von Apotheken, die patientengenau dosierte Portionen der entsprechenden Kapseln und Pillen ausliefern – für jeden Tagesabschnitt individuell abgezählt und gebündelt in durchsichtigen Beuteln, die automatisiert befüllt und verschweißt werden. Der Patient reißt morgens einen Beutel ab, öffnet ihn und nimmt alle Medikamente, die sich darin befinden. Mittags reißt er den nächsten Beutel ab etc. Die Patientensicherheit soll so erhöht werden.
„Wenn der Sortierprozess automatisiert ist, wird jeder Beutel doppelt geprüft und das Ergebnis fotografisch dokumentiert. Der Gesetzgeber legt den Sicherheitsstandard hier extrem hoch", so Hartmut Deiwick. Er ist Geschäftsführer des Apotheken-Dienstleisters PharmaHera. In anderen Ländern wie den USA sei die patientenindividuell sortierte und für jeden Tagesabschnitt einzeln verpackte Medikamentenlieferung vergleichsweise etabliert. „Bei uns ist das noch ein junger Trend“, so Deiwick. Aktuell gebe es hierzulande nur knapp eine Hand voll führender Versandapotheken, die einen entsprechenden Service anbieten.
Medikamente per Medikationsplan abgeglichen
Eine davon ist Aponeo. „Die Einzelverpackungen für jeden Tagesabschnitt kommen bei uns in Form einer gerollten Kette. Auf jedem Beutel ist der Einnahmezeitpunkt noch einmal aufgedruckt“, sagt Martin Kreissl-Kohrs, leitender Apotheker bei Aponeo. Alle zwei Wochen werde eine neue Rolle geliefert. „Die Medikamente kosten dabei genauso viel wie in jeder lokalen Apotheke. Gegebenenfalls fällt die gesetzliche Zuzahlung an wie sonst auch“, so Kreissl-Kohrs.
Die Servicegebühr für Verpackung, Lieferung und so weiter liegt bei 2 Euro pro Rolle. Welche Medikamente in welcher Dosierung geliefert werden, wird im Vorfeld über den so genannten Medikationsplan abgeglichen. Zudem stimmen sich die Apotheker mit den jeweiligen Ärzten, Patienten oder Angehörigen ab – auch in der Folgezeit. Ändert sich die Zusammensetzung oder Dosierung der Medikamente, wird die Lieferung entsprechend angepasst.
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