Paletten-Handling Europaletten sind das A und O
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Am 1. Juli 1961 schlug die Geburtsstunde der Europalette. An diesem Tag trat das Abkommen europäischer Eisenbahnen im Verband der Internationalen Eisenbahnen (UIC) zur Einführung einer mit den Maßen 800 mm × 1200 mm genormten Tauschpalette in Kraft. Der EPAL-Ladungsträger – EPAL steht für European Pallet Association e. V. – feiert also nächstes Jahr seinen 60sten. Ist die Holzpalette auch noch so betagt: Immer wieder werfen findige Unternehmen Neuheiten für den Umgang mit ihr und auch mit Halb- und Viertelpaletten auf den Markt. Dieser Beitrag beleuchtet die interessantesten Entwicklungen.

Besorgte Exporteure auf die Insel können beruhigt sein: EPAL-Ladungsträger, also etwa die Europalette oder auch die Gitterbox, erfüllen alle Vorgaben der britischen Regierung für einen gesicherten und reibungslosen Warentransport und können auch nach dem Brexit uneingeschränkt eingesetzt werden. Schon im Juli hat Großbritannien neue Bestimmungen zum Im- und Export von Waren nach dem Brexit veröffentlicht. Dabei wurde für alle Holzverpackungen und Transportmittel aus Holz festgeschrieben, dass sie die Anforderungen des ISPM 15 erfüllen müssen (Internationaler Standard für Pflanzengesundheitliche Maßnahmen für Holzverpackungen im internationalen Warenverkehr). Durch den Mittelklotzeinbrand mit dem IPPC-Zeichen, das Kürzel HT für Heat Treatment und die Nummer der zuständigen Pflanzenschutzbehörde kann der ISPM-15-Standard eindeutig identifiziert werden.
Erstmals hat Volume Lagersysteme jetzt ein komplett neu konzipiertes, skalierbares Shuttle-System für große und schwere Lagereinheiten vorgestellt. Die Eigenentwicklung des Dresdener Start-ups kombiniert die Kompaktheit von Kanal- mit der Flexibilität von Shuttle-Lagern und zeichet sich durch hohe Speicherdichte und Performance aus. Bereits im Standard-Layout mit einem Shuttle pro Ebene ließen sich über 100 Paletten Durchsatz pro Stunde erzielen, wie die Sachsen angeben. Durch den Verzicht auf Gassen und Regalbediengeräte (RBG) werde eine deutlich verbesserte Volumennutzung bis 40 % erreicht.
Zuverlässigkeit wurde in Tausenden von Teststunden überprüft
Gründer und Geschäftsführer Mikhail Voloskov: „Das ist auch dann von Vorteil, wenn Unternehmen auf Kundennähe in Ballungsräumen setzen und Transportwege verkürzen möchten.“ Durch die Integration von vier Liften und zwei Shuttles pro Ebene sei es beispielsweise möglich, einen stündlichen Durchsatz von rund 380 Paletten zu generieren. Sämtliche Palettenstellplätze stehen dabei im direkten Zugriff und sind auch für das Servicepersonal leicht erreichbar. Realisiert worden sei das über Wagen, auf denen die Paletten platziert sind, so Voloskov. Sie ließen sich verschieben, um temporär eine Behelfsgasse zu bilden, die direkt wieder verschlossen werden könne. Voloskov unterstreicht: „Dem jetzigen Markteintritt dieser komplett neuen Anwendung sind Tausende an Teststunden vorausgegangen, in deren Verlauf wir unter variierenden Bedingungen die Zuverlässigkeit unserer Shuttle-Lösung geprüft haben.“
Das Thema „Palette“ und der Umgang mit ihr ist sowieso ein weltumspannendes. Die Initiative „50 Sustainability and Climate Leaders“ zielt darauf ab, Innovationen und nachhaltige Geschäftsmodelle zu fördern. Sie bietet eine Plattform, um die Beiträge zur Erreichung der 17 nachhaltigen Klimaziele der Vereinten Nationen (United Nations Sustainable Development Goals, UNSDG) weltweit sichtbar zu machen. SSI Schäfer ist einer dieser 50 „Leader“. Die Neunkirchener haben für und zusammen mit Orca Cold Chain Solutions kürzlich die erste vollautomatische Tiefkühlanlage auf den Philippinen realisiert. Das 2017 gegründete Unternehmen Orca hat es sich zur Aufgabe gemacht, Dienstleistungen und die Infrastruktur für eine temperaturgeführte Lebensmittellogistik aufzubauen. Steffen Bersch, CEO bei SSI Schäfer: „Als einer der weltweit führenden Anbieter von Intralogistiklösungen sind wir ein idealer Partner für Unternehmen, die wirtschaftlich tragfähige und zukunftsorientierte, nachhaltige Ziele verfolgen.“
Das vollautomatische Hochregallager in Silobauweise ist mit vier Regalbediengeräten vom Typ SSI Exyz ausgerüstet und verfügt über eine Kapazität von 20.000 Paletten. Dank der Automatisierung kann Orca dort im Zweischichtbetrieb bis zu 4800 Paletten täglich bewegen. Im Wareneingang werden die Lebensmittel mithilfe von Flurförderzeugen von den Lkw entladen, palettiert, mit Folie gesichert und mit QR- sowie Barcodes zur Rückverfolgbarkeit und Echtzeitüberwachung etikettiert. Über ein 282 m langes Fördersystem gelangen die Paletten automatisch in die jeweilige zugeordnete Zone im Hochregallager (HRL), wo eine konstante Temperatur von -25 °C herrscht.
