Konsumgüterlogistik Wie Hipp Corona meisterte
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Jeder kennt Hipp. Für den Babynahrungshersteller aus Pfaffenhofen ging es am Anfang der Coronazeit in zwölf Wochen von „normal“ bis „Wahnsinn“ und zurück. Dr. Peter Gebhard, Bereichsleiter Logistik in Pfaffenhofen, gewährte auf dem virtuellen Deutschen Logistikkongress Einblicke in die zurückliegende Achterbahnfahrt der Unternehmens.

Noch vor Kurzem war Prof. Dr. Claus Hipp, der für die dritte Generation des Familienunternehmens steht, relativ häufig in TV-Spots zu sehen. Inzwischen hat er sich aus dem Tagesgeschäft weitestgehend zurückgezogen und Sohn Stefan das Ruder überlassen. Nichts geändert hat sich an der Unternehmensphilosophie: Produkte in Spitzenqualität und im Einklang mit der Natur herzustellen. Selbstredend braucht es dafür eine gut funktionierende Logistik, bedenkt man alleine die verschiedenen Produktionsstätten in Deutschland, Kroatien, Österreich, Russland, der Schweiz, der Ukraine und Ungarn. Hipp hat knapp 3500 Mitarbeitende und hat, was den Umsatz angeht, seinen Auslandsanteil inzwischen auf über 50 % steigern können. Wie Logistikleiter Gebhard ein wenig stolz angibt, produziert Hipp als größter Verarbeiter von biologischen Rohstoffen weltweit seit Jahren CO2-neutral und will seine Bemühungen hinsichtlich Klimaschutz kurzfristig weiter steigern.
Weltweites Sourcing macht anfällig
Selbst wenn Hipp versucht, Rohstoffe regional einzukaufen: Bei Karotten und Kartoffeln funktioniert das, bei Mangos und Bananen wird es schon schwierig. Ergo: Das Unternehmen sourct weltweit. Und genau diese globale Beschaffung sollte zu Beginn der Coronakrise zur großen Herausforderung werden. Als im Februar ganze Städte in der Lombardei abgeriegelt wurden, schrillten die ersten Alarmglocken. Schließlich betreibt Hipp ganz in der Nähe von Mailand sein großes italienisches Lager mit 8000 Paletten. „Da waren wir in großer Sorge, dass man uns das Lager schließt und wir in Italien nicht mehr lieferfähig sind“, erinnert sich Logistikleiter Gebhard.
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Kombinierter Verkehr
Kärcher sourced umweltfreundlicher
Im März, als selbst die WHO von einer Pandemie gesprochen und Deutschland die Grenzen teilweise dicht gemacht hat, begann hierzulande das Hamstern von Klopapier. Auch bei Hipp blickte man fassungslos auf die sich in Windeseile veränderte Weltordnung. Gebhard: „Wir hatten alle einen Plan und plötzlich war der nichts mehr wert.“
Was tut man in solch einer Situation? Man richtet einen Krisenstab ein – so auch Hipp. Weil (beinahe) jeder zuhause war, traf man sich jeden Tag online zum „Emergency Call“ und beratschlagte, wie es weitergehen sollte. Als Babynahrungsmittel-Hersteller verfügt Hipp von Haus aus über hohe Hygienestandards, aber selbst die wurden noch einmal verschärft. Es wurden kleinere Teams gebildet, damit bei einer möglichen Infektion nur dieses kleine Team in Quarantäne gehen müsste und nicht die ganze Schicht. Zusammen Brotzeit machen? Tabu.
Sämtliche Reisetätigkeiten der Angestellten, auch in die anderen Produktionsstandorte: gestrichen, Reiseverbot. Als es am 15. März hieß: „Alle gehen nach Hause und arbeiten remote!“, glich das einem Paradigmenwechsel in dem sonst eher konservativen Unternehmen. Gebhard: „Wir sind halt kein Google, sondern ein klassisch mittelständisches Familienunternehmen mit pragmatischen Strukturen und direkten Abstimmungswegen.“ Der Markt hat verrückt reagiert. Die Kunden orderten im März solch hohe Bestellungen, dass sie in normalen Schichten in Lager und Transport nicht mehr abgearbeitet werden konnten. Als dann ein paar Wochen später die Lager voll waren, reduzierten sich die Bestellungen in kurzer Zeit auf ein Minimum, sodass die kurzfristig aufgebauten Zusatzschichten nicht mehr gebraucht wurden. Gebhard: „Man kann aber niemandem einen Vorwurf machen. Keiner wusste ja, wie er reagieren sollte. Aber es hat funktioniert. Ich denke, wir haben alle in der Branche sehr viel gelernt und können insgesamt mit Stolz auf das Erreichte und mit großer Zuversicht in die Zukunft blicken.“ ■
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