Trend: Mehr Flexibilität und Leistung in Palettenlagersystemen
Wo die Reise im Paletten-Handling hingehen kann, haben wir unter anderem Marco Gebhardt gefragt, CEO und Geschäftsführer der Sinsheimer Gebhardt Fördertechnik GmbH, der 2018 die renommierte Auszeichnung „Entrepreneur of the Year“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) abgeräumt hat. Gebhardt erkennt einen zunehmenden Trend zu mehr Flexibilität und Leistung in Palettenlagersystemen. „Diesem Trend begegnen wir mit skalierbaren Lösungen für das Lager selbst, bieten aber auch Alternativen zu traditioneller Stetigfördertechnik. Im Lager erfreut sich unser bidirektionales Paletten-Shuttle zunehmender Beliebtheit. Es ermöglicht auf gleicher Grundfläche eine höhere Leistung, die zudem skalierbar ist.“ Es könne mit wenigen Shuttles begonnen werden, deren Anzahl nach und nach mit steigenden Anforderungen erhöht werde. Die Lagerung erfolge ein- oder mehrfachtief. „Durch die bidirektionale Bewegung ist kein Trägerfahrzeug, wie zum Beispiel ein Verfahrwagen oder ein Regalbediengerät, mehr notwendig“, so der Manager.
Außerhalb des Regals ergänzt Gebhardt die stationäre Fördertechnik zunehmend durch mobile Transportroboter des Typs „KARIS“. Weniger frequentierte Streckenverläufe oder Bereiche, in denen keine Fördertechnik fest installiert werden kann, könnten so wirtschaftlich automatisiert werden. Die Fahrzeuge agieren autonom, navigieren selbst und auch das Auftragsmanagement erfolgt dezentral ohne Leitrechner. Marco Gebhardt: „Kombiniert man beide oben genannten Technologien, ergibt sich ein sehr zukunftsfähiges Lagerkonzept, mit dem man für zukünftige Anforderungen gerüstet ist.“
Nicht so sehr mit der Palette an sich, sondern mit dem Ladungsträgermanagement beschäftigt sich das Blockchain-Projekt „Block4Log“ von GS1 Germany. Damit die Ladungsträger digital, transparent und effizient verwaltet werden können, hat ein aus 19 Unternehmen bestehendes Projektteam sowohl „den Scope festgelegt und alle Anforderungen prozessseitig formuliert als auch sich für eine geeignete Blockchain-Technologie für das Ladungsträgermanagement und den passenden Tauschprozess entschieden“. Regina Haas-Hamannt, Lead Innovation and Academy bei GS1 Germany, weiß zu dem Thema: „Die große Anzahl an namhaften Unternehmen aus verschiedensten Branchen an dem ,Block4Log‘-Projekt zeigt, wie groß das Interesse an einer innovativen Lösung ist. Das Ladungsträgermanagement entlang der Supply Chain ist nach wie vor durch viele manuelle Vorgänge, bilaterale Tauschprozesse, hohen analogen Verwaltungsaufwand und damit durch Intransparenz, Ineffizienz und vermeidbare Kosten gekennzeichnet.“
Ziel des Blockchain-Projektteams ist es, erstmals eine auf dieser Technologie fußende marktreife Lösung zu entwickeln, mit der sich der Ladungsträgertausch europaweit managen lässt. Im Fokus stehen über zehn verschiedene Ladungsträger, wie etwa Europaletten, Gitterboxen, Halb- und Viertelpaletten. Deren Tausch soll über offene und geschlossene Pools erfolgen können. Als Blockchain-Technologie hat sich das Projektteam auf „Hyperledger Fabric“ geeinigt, weil sie „in der Praxis bereits bekannt, erprobt und weit verbreitet ist“, so Haas-Hamannt. ■
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